Macht und Herrschaft
Sommersemester 2022
Thomas Hobbes
Thomas Hobbes beschreibt in seinem Hauptwerk »Leviathan, oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und
bürgerlichen Staates« die Notwendigkeit eines geordneten Staates und wie dieser dauerhaft einzurichten ist.
Hintergrund dieser Bemühungen sind die chaotischen politischen Verhältnisse zu Hobbes’ Lebzeiten in Großbri-
tannien. Die für Hobbes zentrale Frage ist: Wie ist es möglich, einen Herrscher einzusetzen, dem sich alle unter-
werfen und dessen Herrschaft alle anerkennen, um somit eine stabile, friedliche und dauerhafte Herrschaft zu
errichten.
Naturzustand – Kriegszustand: Für Hobbes kann nur eine absolute Herrschaft dauerhaft eine friedliche Koexis-
tenz der Menschen gewährleisten. Er konstruiert eine ganz eigenwillige Form eines Unterwerfungsvertrags, den
alle Bürger eines Staates untereinander abschließen. Hobbes geht davon aus, dass sich die Menschen im Natur-
zustand immer im Krieg untereinander befinden; anders als die politische Theorie seit Aristoteles sieht er die
Menschen also nicht als gesellig, d.h. nicht als Wesen, die von Natur aus zur Gesellschaft streben, an.
Hobbes sieht den Naturzustand als einen Kriegszustand an. Dies machen zwei seiner Aussagen deutlich: (1) der
Mensch ist des Menschen Wolf (homo homini lupus est) und (2) es herrscht der Krieg aller gegen alle (bellum
omnium contra omnes). Der Mensch ist also von Natur aus böse. Insofern kann sich im Naturzustand niemand
seiner Existenz und seines Besitzes sicher sein, da ein anderer ihm alles wegnehmen oder ihn umbringen kann.
Dies ist der Grund, warum die Menschen dem Naturzustand entfliehen wollen. Dies geschieht durch einen Ver-
trag. Im Naturzustand, d.h. ohne Vertrag, hat jeder ein Recht auf alles. Das bedeutet, dass es keine Ungerechtig-
keit geben kann. Sobald jedoch ein Vertrag existiert, ist es Unrecht, ihn zu brechen. Der Vertrag regelt das Zu-
sammenleben der Menschen. Er kann aber nur dauerhafte Gültigkeit haben, wenn eine Zwangsgewalt existiert,
die über seine Einhaltung wacht und die Vertragsparteien zur Erfüllung des Vertrages zwingen kann.
Unterwerfungsvertrag: Die Menschen im Naturzustand schließen miteinander einen Unterwerfungsvertrag, der
besagt, dass sie sich völlig dem Souverän unterwerfen werden, wenn das die jeweils anderen auch machen. Der
Souverän selbst schließt keinen Vertrag mit den Untertanen ab, er bleibt praktisch im Naturzustand. Insofern
kann er auch nicht gegen den Vertrag verstoßen. Hinfällig wird der Vertrag dann, wenn der Grund des Vertrags-
schlusses entfällt, d.h. wenn der Souverän die innere und äußere Sicherheit seiner Untertanen nicht mehr ge-
währleisten kann. In diesem Moment fallen alle wieder in den Naturzustand zurück.
Der Leviathan: Diese zu einer Person vereinte Menge bezeichnet Hobbes als Staat. Den Akt, der dazu führt, nennt
er die Erzeugung des Leviathans oder die Erzeugung »jenes sterblichen Gottes, dem wir unter dem unsterblichen
Gott unseren Frieden und Schutz verdanken«. Der Leviathan besitzt alle weltliche Herrschaft und kann frei über
die Menschen gebieten. Er ist oberster Richter, Exekutive und Legislative zugleich. Jedoch ist auch bei Hobbes
die Macht des Souveräns nicht unbegrenzt. Sie wird dadurch begrenzt, dass jedes Individuum über natürliche
Rechte verfügt. Die Aufgabe des Souveräns ist es, diese natürlichen Rechte des Individuums zu gewährleisten, er
muss die körperliche Unversehrtheit sowie die Sicherheit seiner Untertanen garantieren. Kann der Souverän dies
nicht, löst sich der Staat als Ganzes auf, die Menschen fallen wieder zurück in den Naturzustand, in den Krieg
aller gegen alle, den Zustand der natürlichen Anarchie.
Hobbes favorisiert als Regierungsform eindeutig die Monarchie, aber wie oben bereits angeführt, kann auch
»eine Gruppe von Menschen « der Souverän sein, d. h. auch die Aristokratie und Demokratie werden von Hobbes
als Herrschaftsmodelle nicht ausgeschlossen.
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,Machiavelli
In »Der Fürst« versucht Machiavelli zu zeigen, wie der Fürst an die Macht gelangt und wie er diese behält. Ma-
chiavellis Menschenbild erklärt, warum er der Ansicht ist, dass die Menschen einer strengen Führung bedürfen,
und in seiner Herrschaftskonzeption betont er, dass alle Mittel zur Erlangung und Sicherung der Macht legitim
sind.
Die Schlüsselbegriffe von Machiavellis politischer Theorie
Fortuna Fortuna bedeutet zu einen gewissen Grad Glück oder Zufall, jedoch hat man mehr Glück
(günstige oder es steht einem der Zufall mehr zur Seite, wenn man etwas dafür tut (→ Virtù). Herfried
Umstände) Münkler bezeichnet die Fortuna als die dunkle Willkür, der die politische Inkompetenz
überantwortet ist. Wer also sich vom Schicksal in seinem Handeln leiten lässt, den verlas-
sen Necessità und Virtù und wird Spielball der Fortuna.
Necessità Per Necessità bedeutet so viel wie Handeln aus Einsicht oder realpolitisches Handeln. Die
(Notwendigkeit) Aufgabe eines Politikers ist es, mit der Zeit zu gehen, d.h. er muss Gegenwart und Vergan-
genheit analysieren, um daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen, da die Notwendigkeit
der Zeitläufe sofortiges Reagieren erfordert.
Occasione Der Fürst muss sich ihm bietende (historische) Gelegenheiten rechtzeitig erkennen und
(Gelegenheit) nutzen. Er muss zum rechten Zeitpunkt handeln. Beispiel: Der Fall der Mauer war die
»Occasione«, um die Wiedervereinigung zu vollziehen.
Virtù Fähigkeit eines Fürsten, die Notwendigkeit der Zeit zu begreifen, und daraus sein Handeln
(persönliche zu bestimmen. Dazu gehört die Tüchtigkeit, Fähigkeit, die Situation zu analysieren und die
Tüchtigkeit, Folgen einer Handlung abzuschätzen. Darüber hinaus sind die Menschenkenntnis und das
Tapferkeit) Geschichtswissen des Handelnden bestimmende Faktoren. Dies alles bestimmt das Maß
der Fortuna, die ein Politiker hat.
Machiavellis Dezisionismus: Im Endeffekt ist Machiavelli der Meinung, dass eine eindeutig falsche Entscheidung
besser ist als eine halbherzige Kompromisslösung. Kompromisse und Mittelwege führen nur dazu, dass ein Prob-
lem verschleppt oder seine Brisanz verkannt wird. Insofern votiert er ganz klar dafür, dass der Fürst immer eine
klare Entscheidung nach dem besten Wissen, das er gerade zur Verfügung hat, fällt.
Machiavellis Menschenbild: Die Menschen sind schlecht und jeder jederzeit versucht, für sich den größten Vor-
teil aus einer Situation zu ziehen, ohne dabei Rücksicht auf andere zu nehmen. Daher muss ein Fürst, will er an
der Macht bleiben, lernen, auch »schlecht« zu handeln. Diese Fähigkeit muss er immer dann anwenden, wenn
es ihm die Notwendigkeit (Necessità) gebietet. Weiterhin empfiehlt er zum Machterhalt Opportunismus, List,
Betrug und die Wahrung des Scheins. Alles wird der Politik untergeordnet: die Moral, ethische Werte und auch
die Religion, wie er in den »Discorsi« eindringlich vorschlägt. »Ein Herrscher muss unliebsame Dinge auf andere
abwälzen und die angenehmen sich selber vorbehalten.« Diese gute staatliche Ordnung kann zwei Formen an-
nehmen, doch hängt die Form der staatlichen Machtausübung von den Ambizione der Bürger ab. Mit diesem
Begriff fasst Machiavelli »das Streben nach Befriedigung der verschiedenen menschlichen Triebe« zusammen.
(1) Fürstenherrschaft: Muss ihre ambizione durch staatliche Repressalien in die Schranken verwiesen werden,
so »werden die Menschen zu Untertanen dessen, der ihre ambizione zu limitieren vermag: des Principe an
der Spitze eines Fürstentums«. Die Machtausübung eines Einzelnen ist also notwendig, wenn der Masse die
virtù fehlt, ihre eigenen ambizione im Zaum zu halten. In diesem Fall ist dem Fürsten jedes Mittel erlaubt,
um seine Macht aufrechtzuerhalten.
(2) Republik: Sind die Bürger aber in der Lage, ihre ambizione freiwillig zu zügeln, so sind sie auch in der Lage,
die Macht gemeinsam in den Händen zu halten und somit die Regierungsgewalt über sich selbst auszuüben;
dann zeigt dies, dass sie mit virtù begabte Bürger einer demokratisch-republikanischen Gemeinschaft sind.
Allerdings ist dazu eine Erziehung aller Bürger erforderlich, sodass diese über ein ausreichendes Maß an
Tugend und Bürgersinn verfügen und so freiwillig ihre ambizione hintanstellen.
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,Max Weber
Jede Form der Herrschaft benötigt Weber zufolge Glauben an ihre Legitimität. Die Form dieser Legitimität wie-
derum bestimmt den Typus des Gehorchens und somit den Charakter der Ausübung der Herrschaft. Max Weber
formuliert in seinem Hauptwerk »Wirtschaft und Gesellschaft« eine Typologie der Herrschaft, die wohl bis heute
Grundlage für jede politikwissenschaftliche Beschäftigung mit Herrschaft ist. Die drei reinen Typen legitimer
Herrschaft sind:
(1) Herrschaft rationalen Charakters,
Die rationale Herrschaft erhält ihre Legitimität durch den Glauben an »die Legalität gesatzter [niederge-
schriebener und mit Autorität behafteter] Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch sie zur Ausübung
der Herrschaft Berufenen«. Die rationale Herrschaft ist als rein bürokratische die effektivste und rationalste
Form der Herrschaftsausübung. Der Herrscher tritt hier in Form des Vorgesetzten auf
(2) Herrschaft traditionalen Charakters,
Die Legitimität der traditionalen Herrschaft beruht auf »dem Alltagsglauben an die Heiligkeit von jeher gel-
tender Traditionen und an die Legitimität der durch sie zur Autorität Berufenen«. Bei der traditionalen Herr-
schaft ist der Herrscher nicht Vorgesetzter, sondern »Herr«, sein Verwaltungsstab besteht nicht aus Beam-
ten, sondern aus Dienern. In der traditionalen Herrschaft sind Befehle auf zweierlei Art legitimiert: einerseits
kraft des Inhalts der Tradition und andererseits »kraft der freien Willkür des Herrn«, die er aus dem Spiel-
raum bezieht, den die Tradition ihm lässt.
(3) Herrschaft charismatischen Charakters
Die charismatische Herrschaft bekommt ihre Legitimität durch die »außeralltägliche Hingabe an die Heilig-
keit oder Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie offenbarten oder geschaffenen
Ordnungen«. Insofern gilt für die Qualität der Herrschaft nur die Bewertung durch die Anhänger, d.h. durch
die Beherrschten. Der Herrscher ist der »Führer«; er kann völlig willkürlich handeln, jedoch nur so lange
dabei seine Glaubhaftigkeit als charismatischer Herrscher erhalten bleibt. Das ist auch der Grund, weswegen
die charismatische Herrschaft bei Erfolglosigkeit schwinden kann, aber nicht schwinden muss.
Die drei Idealtypen der Herrschaft lassen sich mit (ehemals) real existierenden Regierungsformen identifizieren:
rationale Herrschaft mit der parlamentarischen Massendemokratie, die traditionale Herrschaft mit dem Erbkö-
nigtum und die charismatische Herrschaft mit Bismarcks Herrschaft als Reichskanzler. Die Herrschaft in einem
Staat zeichnet sich laut Weber dadurch aus, dass sie das Monopol der Gewaltausübung zur Durchsetzung der
gesatzten Ordnung besitzt.
Was ist Macht?
Die Bedeutung des Begriffs »Macht« in der Politischen Theorie ist sehr unterschiedlich und vielschichtig, sodass
sich in der Geschichte der Politischen Ideen bisher keine maßgebliche Theorie der Macht hat durchsetzen kön-
nen. Hobbes hat »Macht« definiert als die Möglichkeit eines Menschen, ein Gut mit seinen gegenwärtigen Mit-
teln zu erreichen. Dazu kann auch gehören, dass man nur im Ruf steht, Macht zu haben. Diese fiktive Macht
alleine kann schon ausreichen, um den eigenen Willen gegenüber anderen, vielleicht objektiv viel mächtigeren
Menschen durchzusetzen. Aber: Macht ist nur dann dauerhaft glaubwürdig, wenn sie von Zeit zu Zeit demons-
triert wird. Max Weber hat die wohl bis heute gängigste Definition des Begriffs Macht geliefert: »Macht bedeutet
die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen,
gleichviel, worauf diese Chance beruht.« (Weber 1972, 28). Diese Macht kann physischer, psychischer und wirt-
schaftlicher Natur sein. Die Erscheinungsformen der Macht lassen sich grob in einem Dreierschema zusammen-
fassen
1. Befehl und Gehorsam = vertikale Machtstruktur (mit Zwang)
2. das autoritative Verhältnis = vertikale Machtstruktur (ohne Zwang)
3. das kooperative bzw. demokratische Verhältnis = horizontale Machtstruktur
Das »autoritative Machtverhältnis« kommt im Gegensatz zu dem »Befehl – Gehorsam-Verhältnis« ohne Zwang
aus, da die Menschen dem Autoritätsträger kraft seiner Autorität freiwillig folgen. Das »demokratische Macht-
verhältnis« besticht dadurch, dass die Machtträger periodisch gewählt und bei Fehlverhalten abgewählt werden
können.
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, Man kann die zwei verschiedenen Machtbegriffe »Macht zu« und »Macht über« unterscheiden. Während der
Begriff »Macht über« dem geläufigen Alltagsverständnis von Macht entspricht, d.h. dass Macht bedeutet, etwas
gegen den Willen eines anderen durchzusetzen (vgl. Weber 1972, 28), steht »Macht zu« für die Fähigkeit eines
Subjektes (oder einer Gruppe oder eines Staates), etwas an sich durchzusetzen. Bei »Macht zu« geht es dement-
sprechend nicht um eine soziale Beziehung. »Gefragt wird nicht nach den Wirkungen der Macht auf andere, auf
die Machtunterworfenen, sondern nach der Macht als Fähigkeit zum autonomen Handeln. Mit Foucault wird
gezeigt, dass Macht durch ihre zwei Varianten einerseits repressiv (»Macht über«) und andererseits produktiv
ist (»Macht zu«). Amy Allen führt einen dritten Machtbegriff ein, »Macht mit«; »die kollektive Fähigkeit zusam-
men zu handeln, um ein gemeinsames oder geteiltes Ziel zu erreichen.« Nur zusammen mit den beiden anderen
Machtbegriffen, also »Macht zu« und »Macht über«, ergibt sich dann ein umfassender Machtbegriff.
§ 1. Macht und Herrschaft. Übergangsformen.
Herrschaft ist ein Sonderfall von Macht. Einerseits die Herrschaft kraft Interessenkonstellation (insbesondere
kraft monopolistischer Lage), und andererseits die Herrschaft kraft Autorität (Befehlsgewalt und Gehorsams-
pflicht). Beide gehen gleitend ineinander über; z.B. übt jede große Zentralbank und üben große Kreditbanken
kraft monopolistischer Stellung auf dem Kapitalmarkt oft einen »beherrschenden« Einfluss aus. Eine »Autorität«,
d.h. ein unabhängig von allem Interesse bestehendes Recht auf »Gehorsam« gegenüber den tatsächlich Be-
herrschten nehmen aber die Kreditbanken dadurch nicht in Anspruch, sie verfolgen eigene Interessen und setzen
diese durch gerade dann, wenn die Beherrschten formell »frei« handelnd ihren eigenen, also durch die Umstände
zwingend diktierten, rationalen Interessen folgen. Die bloß marktmäßige oder durch Interessenkonstellation be-
dingte Herrschaft kann ferner gerade wegen ihrer Ungeregeltheit weit drückender empfunden werden als eine
ausdrücklich durch bestimmte Gehorsamspflichten regulierte Autorität.
Unter »Herrschaft« soll hier also der Tatbestand verstanden werden: daß ein bekundeter Wille (»Befehl«) des
oder der »Herrschenden« das Handeln anderer (des oder der »Beherrschten«) beeinflussen will und tatsächlich
in der Art beeinflusst, dass dies Handeln, in einem sozial relevanten Grade, so abläuft, als ob die Beherrschten
den Inhalt des Befehls, um seiner selbst willen, zur Maxime ihres Handelns gemacht hätten (»Gehorsam«).
Die Kausalkette vom Befehl bis zum befolgt werden kann sehr verschieden aussehen. Der Befehl kann im Einzel-
fall aus eigener Überzeugung von seiner Richtigkeit oder aus Pflichtgefühl oder aus Furcht oder aus »stumpfer
Gewöhnung« oder um eigener Vorteile willen ausgeführt werden, ohne daß der Unterschied notwendig von so-
ziologischer Bedeutung wäre. Andererseits aber wird sich der soziologische Charakter der Herrschaft als verschie-
den herausstellen je nach gewissen Grundunterschieden in den allgemeinen Fundamenten der Herrschaftsgel-
tung.
Eine Herrschaftsbeziehung kann zunächst selbstverständlich doppelseitig bestehen. Moderne Beamte verschie-
dener »Ressorts« unterstehen gegenseitig, jeder innerhalb der »Kompetenz« des anderen, ihrer Befehlsgewalt.
§ 2. Herrschaft und Verwaltung. Wesen und Grenzen der demokratischen Verwaltung.
»Herrschaft« interessiert uns hier in erster Linie, sofern sie mit »Verwaltung« verbunden ist. Jede Herrschaft
äußert sich und funktioniert als Verwaltung. Jede Verwaltung bedarf irgendwie der Herrschaft, denn immer müs-
sen zu ihrer Führung irgendwelche Befehlsgewalten in irgendjemandes Hand gelegt sein. Die Befehlsgewalt kann
dabei sehr unscheinbar auftreten und der Herr als »Diener« der Beherrschten gelten und sich fühlen. […]
§ 3. Herrschaft durch »Organisation«. Geltungsgründe
Die beherrschende Stellung des jenem Herrschaftsgebilde zugehörigen Personenkreises gegenüber den be-
herrschten »Massen« ruht in ihrem Bestande auf dem neuerdings sog. »Vorteil der kleinen Zahl«, d.h. auf der
für die herrschende Minderheit bestehenden Möglichkeit, sich besonders schnell zu verständigen und jederzeit
ein der Erhaltung ihrer Machtstellung dienendes, rational geordnetes Gesellschaftshandeln ins Leben zu rufen
und planvoll zu leiten, durch welches ein sie bedrohendes Massen- oder Gemeinschaftshandeln solange mühelos
niedergeschlagen werden kann. Der »Vorteil der kleinen Zahl« kommt voll zur Geltung durch Geheimhaltung der
Absichten, gefassten Beschlüsse und Kenntnisse der Herrschenden, welche mit jeder Vergrößerung der Zahl
schwieriger und unwahrscheinlicher wird.
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