Entwicklungssoziologie .
Prof. Dr. Jana Hönke WS 2020/21
Was ist Soziologie
• Verstehen und erklären sozialen Handelns und gesellschaftlicher Prozesse.
Was ist Entwicklungssoziologie
• Entwicklungssoziologie ist eine spezielle Soziologie, die - besonders ausgehend von
Befunden in der sogenannten 'Dritten Welt' - die sozialen und kulturellen Voraussetzungen
und Folgen von Entwicklung und Unterentwicklung untersucht.
Entwicklung als
• Veränderung zum Guten (improvement)
• Nachholen/Richtung auf ein bekanntes Ziel (Teleologie)
• Gerichteter Wandel (Orthogenese)
Das Problem
• Reduzierung sozialer Prozesse auf „Entwicklung“
• Universalisierung eines historisch spezifischen ‚Modells‘
• Binarität: „Westen“ – „Rest“, Moderne – Tradition
• Imperiale und koloniale Verflechtungen & Gewalt
Eurozentrismus
Weltanschauung, die implizit oder explizit die europäische Geschichte und die europäischen
Werte als "normal" und anderen überlegen ansieht und damit dazu beiträgt, die dominante
Stellung Europas bzw. ‚des Westens‘ zu (re)produzieren und zu rechtfertigen.
Binäre Denkweise, die eine weiße, progressive, moderne und zivilisierte europäische bzw.
westliche Identität konstruiert und sie einem schwarz/indigenen, unterentwickelten,
traditionellen und barbarischen “Anderen” gegenüberstellt (in großen Teilen vormals
kolonisiert).
Entwicklungsländer
• Entwicklungsland vs. Industrieland
• implizit Entwicklung = Industrialisierung
Unterentwickelte Länder
Länder, die durch Prozess der Entwicklung der Industrieländer an Entwicklung gehindert
werden (Abhängigkeitstheorie).
Dritte Welt
• Blick nicht auf Industrialisierung, sondern auf "Kalten Krieg"
• Streit der Systeme: Kommunismus vs. Kapitalismus
• Dritte Welt dabei als Dritter Weg zwischen den global gegensätzlichen Ideologien
Globaler Süden
• Nicht geographisch, sondern strukturell
• Nicht mehr mehr/weniger ‚entwickelt‘
• Dagegen: systemische, strukturelle Benachteiligung, gemeinsame Gewalterfahrung,
Kolonialismus
• Pointiert Gegensatz zum „Norden“
• Gemeinsame Ambition: Dekolonisierung internationaler Beziehungen
, Bewegung Blockfreier Staaten
Non-Alignement Movement (seit 1961)
Für Selbstbestimmung, gegen alle Formen von Kolonialismus und Imperialismus, gegen
Militarisierung und Einmischung, für Multilateralismus
Grovogui
Global south: political ambition and project
• Grenzen: Differenzen intern, Dynamik innerhalb
des Systems?
Modernisierung und Moderne
Modernisierung: Nachholen, Teleologie
Projekt der Moderne: Vernunft, Mündigkeit, Naturbeherrschung
Moderne als Prozess: Verschiebung der Verfügungsräume, beschleunigter Wandel,
Ambivalenz
Entwicklung nach Rostow
Stadien wirtschaftlichen Wachstums: Modernisierungsprozess
• Tradition
• Schaffung der Voraussetzungen für den Take-Off
• Take-Off
• Weg zur Reifung
• Massenkonsum
1. Tradition: (Agrarwirtschaft)
• Subsistenzwirtschaft (Primärsektor)
• Eingeschränkte Technik
• Stabilität wird priorisiert
• vor-Newtonsche Wissenschaft
• vor-wissenschaftliche Technologie, Subsistenzwirtschaft
• spontane, unsystematische Innovation
• traditionelle Kosmologie, Fatalismus
• Vorherrschaft der Landwirtschaft
• personale Beziehungen
• geringe Mobilität
2. Startvoraussetzungen (Wertschätzung Bildung & Kompetenz)
• Technologische Innovation -> Infrastruktur
• Überwindung Subsistenzwirtschaft hin zu Industrialisierung
• Umwelt als veränderbar, offen für rationale Beeinflussung -> Fortschritt
• Verlagerung des Kapitals von individuellem Reichtum (Häuser, Diener, Tempel..) in
Infrastruktur und produktive Bereiche (Straßen, Eisenbahnen, Schulen, Fabriken)
• Nationale Identität & gemeinsame Wirt. Interessen
3. Take Off
• Alte Widerstände überwunden, Kräfte des ökonomischen Fortschrittes bestimmen
die Gesellschaft
• Gemeinsame Gruppeninteressen -> neue Institutionen
-> Industrielle Revolution (Beschleunigung): Industrie und Dienstleistungssektor
• Meritokratie und Unternehmertum = Reinvestition
• Hohe Investitionsrate von 10%