Einführung in die Volkswirtschaftslehre
VWL befasst sich vielfach damit, wie Märkte funktionieren:
▪ Sie zeigt die Fähigkeit des Marktes als Koordinationsmechanismus in einer arbeitsteiligen Wirtschaft.
▪ Sie verdeutlicht aber auch Schwächen des Marktes aufweist und diskutiert Staatseingriffe.
STÄRKEN VON MÄRKTEN
Märkte sind im Vergleich zur Planwirtschaft als effizienter Mechanismus zur Steuerung einer arbeitsteiligen Wirtschaft
erwiesen:
▪ Hohe Verfügbarkeit von Gütern, Warteschlangen selten
▪ Starke Leistungs- und Innovationsanreize für die Anbieter führen zu neuen und besseren Produkten
▪ Anreiz, Verschwendung zu vermeiden
▪ Viele Märkte richten sich nach den Kundenwünschen
Adam Smith (1776): Vorteil durch Märkte trotz Eigennutzorientierung “Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers
erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Wir wenden uns
nicht an ihre Menschen- sondern an ihre Eigenliebe, und wir erwähnen nicht die eigenen Bedürfnisse, sondern sprechen von ihrem
Vorteil.” Quelle: Adam Smith (1776), Der Wohlstand der Nationen, S. 17. dtv-bibliothek.
Finanzkrise zeigt die Grenzen eines egoistischen Denkens
▪ Kurzfristiger Zeithorizont der Marktteilnehmer („Gier“)
▪ Begrenzte Rationalität ;„Bounded rationality“; Orientierung an „Daumenregeln“ (Heuristiken), Herdenverhalten
Motto des früheren Citibank CEO Chuck Prince: "As long as the music is playing, you’ve got to get up and
dance."
SCHWÄCHEN DES MARKTES („MARKTVERSAGEN“)
▪ Menschen mit geringer Leistungsfähigkeit können ihr Existenzminimum nicht sichern.
▪ Güter, für die es keinen Preis gibt(„Umwelt“), werden verschwendet.
▪ Unternehmen versuchen sich dem Wettbewerb durch Kartelle und Monopole zu entziehen.
▪ Krisenanfälligkeit; Konjunkturschwankungen führen zu Arbeitslosigkeit und/oder Inflation.
▪ Finanzmärkte weisen eine hohe Instabilität auf.
DIE ROLLE DES STAATES IM MARKTPROZESS:
▪ Bei Marktversagen in den Markt eingreifen:
o Ordnungspolitik: Setzen von Spielregeln:
Wettbewerbspolitik, Sozialpolitik, Umweltpolitik, Bankenaufsicht
o Prozesspolitik: Direkte Eingriffe in den Marktprozess
Geldpolitik, Fiskalpolitik
▪ Grundproblem: Richtige Balance zwischen Markt und Staat
Zu starke staatliche Eingriffe reduzieren Leistungsanreize und schaden der Wettbewerbsfähigkeit einer
Volkswirtschaft
Zu geringe staatliche Eingriffe: Instabile Konjunktur, soziale Spannungen (Kriminalität), Verschmutzung der
Umwelt, Finanzkrisen
DIE BEIDEN HAUPTGEBIETE DER VWL
▪ Mikroökonomie: Analyse der Märkte für einzelne Güter Beispiel: Wie setzt ein Monopolist den Preis?
▪ Makroökonomie: Analyse der Volkswirtschaft im Ganzen Beispiel: Wie entsteht Inflation?
RATIONALITÄTENFALLEN
Was von jedem einzelnen aus individueller Rationalität angestrebt wird, kann in der Gesamtheit zu gegenläufigen
Effekten führen. Einzelwirtschaftliche und gesamtwirtschaftliche Rationalität fallen auseinander:
▪ Theateraufführung
o Einzelwirtschaftliche Rationalität: Ich stehe auf und sehe besser
o Gesamtwirtschaftliche Rationalität: Alle stehen auf und sehen nicht mehr als vorher
,WEITERE BEISPIELE FÜR RATIONALITÄTENFALLEN
Sparparadox:
▪ Einzelwirtschaftlich: Wenn ich weniger ausgebe, steigen meine Ersparnisse
▪ Gesamtwirtschaftlich: Wenn alle weniger ausgeben, kommt es zur Rezession und die Ersparnisse der
Volkswirtschaft steigen nicht
Arbeitsmarkt:
▪ Einzelwirtschaftlich: Ich will einen Arbeitsplatz und bin bereit, zu einem niedrigeren Lohn zu arbeiten
▪ Gesamtwirtschaftlich: Alle Arbeitnehmer unterbieten sich und stellen sich dadurch schlechter
Arbeitsteilung
Literatur: Bofinger, Kapitel 3
WARUM GIBT ES MÄRKTE?
▪ Fast alle Menschen betreiben Arbeitsteilung, d.h. die Güter, die sie produzieren, sind nicht identisch mit den
Gütern, die sie konsumieren.
▪ Märkte sind der Ort des Austausches der arbeitsteilig hergestellten Güter.
▪ Globalisierung: Arbeitsteilung und der Austausch von Gütern werden nicht nur im nationalen Rahmen, sondern
immer mehr im globalen Maßstab organisiert.
▪ Ausnahmen von der Arbeitsteilung gibt es kaum noch: Autarkie eines Einsiedlers.
ARBEITSTEILUNG AM BEISPIEL DER PRODUKTION VON STECKNADELN VON ADAM SMITH
PRODUKTION VON STECKNADELN VON ADAM SMITH VORTEILE DER ARBEITSTEILUNG BEI ADAM SMITH
▪ Output ohne Arbeitsteilung: “Die enorme Steigerung der Arbeit, die die gleiche
pro Arbeiter höchstens 20 Nadeln am Tag, bei 10 Anzahl Menschen infolge der Arbeitsteilung zu leisten
Arbeitern 200 Nadeln pro Tag vermag, hängt von drei Faktoren ab:
▪ Arbeitsteilung: a. der größeren Geschicklichkeit jedes einzelnen
o Aufteilung des Produktionsvorgangs auf 18 Arbeiters,
verschiedene Arbeitsvorgänge b. der Ersparnis der Zeit, die gewöhnlich beim
o Aufgeteilt auf 10 Arbeitnehmer, jeder ist für Wechsel von einer Tätigkeit zur anderen
rund 2 Arbeitsvorgänge zuständig verloren geht und
o Output mit Arbeitsteilung: insgesamt 48.000 c. der Erfindung einer Reihe von Maschinen,
Stecknadeln am Tag, d.h. 4.800 je Arbeiter welche die Arbeit erleichtern, die Arbeitszeit
▪ Produktivitätssteigerung um das 240-fache verkürzen und den Einzelnen in den Stand
versetzen, die Arbeit vieler zu leisten.“
DER DURCH ARBEITSTEILUNG ERREICHTE HÖHERE WOHLSTAND RESULTIERT SOMIT AUS DREI EFFEKTEN:
a. Lerneffekte („economies of scale“) und Spezialisierung der Arbeitnehmer (jeder macht das, was er am besten
kann)
b. Einsparung von Rüstkosten, d.h. der Kosten der Umstellung von einem Produktionsvorgang auf einen anderen
c. Technischer Fortschritt
GLOBALISIERUNG UND ARBEITSTEILUNG
▪ Adam Smith: Die Möglichkeiten der Arbeitsteilung sind umso besser, je größer der Raum ist, in dem Arbeitsteilung
erfolgt
▪ Heute: Aufteilung der Wertschöpfungsketten der Industrie über viele Länder
▪ Der steigende Welthandel eröffnet viele Chancen: Produktvielfalt, höhere Produktivität
“Alle Mittel zur Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel des Produzenten, verstümmeln
den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren
Inhalt, entfremden ihm die geistigen Potenzen des Arbeitsprozesses...“ Karl Marx: Das Kapital, München 2006, S. 747.
, WIE WIRD ARBEITSTEILUNG IN EINER VOLKSWIRTSCHAFT ORGANISIERT?
▪ Verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten arbeiten zusammen, um bestimmte Produkte zu
erstellen. Wie wird die gemeinsame Arbeit auf sie aufgeteilt?
Wer produziert welches Gut?
Wie viel wird von jedem Gut produziert?
DAS PRINZIP DER KOMPARATIVEN KOSTENVORTEILE VON DAVID RICARDO (1777-1823)
▪ Entwickelt am Beispiel des Außenhandels zwischen England (Produzent von Tuch) und Portugal (Produzent von
Wein)
▪ Zentrale Aussage: Außenhandel ist immer besser als Autarkie und er ist gerade für Länder mit unterschiedlichem
Entwicklungsstand vorteilhaft
▪ Modell ist anwendbar auf Arbeitsteilung zwischen Menschen, Unternehmen, Regionen und Ländern
FALLBEISPIEL: ARBEITSTEILUNG NACH PRINZIP DER KOMPARATIVEN KOSTENVORTEILE
▪ Robinson lebt auf einer Insel und kann nur Nüsse sammeln oder Fische fangen.
o Autarkie: Robinson konsumiert genau das, was er „produziert“.
▪ Freitag landet auf der Insel und kann ebenfalls nur sammeln und fischen.
Wie teilen die beiden die Arbeit untereinander auf und wie tauschen sie die Güter untereinander?
Robinsons Output in der Autarkie
▪ Produziert er nur ein Gut, kann er pro Woche einen "Output" erzielen
von maximal
▪ 20 Fischen oder
▪ 40 Kokosnüssen
Produziert er beide Güter erhält er z.B.
▪ 10 Fische und
▪ 20 Nüsse
Abbildung: der Produktionsmöglichkeiten von Robinson durch die Transformationskurve
TRANSFORMATIONSKURVE
▪ Welche Mengenkombinationen an Output-Gütern können bei einer
gegebenen Menge an Inputs (hier: Arbeitszeit) maximal produziert
werden?
▪ Transformationskurve bildet nur Kombinationen der Output-Güter ab,
die bei effizienten Kombinationen
▪ 98der Inputs erreichbar sind.
Punkte unterhalb der Kurve: nicht effizient
Punkte oberhalb der Kurve: nicht realisierbar
Abbildung: Transformationskurve Robinson
DIE PRODUKTIONSMÖGLICHKEITEN VON FREITAG
▪ Bei Produktion von nur einem Gut kann er pro Woche maximal produzieren:
60 Fische oder
60 Nüsse
▪ Auch hier sind Kombinationen gemäß seiner Transformationskurve möglich
Abbildung: Transformationskurve von Freitag