B.A. Wirtschaftspsychologie 8 Semester
Einsendeaufgabe
Allgemeine Psychologie II – Problemlösen
Aufgabe 1
Wozu dienen Urteilsheuristiken? Beschreiben Sie bitte die fünf
Urteilsheuristiken nach Gigerenzer und Brighton (2009) in eigenen Worten.
Tagtäglich verleiten uns gewisse Situationen dazu, Urteile zu fällen. Manchmal fällen wir diese
Urteile bewusst, oftmals allerdings unbewusst und fast schon automatisch. Einige von diesen
Urteilen fallen uns ganz leicht, andere hingegen erscheinen uns jedoch schwieriger. Meist
unbewusst nutzen wir Urteilsheuristiken, um gewisse Problemstellungen schnell und einfach
Lösen zu können.
Heuristiken sind einfache Regeln, die uns dabei helfen, ein Problem möglichst schnell und
einfach zu lösen. Sie gehören zu unseren automatischen Denkprozessen und werden deshalb
oft nicht bewusst wahrgenommen. Dabei werden die meist wenigen Informationen, die uns zur
Problemlösung vorliegen so verwendet, dass eine schnelle und meist auch brauchbare Lösung
gefunden werden kann. Vor allem Verfügbarkeit, Repräsentativität, Verankerung und
Anpassung von Informationen spielen beim Urteilen eine tragende Rolle. Auch Gefühle und
Stimmungslagen können als Urteilsheuristik verwendet werden (=Affektheuristik). Fehler bei
der Urteilsfällung, sogenannte Biases, treten vor allem bei einer hohen Repräsentation und
Verfügbarkeit auf. Soll beispielsweise geschätzt werden, ob die Häufigkeit von Todesfällen
durch Verkehrsunfälle oder durch Schlaganfälle höher ist, so würde vermutlich die der
Verkehrsunfälle höher beurteilt werden – unabhängig von der Realität. Dies basiert darauf,
dass in Medien mehr über „Ausnahmen“ berichtet wird, wir jedoch die gehäuften „Ausnahmen“
stärker im Gedächtnis behalten (mehr Beispiele im Gedächtnis verfügbar).
Gigerenzer und Brighton etablierten fünf Urteilsheuristiken, die darauf beruhen, dass eine
Person anhand diversen Alternativen ein Urteil fällt. Oft fällen Personen bessere Urteile, wenn
Ihnen weniger Informationen zur Verfügung stehen (less-is-more Effekt). Im Folgenden
werden die fünft Urteilsheuristiken erläutert.
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1. Recognition
Erkennt die Person eine der beiden gegebenen Alternativen bei einer Problemstellung, so wird
sich für die bekannte Alternative entschieden. Soll diese Person beispielsweise entscheiden,
welcher von zwei Musikern mehr verdient, wird sich für den Musiker entschieden, der der
Person bekannt vorkommt. Hier ist es sinnvoll von dem Grad der Bekanntheit auf dessen
Verdienst zu schließen, da größere / bekanntere Musiker auch mehr Auftritte haben und öfter
in den Medien präsentiert werden. Die Recognition-Heuristik besagt also, dass man der
Alternative, die wiedererkannt wird, einen höheren Wert zuschreibt.
Hier reicht ein einziger Grund aus, in diesem Fall die Wiedererkennung, um eine Entscheidung
zu treffen.
2. Fluency
Sollten beide Alternativen erkannt werden, wird sich für die entschieden, die schneller erkannt
wurde, bzw. welches Objekt schneller im Gedächtnis abgerufen wurde. Dieser Alternative wird
ein höherer Wert zugeschrieben. Beispiel hierfür wäre der in der Einleitung bereits erwähnte
Fall mit den verschiedenen Todesursachen. Beide Todesursachen sind bekannt, allerdings
wird (vermutlich bei den meisten) zuerst ein konkretes Beispiel für einen Verkehrsunfalles ins
Gedächtnis gerufen.
3. Take-The-Best
Diese Heuristik wird angewandt, sollten auch hier beide Alternativen erkannt werden. Somit
werden weitere Cues (Hinweise) aus den Alternativen gesammelt und nach absteigender
Validität (Vorhersagekraft) geordnet. Es wird sich für die Alternative entschieden, deren erster
Hinweis ehr zur Vorhersage der Lösung beitragen kann. Ein Merkmal welches sich die Take-
the-best Heuristik mit der Recognition-Heuristik teilt, ist die einfache Entscheidungsregel: „Die
Entscheidung zu Gunsten eines Objekts beruht auf einem einzigen Prädikator (=one-reason
decision making)“ (Hertwig, Hoffrage & Gigerenzer, 2005).
4. Tallying
Analog zu der Take-The-Best Heuristik werden auch hier Cues gesammelt. Es wird sich für
die Alternative entschieden, die mehr positive Hinweise beinhaltet. Während bei der Take-the-
best Heuristik sich nach der Qualität der Cues entschieden wird, wird sich hier basierend auf
der Quantität der Cues entschieden.
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