Lisa Kugler
Burdof: Einführung in die Gedichtanalyse
Lyrik 1: Gedichtaufbau, Metrik
2.2. Das Gesprochene Gedicht
- Gedicht:
o Klanggebilde, in dem die einzelnen Laute und ihr Zusammenklang ein
Eigengewicht entfalten
o Metrum und Rhythmus
o Muss Verse haben, nicht unbedingt Reim
- Angemessenes Medium für Gedichte: gesprochene Sprache
o Will nicht mit Aussehen, sondern mit Klang (Bewegung der Sprache)
überzeugen
2.2.1. Reim, Assonanz und Alliteration
Endreim
- Häufigste Klangform
- „reim“
Reim
- Gleichklang zweier oder mehrerer Verse vom jeweils letzten betonten Vokal des
Verses an
- Nicht verbindlich, sondern lyrische Form unter anderen
- Ein Wort oder mehrere (Wortgrenzen egal)
- Arten
o Einsilbig/ „männlich (Hund/Mund)
o Zweisilbig/ „weiblich“ (lieben/sieben)
o dreisilbig (reitende/leitende)
o erweitert (mehr als nur 1 Silbe; blasen/lasen)
§ identisch
o grammatisch: verschiedene Wörter (flektiert), aber selber Wortstamm (ich
leit´/ Geleit)
o unreiner Reim: nicht alle Laute vom letzten betonten Vokal an stimmen über
ein (manchmal auf Dialekt zurückführbar)
§ 1 Vokal lang; 1 kurz: ruft/Luft
§ Vokal und Umlaut: Liebe/trübe; ekeln/räkeln
§ Verschiedene Diphthonge: reichen/ keuchen
§ Konsonantische Abweichung: melden/gelten (hart und weich),
rasen/saßen (stimmhaft+ -los)
- Streit um den Reim (wichtig oder nicht?) von Goethe; Gottsched gegen Bodmer und
Breitinger
o -: hemmen Gedankenfluss, sinnlos, Geklapper gleicher Endbuchstaben
- Lautphänomen
Gute und schlechte Reime?
- Je nach Funktion/Wirkung
o Immer reine Reime: unnötig penibel und gestelzt
o Immer unreine Reime: nicht feierlich/edel
, Lisa Kugler
Reimformen
1) Paarreim
Zwei aufeinander folgende Verse reimen sich (aabbcc)
Funktion: Aneinanderreihung von Versen in einfach gebauten Gedichten
2) Kreuzreim
Erster und übernächster Vers reimen sich (abab cdcd)
Funktion: Verknüpfung -> vierzeilige Strophe
3) Blockreim (umarmender)
Umschließender Reim (abba cddc)
Funktion: bildet vierzeilige Strophe, hebt a/c hervor (Spannungskurve), Strophe wirkt
abgeschlossen
4) Haufenreim und Schweifreim
HR: Mehr als zwei Reimverse folgen aufeinander (aaa…bbb…)
SR: (aabccb)
5) Waise und Korn
Gereimte mit ungereimten Zeilen (Waisen/ „x“) kombiniert (axax bxbx)
Vers reimt sich mit einem Vers einer anderen Strophe: Körner= voneinander
getrennte Reime
6) Schüttelreim
Anlautenden Konsonanten werden in den reimenden Silben ausgetauscht
Funktion: Verdopplung des Reimes
… Zähren beugen
….
….gebären zeugen
….
7) Anfangsreim
Was …
Das…
a. Anapher
Rhetorische Figur: Wiederholung des Versanfanges
Kein Reim!
8) Binnenreim
Reim innerhalb eines/mehreren Verses/-en
o Schlagreim: aufeinander folgende Wörter
o Inreim: Versende und Inneres eines Verses
o Mittenreim: Versende und Inneres verschiedener Verse
o Mittelreim: zwei Wörter aus dem Inneren zwei aufeinanderfolgender V.
9) Assonanz im Versinneren
Gleiche Vokale im Wortinneren (über mehrere Verse hinweg)
Funktion: je nach Vokal (hell/dunkel)
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10) Alliteration
Übereinstimmung der Anlaute (meist Konsonanten)
Funktion: Verbindung zweier Wörter
11) Alliteration und Stabreim
Assonanz statt Reim
- Weiterentwicklung der rhythmisch-metrischen Ausdrucksweisen des Verses
- Erweiterung und Aufweichung der Reimverständnisses
- Assonanz: keine Konsonantenübereinstimmung, nur Gelichklang der betonten Vokale
(Himmel/Stille)
- Kein Reim: unbetonte Silben und betonte korrespondieren (wandern/gern,
Zittere/Lehre)
Kadenz
- Versende (gereimt/ nicht gereimt)
- Katalektisch: angehängte betonte Silbe
- Akatalektisch: jeder Versfuß vollständig
- Hyperkatalektisch: unbetonte Silbe angehängt
2.2.2 Lautmalerei (Onomatopoesie)
Wörter, die die von ihnen bezeichneten Gegenstände oder Vorgänge klanglich nachahmen
( Kuckuck, summen, kläffen)
- Funktion:
Steigerung der sinnlichen Anschaulichkeit
Akustische Poesie
Klangstarke Wörter: Löwen laute Worte geben
Natur als Ursprung der Sprache? So wie es klingt, sprechen wir? (zischen..)
2.2.3 Formen lyrischer Klanggebilde
Lautdichtung:
- Bsp.: Ottos mops hopst…
Dialekt- oder Mundartdichtung
- Dominanz der Mundart (eig. nicht schriftfähig!)
- Kreativ, phantasievoll, beliebig
- Funktion: polemisch, provozierend, unverstehbar
, Lisa Kugler
3. Die Form des Gedichtes
- formale und strukturelle Merkmale
Analyse: Verortung in einem Kontext, intertextuelle und historische Dimension
Synchrone Analyse:
- synchron: Gedicht hebt sich durch seine sprachliche Verfasstheit von der
Alltagssprache ab (Verselbstständigung sprachlicher Mittel, Überstrukturierung)
Diachrone Analyse:
- Gedicht in Bezug zu früheren/ähnlich gebauten/ zur selben Lyrik gehörend/ selbe
Tradition Gedichten
- Inhaltliche Intertextualität: direkte oder indirekte Zitate, Aufnahme tradierter Motive
- Formale Intertextualität: Wiederbenutzung/ Abwandlung historisch überlieferter
Formen
- Antike Metrik: hochdifferenziertes System (Form), bis heute wichtig
3.1. Verhältnis zwischen Metrum, Rhythmus, Syntax
Wichtig zur Interpretation: Metrum erkennen und formale Funktion prüfen
3.1.1 Formale Merkmale von Prosatexten
- Stilmittel, aber keine äußere Form
- Konventionelle Wortstellung
- Eindeutige Trennung von Sätzen
- Zufällige Betonung
Parataxe
Aneinanderreihung von Hauptsätzen
Wirkung: schlicht
Hypotaxe:
Hierarchisch gegliederte Satzgefüge
Oft unübersichtlich, eher selten
Satzzeichen = Pausen
- Punkt: lang; Semikolon: mittel; Komma: kurz
Wortakzente
Silbe
- kleinste sprachliche Einheit
- verschiedene Tonstärke (betont/unbetont)
o mehrsilbiges, nicht zusammengesetztes Wort: Betonung auf Stammsilbe (1.)
Möwe, Dämmerung..
o Sonderfall: Betonung auf 2. Silbe
Herein, Geflügel