Ambulante Depressionsbehandlung durch
interdisziplinäre Zusammenarbeit
verbessern
I Abstract
Die Prävalenz von Depression nimmt in Deutschland immer weiter zu. Bezüglich der Behand-
lung lässt sich festhalten, dass Betroffene vergleichsweise lange stationär behandelt werden.
Dies führt nicht nur zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität der Betroffenen, sondern
auch zu hohen Kosten für das Gesundheitssystem. Die in dieser Arbeit dargestellte Studie be-
schäftigt sich daher mit der stationären Depressionsbehandlung und inwieweit diese durch
die ambulante Nachbehandlung verkürzt werden kann. Die dargestellte Studie untersucht ein
neues Behandlungsmodell, welches charakterisiert ist durch ein symptomorientiertes Entlass-
management, eine zweiwöchige nachstationäre Behandlung in der klinischen Einrichtung und
eine standardisierte Übergabe an einen Therapeuten zur ambulanten Weiterbehandlung. Die
Studie ergab, dass entgegen der Vermutung die stationäre Depressionsbehandlung mithilfe
des Behandlungsmodells substanziell nicht verkürzt werden konnte. Die Arbeit endet mit
Überlegungen zur ambulanten Depressionsbehandlung und wie diese durch zukünftige Wei-
terentwicklungen optimiert werden kann. Inwieweit die Soziale Arbeit dabei mitwirken kann,
wird ebenso thematisiert.
I
,II Inhaltsverzeichnis
I Abstract I
II Inhaltsverzeichnis II
1. Einleitung 1
2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 3
3. Methode und Ergebnisse 13
4. Diskussion 16
Literaturverzeichnis: 25
II
,1. Einleitung
Eine effiziente und effektive Behandlung von Depression zu entwickeln, beziehungsweise sich
grundsätzlich mit verschiedenen Behandlungsformen auseinander zu setzen, um dieses
Krankheitsbild besser verstehen und behandeln zu können, wird in den kommenden Jahren
an Bedeutung zunehmen. Diese Aussage wird aufgrund der zunehmenden Prävalenz von De-
pression in der deutschen Bevölkerung vermehrt getroffen (Busch u. a., 2013, S. 735; Plass
u. a., 2014, S. 629). Dabei wird die Depression bei Frauen deutlich häufiger diagnostiziert, als
vergleichsweise bei Männer (Hofmann, 2016, S. 10). Außerdem nimmt Deutschland im Ver-
gleich zu anderen europäischen Ländern hinsichtlich der Prävalenz von diagnostizierter De-
pression einen der ersten Ränge ein (Plass u. a., 2014, S. 634). Die gesellschaftliche Relevanz
wird zudem dadurch deutlich, dass nicht nur Fachzeitschriften, wie das Deutsche Ärzteblatt,
die Depression als aktuelle Problematik der deutschen Bevölkerung aufgreifen, sondern auch
Zeitschriften wie beispielsweise „Focus“, „Spiegel“, „Stern“ oder „Gehirn & Geist“ (Becker,
2016; Dr. Schäfer, 2005, S. 62 ff; Hammer, 2015; Wendt, 2016). Ebenso ist eine hohe Relevanz
aus ökonomischer Betrachtungsweise vorhanden, da Depressionen zu direkten, wie auch in-
direkten Kosten führen. Damit ist gemeint, dass neben der Behandlung auch Kosten durch
eine Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit entstehen können. (Spießl u. a., 2006, S. 36 f) Im Zuge
der Behandlung darf nicht unerwähnt bleiben, dass depressive Patienten viel Zeit seitens der
Ärzte und Therapeuten in Anspruch nehmen (Helmchen, 2004, S. 1049). Ähnlich verhält es
sich mit der „Nichterkennung und Nichtbehandlung von unterschwelligen Depressionen“
(ebd.), welche ebenso einen Teil zu den höheren Kosten beitragen. An dieser Stelle lassen sich
Behandlungsmöglichkeiten der Depression betrachten. Am häufigsten werden depressive Pa-
tienten von Allgemeinärzten behandelt (Ebel & Beichert, 2002, S. 124). Jedoch diagnostizieren
diese nur 50-75 Prozent der klinisch relevanten Depressionen richtig. Außerdem erhalten 15
Prozent der Betroffenen eine medikamentöse antidepressive Behandlung, wovon lediglich
sieben Prozent eine angemessene Dosierung erhalten. Hinzukommt, dass Hausärzte in vielen
Fällen nicht über notwendige Kompetenzen verfügen, um eine Depression zu erkennen und
diese zu diagnostizieren. Dies wird durch die häufig auftretende „smiling depression“ er-
schwert, bei der Betroffene ein Fassadenverhalten anwenden, um ihre Depressivität zu über-
spielen und zu verstecken. (ebd.)
Neben dem Hausarzt kann auch ein Psychiater für Betroffene eine Bezugsperson der ambu-
lanten Behandlung darstellen. Dafür gibt es auch ambulante Formen der Psychotherapie.
1
, (Wolfersdorf, 2011, S. 72) Reicht eine ambulante Behandlungsform nicht aus und werden
Überlegungen oder Ratschläge hinsichtlich einer stationären Behandlung den Betroffenen nä-
her gebracht, so treten in diesem Zug seitens der Betroffenen Person häufig Ängste auf. Sich
in ein Haus für Verrückte, die Klapse oder die Irrenanstalt, wie sie noch teilweise genannt wird,
zur Behandlung zu begeben, stellt für viele Betroffene eine große Hemmschwelle dar. Oftmals
existieren noch Vorstellungen über eine psychiatrische Klinik, welche von Zwangsjacken, Ent-
mündigung und Weggeschlossen-Sein, geprägt sind. Diese Ängste und falsche Vorstellungen
zu überwinden, stellen ein Hindernis für den Beginn der stationären Depressionsbehandlung
dar, wenngleich dieser Schritt unerlässlich für die Entscheidungsfindung hin zu einem Klini-
kaufenthalt ist. (Müller-Rörich u. a., 2013, S. 117) Für das stationäre Behandlungssetting lässt
sich die Psychiatrie, eine psychiatrische Abteilung oder eine Depressionsstation nennen
(Wolfersdorf, 2011, S. 72).
Die stationäre Depressionsbehandlung am Beispiel einer Depressionsstation besteht klassi-
scherweise aus Maßnahmen der Psychotherapie, der körperbezogenen Therapie und dem so-
zialtherapeutischen Ansatz. Die Psychotherapie setzt den Fokus auf Gesprächs-, Familien- und
Verhaltenstherapie im Einzel- oder Gruppengespräch. Inhalte der körperbezogenen Therapie
sind beispielsweise die Vergabe von Medikamenten, Bewegungs- oder Lichttherapie, sowie
Schlafentzug. Dem sozialtherapeutischen Ansatz lassen sich die Angehörigenarbeit, die Nach-
sorge, verschiedene Beratungsangebote und die Ergotherapie zuordnen. Die Basis dieser The-
rapie bildet eine stationäre Atmosphäre, welche gezeichnet ist von Empathie, Aktivierung und
Tagesstruktur. Neben dem Genannten hat das soziale Netzwerk, bestehend aus beispiels-
weise Laienhelfer, Selbsthilfegruppen, Gemeinde, Pfarrer, Hausärzte und mehr, einen hohen
Stellenwert. (Wolfersdorf, 2011, S. 134 f) Nach SELIGMAN ist die Depression in der heutigen Zeit
ein aktuelles Problem. Die Problematik wird durch die Überflussgesellschaft begünstigt und
gefördert, da viele Menschen nur selten Belohnung als Folge von harter Arbeit erleben. Die
Erfahrung, die Welt durch eigene Aktivitäten verändern zu können, fehlt ebenso oftmals.
(Seligman, 2016, S. 93 f)
Diese Arbeit wird sich im Folgenden mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit die stationäre
Depressionsbehandlung durch den Ausbau der ambulanten Depressionsbehandlung und -ver-
sorgung verkürzt werden kann. Das zweite Kapitel widmet sich der Darstellung des theoreti-
schen und empirischen Hintergrundes der Fragestellung, woraus eine Hypothese mit Bezug
zur Fragestellung formuliert wird. Im Fokus des dritten Kapitels stehen Methoden und Ergeb-
nisse einer experimentellen Studie, welche zur Überprüfung der Hypothese herangezogen
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