2.1 Emotionen
Einführung in die Emotionspsychologie
Emotionen: „Emotionen sind eine spezielle Klasse von Motiven, die uns dabei helfen,
unsere Aufmerksamkeit auf wichtige (gewöhnlich äußere) Situationen zu richten und
darauf zu reagieren sowie anderen unsere Absichten mitzuteilen“(Zimbardo et al.)
→ Emotionen als spezielle Art der Motivation: führt ebenso zur Steigerung der Erregung, versieht persönlich bedeutsame
Menschen/Objekte/Ereignisse mit Werten bzw. Gefühlen u. haben Annäherungs- o. Vermeidungsreaktion zur Folge
5 Emotionskomponenten (Solowski) — Bsp. Prüfungsangst
1. Kognitive Komponente (z.B. Befürchtung des Versagens u.
Konsequenzen)
2. Physiologische Komponente (z.B. trockener Mund)
3. Behaviorale Komponente (Verhalten wirkt insg. angespannt
u. schreckhaft, z.B. Zittern/Stottern)
4.Expressive Komponente (z.B. gepresste Stimme, weit
geöffnete Augen)
5. Subjektive Komponente (z.B. hohe Erregung/Anspannung)
→nicht immer gleichzeitiges Auftreten, unterschiedliche Ausprägung
→ Selbst- und Fremdbeobachtung zugänglich sowie messbar (z.b. Pulsschlag, Atmung)
Strukturmodell desAffekts/Circumplex-Modell
(Feldman Barrett u. Russell)
Beschreibung affektiver Zustände in 2 Dimensionen
1. Valenz (Wertigkeit) einer emotionalen Erfahrung:
angenehm oder unangenehm
2. Auspräung des Aktivierungszustandes: aktiviert oder
deaktiviert
Ergebnisse v. Studien:
Valenz ist unabhängig von Aktivierung
Unangenehm vs. Angenehm und Aktivierung vs. Deaktivierung als
Pole
Beispiel Schlaf: Zustand absoluter Deaktivierung am unteren Pol
der Aktivierungsskala und neutrale Valenz
,Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener emotionaler Zustände
Unterscheidung von Affekten, Stimungen und Emotionen anhand: erkennbarer Ursache, mögliche Kognitionen, Intensität
und Dauer sowie Notwendigkeit einer Verhaltensantwort
Affekte: kürzester, intensivster und am schlechtesten kontrollierbarer Zustand → unmittelbare und heftige Reaktion auf
auslösende Ursache: Ablauf als automatisch wahrgenommen, von außen zu beobachten, von handelnder Person oft
schlecht erinnert (gesetzlich verminderte Schuldfähigkeit)
Stimmung: Gegenpol zu Affekten, oft ohne erkennbare Ursache, von geringer Intensität, vergleichsweise lange Dauer,
erfordert meist kein Verhalten; Gemeinsamkeit: Kognitionen nicht zwingend notwendig → „Dauertönung des Erlebens“
Emotionen: liegen zwischen Affekt und Stimmung - erkennbare Ursache, notwendigerweise von Kognitionen begleitet,
mittlere Intensität und Dauer, Verhaltenskomponente
→ „komplexe, größtenteils automatisch ablaufende, von der Evolution gestaltete Programme für Handlungen“(Damasio)
→ basieren auf inneren Abläufen, die von Gedanken begleitet werden
Gefühle= kombinierte Wahrnehmung unserer körperlichen und geistigen Zustände während einer Emotion
Art und Anzahl von Emotionen
Studien (1930-1987) zeigten 3-11 Basisemotionen
→Watson 1919 : Basisemotionen nicht erlernt, sondern mit bestimmten physiologischen Reaktionen
einhergehend („hardwired“) = Teil des biologischen Erbes, bei allen Mitgliedern einer Spezies zu finden
→Paul Ekman: neurokulturelle Emotionstheorie: 7 verschiedene Emotionen (Zorn, Angst, Trauer, Ekel, Verachtung,
Überraschung und Freude) sind universal, kulturübergreifend und von allen Menschen korrekt interpretierbar
Robert Plutchik: Rad der Emotionen
→ 8 primäre Emotionen im inneren Kreis (Freude,
Akzeptanz, Furcht, Überraschung, Traurigkeit, Ekel,
Wut, Erwartung)
→ sekundäre Emotionen, die nur durch Kombination
von benachbarten Emotionen gebildet werden (z.B.
Optimismus = Mischung aus Erwartung und Freude)
, 2.2
Emotionen und Gehirn
Entwicklung der Emotionspsychologie im jeweiligen Zeitgeist
Evolutionsbiologische Ansätze (Charles Darwin)
Prinzip der zweckmäßig assoziierten Gewohnheiten → emotionales Ausdrucksverhalten entstand aus einer
ursprünglich nicht emotionalen Funktion (z.B. Zusammenziehen der Augenbrauen dient ursprünglich besserer Sicht -
nun unbewusste Funktion: zeigt Nachdenken)
Signalfunktion emotionalen Ausdrucksverhaltens für das Gegenüber: Signalisieren von Handlungsbereitschaft bei
Bedrohung = Individuum lernt, wie es sich in ähnlicher Situation verhalten kann, um z.B. tatsächliche
Auseinandersetzung zu vermeiden
Adaptive (sich anpassende) Funktion: Selektion vererbt bevorzugt solches emotionales Ausdrucksverhalten weiter,
das die Anpassung von Individuen an ihre Umwelt verbessert, um Überleben und Fortpflanzung zu sichern
(ultimative Ursachen)
Organismische Funktion: Emotionales Ausdrucksverhalten ermöglicht flexible und schnelle Reaktion auf sich
verändernde Umweltbedingungen (z.B. Augen aufreißen bei Überraschung verhilft zu besserer Sicht)
Kommunikative Funktion in Gruppen: emotionales Ausdrucksverhalten eines Mitglieds regt Handlungen bzw.
Handlungstendenzen in einer Gruppe an und synchronisiert sie miteinander (z.B. Fluchtverhalten)
Basale Verhaltensmuster: Grundlage für Emotionen in untersch. evolutionsbiologischen Theorien
Funktion: Auswahl und Initiierung von Handlungstendenzen, die Bedürfnisse des Organismus berücksichtigen und
gleichzeitig mit Anforderungen der Umwelt abgleichen
Evolutionsbiologische Forschung (Studie Darwin )
1. Beobachtung Geisteskranker (leidenschaftliche und unkontrollierte Ausbrüche) und Kinder (ungehemmtes Verhalten)
2. Dekodierungsstudien: Versuchspersonen schätzen Emotionen anhand fotografierter Gesichtsausdrücke
→Universalitätshypothese des mimischen Ausdrucks (Studie von Ekman und Friesen 1971)
180 Erwachsene und 130 Kinder eines Stammes in Neuguinea (bisher keinen oder kaum Kontakt zu Westeuropäern) bekamen 6
Basisemotionen (Glück, Traurigkeit, Wut, Überraschung, Ekel, Angst) jeweils in einem Satz beschrieben und 4, zur Emotion
passende und 2 unpassende Fotos
Ergebnis: keine Geschlechts- oder Altersunterschiede beim Erkennen der unterschiedlichen
Emotionen → der mimische Ausdruck von Emotionen ist kulturunabhängig und
kulturübergreifend erkennbar