Geschichte der deutschsprachigen Literatur – Zusammenfassung
Die Forschung teilt die Geschichte der Literatur in Epochen ein. Diese werden als
Bezugspunkte verwendet und sind zur Orientierung und Verständigung unverzichtbar.
Bei den Epochen handelt es sich um Konstruktionen der Literaturwissenschaft die ihr
Material nach bestimmten Kriterien strukturieren. Diese Kriterien hängen von Perspektive,
soziokulturellen und weltanschaulichen Standpunkten ab.
So können Epochengrenzen aus neuen poetologischen und ästhetischen Ansätzen gewonnen
werden. Aber auch an politische Ereignisse, Transformationen der gesellschaftlichen
Ordnung und der kollektiven Mentalität anlehnen.
Weil die historische Realität stets fließende Übergänge erkennen lässt, sind auch die
Epochen nicht mit genauen Daten festzuhalten. Daten sind lediglich als ungefähre Richtlinien
zu sehen.
Epochenbezeichnungen sind Ordnungsmuster die als nützliches Werkzeug der
Literaturwissenschaft dienen.
Barock – Vergänglichkeit und christliche Ordnung (17. Jhd.)
Sozial- und Ideengeschichtlicher Kontext
Ausgangspunkt:
Es herrschte eine zerklüftete und heterogene politische Landschaft. Deutschland sah sich als
das „Heilige römische Reich deutscher Nation“, das sich als Fortsetzung des antiken
Römerreiches verstand. Damals gehörten noch Teile Polens, Tschechiens, Österreichs,
Italiens und Frankreich zu Deutschland. Es herrschte eine Wahlmonarchie, d.h. die
Kurfürsten wählten den Kaiser als Reichsoberhaupt. Faktisch lag das Kaisertum aber schon
seit dem Spätmittelalter bei den Habsburgern, die bis zur offiziellen Auflösung des Reiches
1806 durchgängig den Kaiser stellten.
Deutschland war in unzählige Territorien zersplittert, von denen viele ihre eigene Politik
betrieben, ihre eigenen Kriege führten und Bündnisse schlossen. Die Autorität des Kaisers
war daher erheblich eingeschränkt.
Der Dreißigjährige Krieg:
Das einschneidende Ereignis des barocken Zeitalters war der Dreißigjährige Krieg, der 1618
begann und 1648 mit dem Westfälischen Frieden beendet wurde.
Er prägte Deutschland in dreierlei Hinsicht:
Machtkampf zwischen Kaiser und Territorialfürsten, ein letztes Mal versuchten die
Habsburger die kaiserliche Zentralgewalt zur Geltung zu bringen um das Reich fester
zusammenzufassen Der Versuch scheiterte. Damit wurde final entschieden, dass
in Deutschland ein komplexes Nebeneinander vieler unterschiedlicher politischer
Einheiten bestehen bleibt. Die Nachwirkungen dessen sind bis heute in der
föderativen Struktur der Bundesrepublik zu erkennen.
, Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten, in der die Konflikte
der durch die Reformation verursachten Kirchenspaltung eskalierten. Verfestigung
der konfessionellen Spaltung Deutschlands. Protestantischer Norden und ein
überwiegend katholischer Süden.
Kampf der europäischen Großmächte Frankreich, Schweden, Habsburg um die
Vorherrschaft auf dem Kontinent. Frankreich gewinnt den Krieg und stieg unter
dem Sonnenkönig Ludwig der 14. Zur führenden Großmacht des Kontinents.
Der Dreißigjährige Krieg war DIE Katastrophe der frühen Neuzeit. Weite Teile
Mitteleuropas waren verwüstet und entvölkert. Das Reichsgebiet verlor rund ein
Drittel seiner Bevölkerung. Das zersplitterte Deutschland blieb in seiner kulturellen,
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung merklich hinter Ländern wie
Frankreich oder England zurück.
Merkmale der Epoche:
Kultur und Mentalität des Barock lassen auf Schritt und Tritt die Spuren des Krieges
erkennen. Gewalt und existenzielle Unsicherheit bestimmen das Lebensgefühl.
Vanitas = Vergänglichkeit und Hinfälligkeit alles Irdischen
Memento mori = die mahnende Erinnerung an die Sterblichkeit des Menschen und
die unwiderrufliche Endlichkeit seines Daseins.
Sinnenfroher Lebensgenuss
Strenges Ordnungsdenken
Drang zum System und festen, verlässlichen Strukturen als Reaktion auf eine von
Unordnung und Verwirrung bestimmte Lebenswirklichkeit.
Die Menschen sind stets bemüht Ordnung zu stiften, um das Chaos zu bewältigen.
Herrschaftsform des Absolutismus
Christliche Religion als Opium für das Volk
beherrscht die Welt- und Selbstdeutung der Menschen
irdische Wirklichkeit = Schöpfung Gottes
Gebote als feste Richtlinien Nach Tod Belohnung oder Strafe
Das Individuum verstand sich als Teil einer göttlichen Weltordnung, die die Natur,
den ganzen Kosmos, sowie die Hierarchien im Staat und der Gesellschaft und die
Maximen des persönlichen Verhaltens umfasst.
Christliches Erlösungsverlangen jenseitiges Heil im Himmelreich
, Absolutismus:
Die Stellung des Fürsten galt als gottgewollt, damit waren Religion und Politik eng
miteinander verbunden.
Der Absolutismus versuchte den Staat auf den Herrscher auszurichten und dessen
Willen ohne Einschränkungen durchzusetzen
Eher ein staatsrechtliches Ideal als eine politische Realität
Bestrebungen der Fürsten trugen zur erheblichen Straffung, Zentralisierung und
Modernisierung der Verwaltung, und schließlich der neuzeitlichen Staatsbildung in
Europa bei.
Repräsentation = Bedürfnis der Veranschaulichung von Ordnung und Macht
prachtvolle Schlossbauten, Parkanlagen und Feste
In Deutschland konnte sich der Absolutismus nicht auf Reichsebene etablieren,
stattdessen bauten einzelne Fürsten ihre Territorialherrschaft nach diesem Muster
aus.
Musik, Theater, Architektur und Dichtung wurde gefördert
Kam der Vielfalt künstlerischen Lebens in Deutschland zugute.
Regelpoetik:
Lateinisch als gemeineuropäische Künstler- und Gelehrtensprache Überwiegend
deutsche Literatur
Großen Anteil daran hatten verschiedene Dichter- und Sprachgesellschaften wie du
„Fruchtbringende Gesellschaft“ und der „Pegnesische Blumenorden“ die Kultur und
Literatur in deutscher Sprache förderten.
Die systematische Begründung einer gelehrten deutschsprachigen Dichtung leistete
Martin Opitz (1597 – 1639) mit seinem „Buch von der Deutschen Poetery“
Griff auf die Lehre der Regelpoetik zurück, mit verbindlichen und strengen Regeln
der antiken rhetorischen Tradition (einziger Unterschied ist deutsche Sprache)
ungeheurer Einfluss auf die barocke Literatur
Barocke Dichtung ist gelehrte Dichtung
Die meisten Menschen blieben vom literarischen Leben ausgeschlossen, weil sie
weder lesen noch schreiben konnten
Die barocken Dichter gehörten fast durchweg dem Adel oder dem gehobenen
Bürgertum an. Diese schrieben für eine hochgebildete und ausgesuchte Leserschaft,
die die formgerechte Kunst zu würdigen verstand.
Berufsautoren gab es nicht. Poeten verdienten ihr Geld als geschulte Beamte an den
Fürstenhöfen, der Staatsverwaltung, als Diplomaten oder Geistliche.
literarische Gattungen:
Lyrische Gedichte waren im 17. Jhd. Ein fester Bestandteil des sozialen Lebens der
höheren Schichten.
Gelegenheitsgedichte = Wurden zu Anlässen (Taufen, Hochzeiten, höfischen
Festen) geschrieben und trugen zur festlichen Repräsentation der barocken
Gesellschaft bei.
, religiöse Gedichte = Verkündigung der christlichen Lehren und Förderung der
Andacht (oft auch als Kirchenlieder)
Liebeslyrik = Keine freie Leidenschaft, sondern feste Konventionen und
kunstgerechte Gedichte.
Sonett = Große Beliebtheit durch die große Ordnung. Besteht aus vierzehn Versen,
die in 2 Quartetten und 2 Terzetten angeordnet sind. Das Reimschema ist variabel.
Alexandiner (sechshebiger Jambus). Ausgeprägte Zäsur in der Mitte.
Ode = Gedichtform mit einem besonders feierlichen und erhabenen Stil
Für das Drama boten sich günstige Rahmenbedingungen, da das Phänomen des
Theatralischen nicht nur auf die Bühne beschränkt war.
Große Bedeutung von gesellschaftlicher Repräsentation des religiösen Glaubens,
der politischen Macht und der sozialen Ordnung.
Die Menschen begriffen die gesamte irdische Existenz als ein großes Schauspiel
und die Welt als gigantisches Theater = theatrum mundi
Jeder Mensch spielte eine Rolle und Gott sei der Regisseur.
fürstliche Hoftheater, die sich jedoch kaum für deutschsprachige Stücke
interessierten und stattdessen die Oper bevorzugen
Schultheater für die rhetorische Ausbildung der Schüler oder als Medium der
religiösen Propaganda.
Wandernde Schauspielgruppen (oft aus dem Ausland), offen für die gesamte
Gesellschaft. Jedoch wurden Komödien oder actionreiche Spektakelstücke bevorzugt.
Die größten Leistungen der barocken Dichter auf dem Gebiet der Tragödie
Der Roman führte in der barocken Literatur eine randständige Existenz
Sein Ansehen litt darunter, dass er als Prosagattung nicht zur „echten“ Dichtung
gerechnet und daher von den gelehrten Regelpoetiken weitgehend ignoriert wurde.
Dennoch entwickelte sich eine Vielfalt an Genres, Stoffen und erzählerischen
Formen.
politisch-höfische Romane: Sollen politische Klugheitslehren vermitteln
Ritter- und Schäferromane: In der ländlichen Idylle angesiedelt
satirische Romane
Schelmenromane: Zeichnen aus der Sicht eines sozialen Außenseiters ein
entlarvendes Gesellschaftsbild.
Typische Themen und Motive:
Emblem = Kunstform die Bild- und Textelemente miteinander verknüpft.
Überschrift (inscriptio)
Abbildung (pictura)
Unterschrift in Versen (subscriptio)
Krieg, Tod und Krankheit
Vergänglichkeit
Christliche Religion
Lebensgenuss