Analyse Bahnwärter Thiel, Kapitel 3
Hinweis: Die verwendeten Seiten- und Zeilenangaben beziehen sich auf folgende
Quelle:
Hauptmann, G. (2019). Bahnwärter Thiel. Braunschweig: Westermann Schroedel
Diesterweg Schöningh Winklers GmbH.
Die dem Naturalismus zuzuordnende novellistische Studie „Bahnwärter Thiel“, von
Gerhart Hauptmann, ist 1888 erschienen und handelt von einem Bahnwärter namens
Thiel, der gespalten ist zwischen einer geistigen Beziehung mit seiner, bei der Geburt
des gemeinsamen Sohnes Tobias verstorbenen, Frau Minna und einer körperlichen
Beziehung mit seiner neuen Frau Lene. Thiel ist unbewusst determiniert, was ihn
nach dem tödlichen Zugunglück von Tobias zu einem Mord an Lene und seinem
anderen Kind treibt.
Die zu analysierende Textstelle entspringt dem 3. Kapitel und handelt von einem
Ausflug von Thiels Familie zu einem Kartoffelacker am Bahndamm, bei dem Thiel mit
seinem Sohn Tobias spazieren geht und sich sehnsüchtig an seine verstorbene Frau
Minna erinnert.
Es folgt die Erschließung der vorliegenden Textstelle unter besonderer
Berücksichtigung des Verhältnis zwischen Thiel und Tobias.
Zunächst werden Inhalt und Aufbau der Textstelle beschrieben.
Zu Beginn der Textstelle kommt die Familie an einem Kartoffelacker am Bahndamm
an. Lene bewertet das Feld auf mögliche Nutzbarkeit zum Anpflanzen von Kartoffeln.
Da sie zufrieden mit der Beschaffenheit des Ackers ist, beginnt sie anschließend, die
Erde umzugraben (S.27, Z.39 - S.28, Z.21).
Im Folgenden kündigt Thiel an, einen Kontrollgang an der Bahnstrecke zusammen
mit Tobias vornehmen zu wollen, woraufhin Lene ihm befiehlt, beim Acker zu bleiben.
Thiel widersetzt sich allerdings Lene, indem er ihren Befehl ignoriert (S. 28, Z.22 -
31).
Daraufhin begeben sich Thiel und Tobias auf ihren Spaziergang, bei dem Tobias
neugierig die Umgebung erkundet. Thiel erinnert sich währenddessen an seine tote
Frau Minna. Er hört den Klang von Telegrafenstangen, wobei ihn ein Ton an Minna
erinnert. Aus diesem Grund ist er sehr in Gedanken versunken. (S.28, Z.31 - S.29, Z.
37).
Anschließend kehrt die Familie nach Hause zurück, wo sie zu Mittag isst.
Währenddessen ist Thiel relativ aufgeschlossen und unterhält sich mit seiner Frau
Lene. Nach dem Essen kündigt diese an, am Nachmittag zum Kartoffelacker
zurückkehren und Tobias mitnehmen zu wollen. Daraufhin warnt Thiel seine Frau,
Tobias von den Zuggleisen fernzuhalten, was Lene mit Desinteresse aufnimmt (S.30,
Z.1 - S.30, Z.25).
Es folgt die Analyse der gattungsspezifischen Gestaltungsmittel.
In der vorliegenden Textstelle gibt es einen auktorialen Er-Erzähler. Das auktoriale
Erzählverhalten ist an den Sätzen „Dem Wärter fiel eine Last von der Seele. […].“
(S.28, Z.10ff), „Im ersten Augenblick erwog sie, ob sie nicht nachlaufen solle, […].“
(S.28, Z.29ff) und „[…] Tobias lief rings um das verwitterte Holz, um, wie er glaubte,
durch eine Öffnung die Urheber des lieblichen Getöns zu entdecken.“ (S.29, Z.7ff)
erkennbar. So können die Gedanken und Gefühle aller Personen aus der
Perspektive einer allwissenden Person wiedergegeben werden.