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Einsendeaufgabe
Allgemeine Psychologie II - Problemlösen
Aufgabe 1
Urteilsheuristiken dienen dem Fällen von Urteilen aufgrund von
Wahrscheinlichkeitsurteilen und somit ohne sich der Wahrscheinlichkeitsrechnung
bedienen zu müssen. Vielmehr werden Entscheidungen aufgrund von Verfügbarkeit
und Repräsentativität von Ereignissen getroffen und somit auch komplexe
Urteilsfragen durch Vereinfachungen lösbar gemacht. Die Verfügbarkeitsheuristik
orientiert sich dabei an der Frage, wie leicht etwas vorstellbar beziehungsweise aus
dem Gedächtnis abrufbar ist. Häufigkeitsschätzungen werden dadurch beeinflusst,
wie leicht relevante Beispiele im Gedächtnis verfügbar sind. Da Verfügbarkeit nicht
immer mit der objektiven Häufigkeit korreliert, können Fehleinschätzungen
entstehen. Diese geschieht dann, wenn auf seltene Ereignisse im Gedächtnis leicht
zugegriffen werden kann. Diese Ereignisse werden aufgrund ihrer Verfügbarkeit als
besonders wahrscheinlich interpretiert.
Repräsentativ ist ein Ereignis dann, wenn es als besonders typisch gilt. Das ist dann
der Fall, wenn sie besonders vielen anderen Ereignissen einer Klasse ähneln.
Solche als typisch empfundenen Vorstellungen werden als besonders wahrscheinlich
betrachtet. Biases entstehen hier vor allem aufgrund falscher Vorstellungen von
Zufallsprozessen oder durch die Vernachlässigung von Basisraten. So kommt es zu
Konjunktionsfehlern, wenn die Konjunktion zweier Aussagen fälschlicherweise für
wahrscheinlicher gehalten wird als die beiden Einzelaussagen für sich. Aber auch die
Vernachlässigung der Stichprobengrößen kann zu falschen Einschätzungen der
Wahrscheinlichkeit führen, wenn unbeachtet bleibt, dass kleinere Stichproben mehr
Ausreißer aufweisen. Diese Biases lassen sich durch den intuitiven Charakter der
genannten Heuristiken erklären.
Gigerenzer und Brighton (2009, zitiert nach Beller & Bender, 2014, S. 19) stellen
verschiedene Urteilsheuristiken zusammen, welche wenig Informationen benötigen
und sich im Alltag somit besonders eignen, um Wahrscheinlichkeitsurteile zu fällen.
Diese Vereinfachung wird auch durch den Less-is-more-Effekt bestätigt,welcher
zeigt, dass oftmals auf Basis weniger Informationen bessere Lösungen gefunden
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werden. Die Heuristiken gelten als eingeschränkt rational, da sie nicht alle
Informationen verwenden, die zur Verfügung stehen. Diese Rationalität ist
ökologisch, nicht logisch. Sie kann sich neben einer Anpassung an die eigenen
kognitiven Grenzen auch auf Beschränkungen der Umwelt beziehen, beispielsweise
wenn Informationen fehlen. Denken und Umwelt sind im Sinne der ökologischen
Rationalität demnach untrennbar miteinander verknüpft.
Bei der Recognition oder auch Wiedererkennungsheuristik wird sich bei
Entscheidungsfragen für die Seite entschieden, welche bereits bekannt und somit
vertrauter ist. Entscheidungen werden hier also ausschließlich aufgrund der
Wiedererkennung der Kriterien getroffen. Dieser Heuristik bedient sich auch die
Werbung, da Kunden auch im Supermarkt dazu neigen, sich eher für bekannte und
wiedererkannte Produkte zu entscheiden als für ihre unbekannten Pendants. Die
Fähigkeit zum Wiedererkennen ist dabei nicht als Abrufen von Wissen zu verstehen.
So können Objekte erkannt werden, ohne dass ein bewusstes Wissen über dessen
Herkunft oder weitere Details besteht.
Im Gegensatz - wenn auch dennoch sehr ähnlich - dazu werden bei Fluency-
Heuristik zwar beide Alternativen erkannt, jedoch derjenigen der Vorzug gegeben,
welche in ihrer Verarbeitung als flüssiger empfunden wird. Das schneller und
einfacher erkannte Kriterium wird präferiert.
Wenn Wiedererkennen nicht ausreicht oder möglich ist, hilft die Suche nach Cues.
Die Take-the-best-Heuristik bedient sich dieser Strategie und benötigt dennoch
ebenfalls lediglich ein Merkmal zur Urteilsfällung. Zwei bekannte Alternativen werden
anhand verschiedener in einer Rangfolge angelegter relevanter Eigenschaften
bewertet. Beim wichtigsten Merkmal oder auch dem cue mit der höchsten Validität
beginnend (Denken und Urteilen unter Unsicherheit: Kognitive Heuristiken, 2004)
werden die beiden Alternativen so lange miteinander verglichen, bis ein Merkmal nur
noch auf eine Seite zutrifft. Anhand des aufgedeckten Unterschieds wird dann eine
Entscheidung zugunsten der Alternative mit dem positiven Wert getroffen. Diese
Strategie findet ihre Anwendung bei der Entscheidung zwischen zwei Alternativen,
beispielsweise der Wahl der neuen Wohnung, sofern man heutzutage in die Situation
kommt, zwischen zwei Wohnräumen wählen zu können. Absteigend können so
Größe, Lage, Preis, Nachbarschaft et cetera verglichen werden, bis eines der
Objekte ein relevantes Merkmal mehr aufweist als das andere.