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Gesundheit Aufbau
FLB 1
Abgrenzung von Gesundheit und Krankheit
Dimensionen der Gesundheit
1. Gesundheit als Störungsfreiheit
2. Gesundheit als Wohlbefinden
3. Gesundheit als Leistungsfähigkeit und Rollenerfüllung
4. Gesundheit als Gleichgewichtszustand (Homöostase)
5. Gesundheit als Flexibilität (Heterostase)
6. Gesundheit als Anpassung
Definition von Disease, Illness und Sickness
Disease
Ist der medizinische Befund einer Erkrankung, objektive Parameter geben eine krankhafte
Ausprägung einer Normabweichung an
Illness
Ist die subjektive Ebene, das sich krank fühlen einer Person
Sickness
Ist die soziale Ebene der Erkrankung bzw. die soziale Rolle, die die Person einnimmt
welche gesellschaftlichen Ressourcen werden der Person zur Verfügung gestellt um Krankheit zu
überwinden bzw. in Gesellschaft integriert werden zu können?
Kriterien für Erkrankung
Unterschiedliche Denkrichtungen
Medizinisch, juristisch, philosophisch, politisch
heute: bio-somatische Ursache-Wirkungs-Relation
Situationsbeschreibung
1. Vorliegen eines medizinischen Befundes: objektive Feststellung einer körperlichen, geistigen
oder seelischen Störung bzw. Veränderung
2. Störung des Wohlbefindens: geistig, körperlich oder sozial
3. Einschränkung in Leistungsfähigkeit und Rollenerfüllung
4. Bedarf von professioneller Betreuung: medizinisch oder sozial
Zeitlicher Verlauf
Akut, chronisch, rezidiv
7 Gründe für Problematik der Abgrenzung
1. Keine einheitlichen Definitionen von Gesundheit und Krankheit
2. Technische Grenzen der Diagnostik und Therapie
3. Diskrepanz zwischen Befund und Befinden
4. Abweichung von der Norm ohne Krankheitswert
5. Kulturgebundenheit der Beurteilung von Diagnosen
6. Funktionalität einer Störung
7. Pharma-Lobbyismus
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Klassifikation von psychischen Störungen
ICD-10
Kategoriale Diagnostik
Benutzte Diagnosekriterien entstammen etablierten System an Beschreibungen von psychischen
Störungen
Trotz Etikettierungsprobleme durch Diagnosen bestehen Vorteile:
a) Sinnvolle Zuteilung von präventiven und therapeutischen Maßnahmen unter
Berücksichtigung von eindeutigen Kontraindikationen
b) Ermöglicht Grundlagen- bis Vorsorgeforschung
c) Versicherungsrechtliche, juristische begutachtungs- und sozialverwaltungsbezogene
Regelungen mit diagnosebezogenen Fallgruppen als Steuereinheit
d) Qualitätssicherung
Nachteil: keine einheitliche Definition von Gesundheit und Krankheit
DSM-V
Dimensionale Diagnostik
Hat den Anspruch wertneutrale und deskriptive Diagnostik zu ermöglichen
Psychische Störungen werden auf 5 Dimensionen (Achsen) checklistenmäßig nach Vorkommen
und Frequenz angeordnet
Einbeziehung von allen psychischen und körperlichen Auffälligkeiten in Diagnose
auf Achse IV werden auch schwere psychosoziale Belastungsfaktoren einbezogen
Bei der dimensionalen Diagnostik werden beobachtete Phänomene auf einem Kontinuum
angeordnet, das durch Dimensionen charakterisiert wird
Unterschiede erfolgen durch qualitative Natur
es gibt „geringe“, „moderate“ und „hohe“ Ausprägungen
Definition psychische Störung
Früher: psychische Krankheit, heute: psychische Störung
soll weniger wertend und deskriptiver sein
beides ist dennoch ein Zustand diagnostizierter Abweichung
Ist die Beeinträchtigung der Funktionalität des menschlichen Erlebens und Verhaltens
dazu gehören emotionale, kognitive, behaviorale, interpersonale und körperliche
Beeinträchtigungen
Betroffene haben auf diese kaum bis keinen Einfluss
Wichtig für Diagnose: die Beeinträchtigung darf nicht nur kurzfristig bzw. als verständliche
Reaktion auf ein bestimmtes belastendes Ereignis vorliegen (z.B. Trauer oder Erschöpfung nach
Prüfungsphase)
Vorteile der Behandlung
Psychotherapeutengesetz von 1999 erklärt den Einzug der psychotherapeutischen Versorgung in
das bestehende medizinisch-heilkundliche System der Institutionen, sodass die Versorgungs- und
Finanzierungsmöglichkeiten geklärt sind
durch medizinische Sichtweise der Psychotherapie gelingt Einzug in die Gilde der
Heilkundigen, was 4 große Vorteile hat:
a) Überantwortung der Betroffenen an das medizinische System
dadurch erhalten Personen mit psychischen Problemen denselben Schutz und die
Ressourcen, die auch einer körperlich erkrankten Person in unserem Sozialsystem zur
Verfügung stehen
b) Komplexitätsreduktion und leichtere Kommunikation zwischen Ämtern, Gutachtern, Juristen
und Ärzten
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c) Klare Handlungsanweisungen durch eindeutige Nomenklatur im ICD-10
d) Nachvollziehbarkeit führt zur möglichen Qualitätssicherung
Nachteile der Behandlung
a) Es gibt keine eindeutige Definition einer psychisch gesunden Person
man weiß also nicht, auf welches Menschenbild hin therapiert wird
b) Ohne medizinischen Befund erhält man keine Finanzierung einer psychischen Behandlung
c) Bestimmte Leiden finden keine Berücksichtigung
z.B. traumatische Trauer um ein Haustier
d) Entwicklung von Modekrankheiten durch die Pharma-Branche
z.B. Burnout
e) Fehlzuordnung von Diagnosen und Stigmatisierung
Beziehung zwischen Gesundheit und Krankheit
Dichotomes Konzept
Gesundheit und Krankheit als zwei voneinander abhängige Zustände
man ist entweder gesund oder krank
Feststellung der Krankheit erfolgt ärztlicherseits und man ist so lange krank, bis die
Krankschreibung abläuft
eine Gesundschreibung gibt es nicht
Besonders geeignet ist dieses Modell für die Erklärung von Infektionskrankheiten und ähnlichem
es gibt eindeutige Symptome und Normwerte
Nachteile
a) Ist nicht geeignet für psychische Störungen aufgrund der Annahme, dass man nach
Behandlung der Erkrankung automatisch gesund ist
widerspricht der therapeutischen Erfahrung, dass die Erkrankung nach vermeintlicher
Heilung wieder auftritt (z.B. rezidivierende depressive Störung)
Spontanerholung
b) Psychische Störungen entstehen meistens als Lösungsversuch für eine
Anforderungssituation, die die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten übersteigt
diese werden durch eine Krankschreibung nicht behandelt
Personen müssen erst gesundes Verhalten erlernen, um Situationen mit eigenem
Verhaltensrepertoire bewältigen zu können
Bsp.: Angststörung kann durch Therapeuten angeleitete Konfrontationstherapie behandelt
werden, nicht durch bloße Krankschreibung
Bipolares Konzept
Gesundheit und Krankheit als Endpunkte (Pole) eines gemeinsamen Kontinuums
man ist immer mehr oder weniger gesund und krank
Bsp.: HEDE-Kontinuum der Salutogenese
Dimensionen bestimmen die Positionierung auf dem Kontinuum, welche durch Parameter wie
medizinische Befunde, Prognosen, Therapiemöglichkeiten und subjektiv erlebte
Beeinträchtigungen bestimmt werden
je mehr Dimensionen, desto differenzierter kann die Aussage über den Gesundheitszustand
sein
Nachteil
Kontinuum als gemeinsame Menge
ein Mehr des einen entspricht einem Weniger des anderen