Lernbereich 2:
Persönlichkeit und Identität beschreiben, erklären und reflektieren
Die personenzentrierte Theorie nach Carl Rogers
1. Basisannahmen der personenzentrierten Theorie von Rogers
a) Tendenz zur Selbstverwirklichung (Aktualisierungstendenz)
Die Tendenz zur Aktualisierung ist das grundlegende Motiv für das
Tätig werden des Menschen und dient der Erhaltung und Entfaltung des
Organismus:
Aktualisierungstendenz stellt das grundlegende Motiv des menschlichen
Verhaltens dar und ist das angeborene und beständige Bestreben des
Menschen, seine Entwicklungsmöglichkeiten zu erhalten, zu entfalten und
zu verwirklichen sowie Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zu erlangen.
Selbstaktualisierung ist ein ,,Subsystem" der Aktualisierungstendenz, das für
die Entwicklung und Entfaltung des Selbst wesentlich ist.
b) Organismischer Bewertungsprozess
Mit organismischem Erleben wird all das bezeichnet, was innerhalb des
Organismus zu jedem Zeitpunkt vor sich geht und dem Menschen gewahr
ist
z.B. ein Kind ist wütend, eine Frau ist eifersüchtig, ein Mann ist egoistisch
eine Frau ist überlegen, ein Mädchen fühlt sich wie ein Junge
Der Mensch unterwirft seine Erfahrungen einem ständigen organismischen
Bewertungsprozess
Organismischer Bewertungsprozess ist der Prozess des Organismus
Erfahrungen in sich wahrzunehmen und dahin gehend zu bewerten,
inwieweit sie das Streben nach Selbstverwirklichung fördern bzw.
einschränken.
Erfahrungen, die eine Aktualisierung ermöglichen, werden entsprechend
positiv bewertet und weiterhin angestrebt; Erfahrungen, die
Selbstverwirklichung be- bzw. verhindern oder bedrohen, werden negativ
bewertet und vermieden.
2. Mein Bild von mir -Das Selbstkonzept
Zentrale Annahme:
Das Selbstkonzept stellt die durch Erfahrung zustande gekommene Gesamtheit
aller Wahrnehmungen, Meinungen, Urteilsbildungen und Bewertungen des
Individuums über sich selbst und seine Umwelt dar.
Selbstkonzept:
Real-Selbst Ideal-Selbst
Selbstbild einer Person über das, Selbstbild einer Person über das
was sie ist und was sie kann wie sie gerne sein möchte, worauf
(Fähigkeiten, Eigenschaften, sie größten Wert legt und wie
Verhaltens-weisen...) andere sie haben möchten
Es ist also eine Einschätzung der eigenen Person in verschiedenen Bereichen, ihre eigene
subjektive Betrachtung, die nicht mit der „Wirklichkeit“ übereinstimmen muss
, Verhältnis von Real-Selbst und Ideal-Selbst
a) (weitgehende) Übereinstimmung Selbstkonsistenz
Selbstkonsistenz liegt vor, wenn Real-Selbst und Ideal-Selbst miteinander stimmig und
vereinbar sind.
Person erlebt Zustand als positiv
Real-Selbst Ideal-Selbst
als angenehm, entspannt und ausgeglichen
b) Nicht-Übereinstimmung Selbstinkonsistenz
Selbstinkonsistenz liegt vor, wenn Real-Selbst und Ideal-Selbst nicht miteinander stimmig
und unvereinbar sind
Erleben von inneren Spannungen,
Real-Selbst Ideal-Selbst
innerer Unruhe und Unausgeglichenheit
3. Die Entstehung des Selbstkonzepts
a) Die Entstehung des Selbstkonzepts wird bestimmt durch:
Erfahrungen mit und über die eigene Person,
Forderungen und Wünsche der erziehenden Personen
positive bzw. negative Beziehungsbotschaften und Zuschreibungen
b) Die Auswirkung von Beziehungsbotschaften und Zuschreibungen
Wertschätzung des Erziehers Geringschätzung des Erziehers
Äußerungen, wie z.B. Äußerungen, wie z.B.
ich hab dich lieb - muss ich dir das alles 3x sagen
Schön das du da bist - lass mich mal machen
du bist toll - du kannst sowieso nix
„ich bin erwünscht, willkommen, „ich bin unerwünscht, wertlos, nicht
wertvoll“ willkommen“
Hohe Selbstachtung Geringe Selbstachtung
„Günstiges“ Selbstkonzept „Ungünstiges“ Selbstkonzept
anpassungsfähig und flexibel starr und unflexibel
Wertschätzung ist eine positive gefühlsmäßige Grundhaltung und Einstellung
des Erziehers gegenüber dem zu Erziehenden, die sich mit Achtung, Wärme und
Rücksichtnahme umschreiben lässt.
Geringschätzung ist gekennzeichnet durch Missachtung, Kalte, Härte und Ablehnung.
Selbstachtung ist die gefühlsmäßig wertende Einstellung einer Person zu sich
selbst, zu ihrer eigenen Person und die Wertschätzung, die eine Person für sich
selbst empfindet (nach Tausch/Tausch).