3. Motivation
3.1 Einführung in die Motivationspsychologie
Motivation (motivationspsychologische Sicht) = zielgerichtetes Verhalten von Menschen, das auf
inneren Kräften beruht, die uns zum Handeln bewegen und von außen nicht beobachtbar sind
Motivation (allg.; nach Gerrig/ Zimbardo) = der allgemeine Begriff für alle Prozesse, die der
Initiierung, der Richtungsgebung und der Aufrechterhaltung physischer und psychischer Aktivitäten
dienen
- Leitet sich vom lateinischen Wort „movere“ = bewegen ab
Fokus der Motivationsforschung:
- Drei Aspekte zielgerichteten Verhaltens ( Ausrichtung, Ausdauer und Verhaltensintensität) und
ihre jeweiligen Zusammenhänge mit kognitiven, affektiven und physiologischen Prozessen
3.1.1 Ausrichtung zielgerichteten Verhaltens
Warum tut man etwas Bestimmtes anstelle von etwas anderem? Z.B. Psychologie studieren statt
Maschinenbau
- Mit diesem Verhalten können unterschiedliche Ziele verbunden sein, die in der nahen oder
fernen Zukunft liegen können, wie z. B. ein spezielles persönliches Interesse an der Psychologie
zu haben
Unterscheidung zwischen Anreizen:
- Anreize, die in der Tätigkeit selbst liegen (Tätigkeitsanreize, z. B. Interesse an der Psychologie)
- Anreize, die erst bei der Zielerreichung wirksam werden (Zweckreize, z. B. neuer Beruf)
➔ Beweggründe für solch ein zielgerichtetes Verhalten: Motive
Motive = individuelle Präferenz für bestimmte Anreizklassen
Anreizklassen = unterschiedliche, übergeordnete Zielzustände, die positiv bewertet sind und sich
thematisch voneinander unterscheiden lassen
3.1.2 Ausdauer
- Weiterer, wesentlicher Aspekt, zielgerichteten Verhaltens
- Mit dieser werden Ziele ungeachtet unterschiedlicher äußerer Hindernisse (Ablenkungen oder
Störungen) weiterverfolgt
3.1.3 Verhaltensintensität
- Weitere Dimension motivierten Verhaltens
Anstrengungsmobilisierung: die Anstrengung und Konzentration, mit der jemand ein Ziel verfolgt
Anstrengungserleben: das Ausmaß, in dem wir eine bestimmte Tätigkeit als besonders anstrengend
oder eher als leicht und spielerisch empfinden
3.1.4 Kognitive, affektive und physiologische Prozesse
Affektive Prozesse:
- Sind in der Lage, unser motiviertes Verhalten zu fördern und aufrechtzuerhalten
, - Bsp: Wenn wir uns sehr für eine bestimmte Sache engagieren, können Etappensiege bei der
Zielerreichung unsere Motivation neu beflügeln, wie auch unser subjektives Wohlbefinden
steigern
Kognitive Prozesse der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses:
- Genauso wichtig, zielgerichtetes Verhalten zu steuern
Physiologische Bedürfnisse / biogene Motive:
- z. B. Hunger, Durst und Sexualität
- in der Lage, unser Verhalten zu motivieren
Ob und wann Personen motiviert sind, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen, hängt sowohl von ihren
persönlichen Präferenzen als auch von der jeweiligen Situation ab, in der sie sich befinden →
Feldtheorie von Kurt Lewin (Person- und Umweltfaktoren)
3.2 Motivation als Kraft
3.2.1 Die psychoanalytische Motivationstheorie Sigmund
Freuds
Zentral: Triebreize als psychische Repräsentationen innerer physiologischer Reize, die auf
Bedürfnissen beruhen und allgemein der Selbsterhaltung und Fortpflanzung dienen (z.B.
Hunger, Durst, sexuelle Aktivierung)
Häufung von Erregung: wird als Unlust erlebt → führt dazu, dass der psychische Apparat
in Bewegung gesetzt wird, um diese zu reduzieren
Triebe wirken als konstante Kraft und bleiben so lange wirksam, bis das Bedürfnis
befriedigt und ein innerer Gleichgewichtszustand der Homöostase wiederhergestellt ist
→ Lustgefühle
Übergeordnetes Ziel menschlichen Handelns: Lustgewinn und Vermeidung von Unlust →
Prinzip des Hedonismus → eigentlich angestrebter Zustand der Bedürfnislosigkeit
- Triebe sind in der Lage, Verhalten anzutreiben und auf solche Objekte
auszurichten, die geeignet scheinen, den Trieb befriedigen oder ihn reduzieren
zu können → psychische Energie wird an ein bestimmtes Objekt gebunden,
hierdurch anderen psychischen Aktivitäten vorübergehend entzogen und steht
erst wieder zur Verfügung, wenn der Trieb befriedigt wurde
Es gibt zwei entgegengesetzt zueinander im Unbewussten (ES) wirkende Triebe:
Lebenstrieb (Eros): dient dem Lebenserhalt und dem Überleben der Art → basiert auf
biologischen und sexuellen Bedürfnissen und sozialer Bindung
Todestrieb (Thanatos): enthält neben aggressiven Tendenzen das Bedürfnis, einen
bedürfnislosen Zustand wiederzuerlangen
➔ All unser Handeln basiert auf einem dieser beiden Antriebe oder auf der Kontrolle
und Suche nach geeigneten Ventilen, für die durch sie hervorgerufenen Wünsche
Unmittelbares Ausleben ist oftmals durch die Anforderungen der Realität, durch innere
Normen und Werte oder aufgrund von Abwehrmechanismen nicht möglich oder
wünschenswert
, Freuds Persönlichkeitsmodell unterscheidet zwischen Es, Ich und Über-Ich:
ES: folgt dem Lustprinzip
ICH: folgt dem Realitätsprinzip und hat die Aufgabe, die Triebwünsche des ES zu regulieren (z.B.
indem es dafür sorgt, dass ein Triebwunsch, der gerade nicht befriedigt werden kann, eine Weile
verdrängt wird
3.2.1.1 Abwehrmechanismen
Sublimierung:
- die Energie des Triebes wird in eine gesellschaftlich akzeptierte Form umgewandelt und
erscheint dann als künstlerische Tätigkeit oder in Form von Leistungsstreben
Stellvertretendes Ausleben:
- in Träumen oder Fantasien oder Belohnungsaufschub einer bedürfnisbefriedigenden Handlung
zu einem späteren Zeitpunkt → vom Ich geplant
Verschiebung:
- das Objekt der Begierde ändert sich
Fixierung:
- sehr enge und unflexible Bindung an ein spezifisches, infantiles Triebziel und -objekt →
bestimmte Triebregungen bleiben auf einer frühen psychosexuellen Entwicklungsstufe stehen
Verdrängung:
- Erinnerungen werden abgewehrt, indem sie vom Bewussten ins Unbewusste verlagert werden
➔ Oberbegriff Abwehr; normale psychische Prozesse
Missglückte Abwehr:
- Psychische Krankheiten
- Werden dem Patienten in einer Therapie wieder zugänglich gemacht und können dadurch von
ihm kontrolliert werden
Kritik an Freuds Triebtheorien:
- zunächst aus weltanschaulichen Gründen und später wegen ihrer Unwissenschaftlichkeit
- Annahmen ließen sich nicht wissenschaftlich untersuchen und belegen
- die beiden Triebkräfte bieten gleichzeitig aber so viel Interpretationsspielraum, dass sie ebenso
wenig widerlegt werden können
3.2.2 Hulls Triebtheorie
Clark Hull:
- Einer der maßgeblichen Vertreter des amerikanischen Behaviorismus
- im Gegensatz zu Freud nicht an der subjektiven Deutung und Beschreibung von
Trauminhalten und Verhaltensauffälligkeiten von Einzelfällen interessiert, sondern an
wissenschaftlich überprüfbaren Hypothesen und objektiv messbaren Ergebnissen → ging
streng experimentell vor
- Sein „Gesetz der Gewohnheitsbildung“ basiert auf der Forschung Thorndikes (Law of
Effect)