Kurzversion Politische Theorie
1. Einführung
Politik: Nur Macht und Strategie oder auch Ethik und Vernunft?
- Habermas: Deliberation als normatives Ideal („x soll sein“) und kritischer Maßstab
o Vernünftiger Dialog: Gründe angeben, einander respektvoll zuhören, sich vom besseren
Argument überzeugen lassen
- Normative Ideale können mit Empirie verglichen und erklärt und stückweit umgesetzt werden
(institutionell)
à phil. Ideale können nicht empirisch widerlegt werden, praktische Bedeutung schon
o Vergeleich Schweiz (Nationalrat) und Deutschland (BT)à Deliberation?
o Erklärung:
§ Oppositionssetting in Dt, übergroße Koalition in Schw.
§ in geheimen Debatten respektvollerer Umgang als in Plenardebatten
- Frage der Kultur?
o Abtreibungsdebatte: kein Unterschied der Länder, da sich Dt institutionell an S. angleicht
à Institutionen entscheiden, wie und ob normative Ideale erreicht werden
Habermas: strategischer vs. Kommunikativer (true deliberation) Respekt
- Angelsächsische Forschung: true Deliberation gibt es nicht! Nur regulatives Ideal
o Ist Kontinuum statt Dichotomie:
o „Theory of the second best“ Abweichungen und Adaption vom Ideal (Kontextspezifisch)
o Durch Empirische Forschung: neue phil. Ideale und Forschung kann normative Theorie
kontext-spezifisch adaptieren (“robust reasoning” in der Öffentlichkeit)
- Politiker immer stategisch, nicht immer Respekt etc. aber: „robust reasoning“ (saubere,
faktenbasierte Argumente)
Kollektives Entscheiden (Präferenzstrukturierung und intersubjektive Rationalität)
- Paarweise Mehrheitsabstimmung kann zum Condorcet Paradox führen à Ergebnis hängt von
Abstimmungsreihenfolge ab
- Bsp.: Fallstudie Australien: nicht-single-peak-Präferenzordnung (2. Wahl ist nicht abschwächung
der 1. Sondern komplettes Gegenteil) führen zu zyklischen Mehrheiten à keine gute kollektive
Entscheidung a>b>c
- Zyklische Mehrheit: bei allen Präferenzen Uneinigkeit b>c>a
- Deliberation als Lösungstechnik c>a>b
- Intersubjektive Rationalität: vernünftiges und nicht arbiträres Ergebnisà man bringt Optionen mit
Werten zusammen (bei Wert x wäre Ordnung c,a,b…)
Normative (s.o.) und empirisch-analytische Theorien
- Empirisch-analytische Theorien: beschreiben und erklären, wie die Welt istà empirisch
überprüfbare Aussagen; Kausalität; Mechanismen
- Krise der normativen Theorie: bis 1950 PoWi sehr normativ, Professionalisierung à Positivismus
(Falsifizierbarkeit, Deduktion, Prognosefähigkeit, Wertneutralität), ab 1990 strikte Trennung wird
aufgelockert
- Pol. Theorie in Dt. Ideengeschichte
- Angelsächsicscher Raum: Weiterentwicklung von normativen Idealen und teilweise
Verschränkung von normativen Idealen mit Ergebnissen aus empirischer Forschung
3 Varianten des Umgangs
a) Inkompatibilität/Inkommensurabilität der beiden Ansätze à aus Sollen folgt logisch kein Sein
(und umgekehrt)
b) Empirische Forschung als Grundlage für normative Ideale
c) Gegenseitige Bedingtheit und Befruchtung
, 2. Liberalismus 1
- Historisch rekonstruktive Perspektive: Alles was Liberalismus klassifiziert
- Liberale Theorien = Vertragstheorien
1. Individuum und Freiheit im Zentrum: Individuum>Gemeinschaft
Liberale Theorien= Vertragstheorien (alle müssen zustimmen)
2. Keine Tugendkonzeption des Menschen: homo oeconomicus (ind. Nutzenmaximierung); wie
ist politische Ordnung möglich?
o Institutionelle Kompensationen: Eigennutz einschränken (Checks and Balances)
o Verhaltensökonomie: homo oeconomicus stimmt nicht
3. Neutralität des Staates: nicht Staat, sondern Indiv. bestimmt, wie gutes Leben aussieht
o Thaler/Sunstein: Nudging (kleiner Schubser), um Menschen sozial/besser handeln zu
lassen („Entscheidungsarchitektur“!)
4. Gleichheit: Gleiche Möglichkeiten und Startbedingungen
5. Universalismus: Verallgemeinerbarkeit von Prämissen
6. Meliorismus: Idee der (moralischen) Verbesserung (durch Vernunft, Nudging…)
Hobbes Leviathan
- Naturzustand= Krieg durch Konkurrenz, Misstrauen und Ruhmsucht à ständige Angst vor dem
Tod à Gesellschaftsvertrag: Friedensstiftung durch Souverän, bestehend aus den Mitgliedern
(Sanktionen etc.)
= Legitimation des Staates und dessen Herrschaftscharakter
Spieltheorie: Strategische Interaktionen zwischen homo oeconomicus
- Annahme: prudent individuals (rational, denken an Zukunft) und Fooles (kurzfristig denkend mit
Leidenschaften („glory“)) à beeinflusst Output
- Gefangenendilemma: kooperieren/defektieren à Pay-offs
o Theorie: am besten, wenn beide kooperieren, passiert aber nicht
o Leviathan kann Sanktionen beschließen
- Versicherungsspiel: 2 Gleichgewichte (4,4 und 0,0)
o Leviathan baut Vertrauen auf à 4,4 = kooperatives GG
Locke
- Naturzustand= Frieden, Kooperation
- Gesellschaftsvertrag (Commonwealth): Schutz des Lebens, Freiheit und Eigentum, Toleranzgebot
des Staates (Religion)
Nötig da: Menschen haben nicht genügend Macht, um Recht durchzusetzen; und wenn sie es
haben, nehmen sie sich möglicherweise zu viel davon
- Government by consent: Herrschaft braucht Zustimmung der Beherrschten, Herrschaft auf
Widerruf (Widerstandsrecht)
- Gewaltenteilung – parlamentarischer Konstitutionalismus
o Legislative Gewalt höchste Gewalt, allerdings gebunden durch Naturrecht
o Exekutivgewalt: Rechtsdurchsetzung, aber auch Prärogative: belässt Exekutive den
erforderlichen Spielraum für Fälle, in denen das Gesetz keine Vorschrift gibt
o Föderative Gewalt: internationale Konflikte
o Keine dritte Gewalt: Judikative -> Funktion wird von der Exekutive übernommen
- mehrere Institutionen können legislativ wirken – König, House of Commons, House of Lords
o Locke:leg. Gewalt soll aus Volk hervorgehen (gewählte Vertreter)
Hobbes und Locke- Warlord Democracy
- Staatsform nach Bürgerkriegen: Diktatur oder Demokratie
- Empirie: häufig Demokratie (Mozambique) -> wie ist das möglich?
- Ressourcen der Kriegspartei irgendwann erschöpft à Demokratisierung besser als Leviathan, da
dieser bestechlich und ungerecht sein kannà Kriegsparteien normalisieren sich zu Parteien
o Bsp. Mozambique: aber keine 1a Demokratie
, Montesquieu
- Macht muss durch Macht beschränkt werden à Gewaltenteilung (Leg, Ex. Jud.)
- Drei soziale Kräfte: Volk, Adel, König (3 Kammern: Volks-, Adels-, Monarch)
o Haben Vetorecht bei Gesetzgebung à gegenseitiges in-Schach-halten
à Machtausgleich plus Ausgleich der sozialen Kräfte à Checks and balances
Federalists (amerikanische Gründerväter)
- Alexander Hamilton, James Madison, John Jay (Pseudonym: Publius)
- Föderation vs. Konföderation (federalists vs anti-federalists): wie kann man eine republikanische
Verfassung in einem großen Flächenstaat implementieren?
- Echte/ Versammlungsdemokratieà unkluge Entscheideà Instabilität, da nicht alle fähig sind
à repräsentatives System: Sicherungen und Gegenkräfte, um Eigeninteressen von factions und
tyrannische Mehrheiten zu beschränken und Freiheit zu bewahren
- Unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Interessen (Angst vor tyrann. Mehrheit)
à Checks and Balances, Gewaltenteilung
- Institutionen:
o Zweikammersystem: nationale vs. regionale Interessen
o Unabhängiges Gericht: nicht gewählt
o Föderalismus
o Präsident: ebenfalls checks & balances unterworfen, aber nicht machtlos à Möglichkeit,
Dekrete zu erlassen (Prärogative)
Deadlock and the Public Good (Goodin) à Kritik an Gewaltenteilung
- Bereitstellung öffentlicher Güterà Problem: Minderheitsinteressen (??)
- Least-common-denominator public good vs. highest common concerns
(Gemeinwohl auf kleinstem gemeinsamen Nenner vs. Die Politiken, die wir alle gerne hätten)
- Veto führe dazu, dass Eigeninteresse über Gesamtwohl gestellt wird (zu große Macht)à nur
Erreichung des least-common-denominator
à gute, gemeinwohlorientierte Akteure nötig (soziotropische Präferenzen), Institutionen genügen nicht!
Einstimmigkeit vs. Mehrheitsprinzip
- Einstimmigkeit: keine externen Kosten, aber hohe Entscheidungskosten: kann moralisch gute
Normen bewahren, aber auch normativ attraktiven Wandel verhindern
- Rea (1969): Mehrheitsregel behandelt alle Stimmen und Alternativen gleich (Neutralität)
- Status Quo nur verteidigbar, wenn anfängliche Verteilung von Einkommen und Besitz fair wären
Zentripetalismus (gegen Goodin von Gerring/Thacker/Moreno)
- Zentripetalimus besser als Dezentralismus für demokratisch wünschenswerte Outputs
= Mehrheitsmodell in Kombination mit Inklusion: mehrere verschiedene Kräfte in Regierung, dann
jedoch keine weiteren Vetospieler
- Dezentralismus= Checks& Balances
o Minderheitenschutz ist gewährleistet, aber mehr als least common denominator public
good wird kaum erreicht
- Empirie: Checks& balances Modell ist nicht das beste!