6. Arbeitsmarkt und berufliche Bildung
1. Bildungsökonomische Perspektiven
1.1 Bildung und Wirtschaftsentwicklung
Es gibt verschiedene Wachstumstheorien, die sich bspw. fragen
wie Wirtschaftswachstum zustande kommt oder was nun Bildung mit Wirtschaftswachstum zu tun hat…
„neoklassisches“ Wachstumsmodell
— entwickelt von Ökonom Robert Solow in den 1950er Jahren
— hier kommt es zur Erklärung von Unterschieden des langfristigen Wirtschaftswachstums verschiedener
Volkswirtschaften und zwar durch Unterschiede in Kapitalausstattung, Arbeitseinsatz und Technik
(vgl. SB, KE 6, S. 10)
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— Kapitalausstattung = Erhöhung des Einsatzes von Kapital
werden
— Arbeitseinsatz = Erhöhung der Arbeitsstunden pro Woche oder Erhöhung der Arbeitskräfte
exogen
— technischer Fortschritt = bessere Prozesse oder Produkte bestimmt
Somit sind technischer Fortschritt und Arbeitskräftewachstum wichtige Wachstumsmotoren der Neoklassik;
im neoklassischen Wachstumsmodell beschäftigt man sich mit den Auswirkungen des technischen Fortschritts
„endogenes“ Wachstumsmodell
— entstand nach Kritik am neoklassischen Modell in den 1980er Jahren
— mit endogenem Modell soll gezeigt werden, dass Wirtschaftswachstum durch Humankapitalakkumulation
entsteht (Romer, 1986) und durch Investitionen in „Produktion“ neuer Technologien (Grundlach, 2001)
— innovatives Wissen kann von anderen Wirtschaftsakteuren übernommen werden und
diese wiederum entwickleln neue Innovationen. Man spricht dann auch von externen Effekten,
die den Wachstumsprozess fördern
Je höher das gesamtwirtschaftliche Humankapital, desto stärker die externen Effekte
— mit diesem Modell lassen sich auch Entwicklungsunterschiede zwischen reichen und armen Ländern erklären
Somit beeinflussen also Investitionen in Humankapital die wirtschaftliche Entwicklung positiv;
im endogenen Wachstumsmodell beschäftigt man sich mit den Ursachen des technischen Fortschritts
Bildungspolitik als Instrument der Wirtschaftspolitik
— internationale Organisationen wie OECD, Weltbank, UNESCO, EU
sehen die Bildung als wichtigstes Instrument für Wirtschaftswachstum an
— z.B. Auf- und Ausbau von Bildungsstrukturen soll primär der wirtschaftlichen Entwicklung dienen
positive Effekte der Humankapitalinvestitionen sind empirisch schwierig nachzuweisen,
denn weder Erfolge noch Krisen der Wirtschaft sind einer einzigen Ursache zuzuschreiben
, 6. Arbeitsmarkt und berufliche Bildung
1. Bildungsökonomische Perspektiven
1.2 Berufsbildung in der Entwicklungszusammenarbeit
Endogene Wachstumstheorie wird für internationale Entwicklungszusammenarbeit genutzt:
man versuchte Entwicklungsländer in Industrie- und Dienstleistungsökonomien umzuwandeln -
dazu sollten sie die selben Transformationsprozesse durchlaufen wie die westlichen Volkswirtschaften
und das bestehende Wissen der Industrieländer für sich nutzen = „nachholende Industrialisierung“
keine „flächendeckenden“ Erworbene Kompetenzen in
Angebot an
Berufsbildungssysteme, Schuleinrichtungen kaum Ausbildungsplätzen nur so
die in Beziehung praxisbezogen und kaum groß wie auch benötigt wird
zueinander gesetzt werden nützlich auf dem Arbeitsmarkt
Formale Zertifikate als wichtigste
Gesellschaftliche Zuweisungsmechanismen für berufliche und
Erweiterung der Polarisierung der Geringschätzung gesellschaftliche Position
Erwerbs- und Lebenschancen körperlicher und
zwischen Niedrigqualifizierten und handwerklicher Eher Verlagerung der Schülerströme in
Hochqualifizierten Arbeit weiterführende Sekundarschulen und somit
Marginalisierung beruflicher Erstausbildung
Bildung als Standortfaktor:
Bildung und Berufsbildung = ökonomische Standortfaktoren, die auch einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum,
zum technischen Fortschritt & zur internationalen Konkurrenzfähigkeit auf Weltmärkten beitragen
Wirtschaftlicher Erfolg steht in Zusammenhang mit Inhalten und Strukturen des Bildungssystems sowie Qualifikationsstruktur der Erwerbstätigen
Deutsche Berufsbildungszusammenarbeit: Duales System als „best practice“
Deutschland = wichtigster bilateraler Geber/Entwicklungshelfer bei staatlichen Entscheidungen orientiert man
in beruflicher Bildung sich am effizientesten Modell und versucht
eigene Institutionen nach dessen Eigenschaften
Berufsbildungszusammenarbeit zielt auf Übertragung und Regeln neu zu regeln (vgl. SB, KE 6, S. 14)
des deutschen Systems dualer Berufsausbildung ab
seit einigen Jahren duales System der
Großes Interesse am „Import“ des dualen Systems Berufsausbildung als „best practice“ - Modell
der Berufsausbildung
Einrichtung einer Zentralstelle für internationale
Bewertung nationaler Berufsbildungsstrukturen anhand
Berufsbildungskooperation ‚GOVET‘ 2013:
des Ausmaßes der Jugendarbeitslosigkeit
auch zur Förderung des Exports von deutschen
Bildungsdienstleistungen und Begleitung von
in Ländern mit dualer Struktur der Berufsausbildung
Reformen in anderen Ländern
eher niedrige Jugendarbeitslosenquote
Unterschiedliche Arbeitskräftemuster:
Standards und Zertifikate:
Bisher jedoch keine Transformation der Bildungsstrukturen
Für mehr Mobilität der Arbeitnehmer*innen sind
durch „Import“ des dualen Systems gelungen:
überbetrieblicher Qualifikationsstandards
Aus Gründen wie hohe Komplexität des Zusammenhangs von und erhöhte Transparenz, Durchlässigkeit und
Bildung und Beschäftigung oder keine Definition geeigneter Chancengerechtigkeit notwendig
Analysekategorien zur eigenen Problembeschreibung
Zertifikate als Voraussetzung für
zu unterschiedliche Arbeitskräftemuster: Zugang zu bestimmten Arbeitsplätzen und als
die meisten Länder kennen Qualifikationstypus „Facharbeiter“ nicht, Tauschmittel auf dem Arbeitsmarkt
sondern orientieren sich am Konzept „training on the job“ bei der
jedoch kein Bezug zu externen Arbeitsmärkten besteht
nur beschränkte Erfolge der Berufsausbildungszusammenarbeit und kein allgemein gültiges Paradigma,
wie Berufsbildung zur wirtschaftlichen Entwicklung beiträgt
, 6. Arbeitsmarkt und berufliche Bildung
2. Bildung und Beschäftigung
2.1 Bildung als Investition: Humankapitaltheorie
Humankapitaltheorie: Bildung und Wissenschaft als Grundlage für Wirtschaftswachstum bzw. Wirtschaftserfolg
Humankapitaltheorie
Bildungsaktivitäten erzeugen Kosten
Bildungsmaßnahmen verändern
Kompetenzen der Lernenden
Bildungskosten = Investitionen in Humankapital
Steigerung der Leistungsfähigkeit
Steigerung des menschlichen Leistungsvermögens
somit auch Steigerung der
Arbeitsproduktivität durch Einsatz des Leistungsvermögens = höhere Erträge
Dadurch höhere Bewertung der Arbeitskraft Bildungsaktivitäten erzeugen also auch Erträge
und auch entsprechend höhere Entgeltung
Bildung und ihre ökonomische Verwertbarkeit Bildung und ihr Nutzen
• Investitionen in Humankapital haben • Individuen:
positive Effekte auf Wirtschaftswachstum Einkommenszuwachs und Nutzensteigerung
im Sinne höherer Arbeitsmotivation und
• aber es besteht ein Problem der Messbarkeit -zufriedenheit; Optionen auf Aufstieg usw.
dieser einzelnen Effekte
• Betriebe:
• Beurteilung der Effizienz der Investitionen in besseres Arbeitsklima;
Humankapital durch Erfassung der Kosten verbesserte Arbeitsorganisationsmöglichkeiten;
und Wirkungen der Bildungsaktivitäten höhere Produktions- und Produktqualität usw.
• in der Gesellschaft:
dies ist jedoch nicht immer Zuwachs gesamtgesellschaftlicher Leistung;
perfekt auf die Realität quantitative und qualitative Auswirkungen
übertragbar und daher auf Arbeitsmarkt usw.
fordern manche
Bildungsökonomen dazu
Messung der Ertragsraten/ Ertragsratenansatz der Humankapitalrechnung
auf, ein Gleichgewicht
zwischen Angebot und
d
Nachfrage nach • Senkung der Verzinsung von privaten und öffentlichen Bildungsausgaben im Einkommen der
Qualifikationen zu fördern, Absolvent*innen unter Niveau der typischen Kapitalverzinsung = Überinvestition in Bildung
in dem öffentliche
Finanzierung durch private • Steigerung der Verzinsung von privaten und öffentlichen Bildungsausgaben im Einkommen der
Finanzierung der Lernenden Absolvent*innen unter Niveau der typischen Kapitalverzinsung = Mangel an höherer Bildung
ersetzt werden soll
positiver Zusammenhang zwischen Bildungsinvestitionen und Produktivitätssteigerung eindeutig bei
Selbstständigen und Management zu erkennen, jedoch nicht eindeutig bei Industriearbeitern aufgrund beschränkter
Entscheidungsbefugnissen und Handlungsspielräumen der betrieblichen Arbeitsplatzstrukturen (vgl. Carnoy 1995)
„Bildung und Ausbildung können nur dann einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Arbeitsproduktivität leisten,
wenn das Potenzial zur Entfaltung von Kompetenzen nicht durch Strukturen behindert wird.“ (SB, KE 6, S. 19)
Finanzierung und Vermarktbarkeit je größer betriebliche Bildungsinvestitionen, desto höher auch das
beruflicher Qualifikationen Interesse einer Bindung des Individuums an den Betrieb
(vgl. SB, KE 6, S. 20)
betriebsspezifische Qualifikationen: keine Nachfrage
und Verwertbarkeit außerhalb des Betriebes G.Becker ist der Ansicht, Finanzierung überbetrieblich verwertbarer
Berufsbildung müsse durch Beschäftigte selbst erfolgen, wenn
betriebsübergreifende Qualifikationen: Nachfrage rational kalkulierender Betrieb nicht bereit dazu wäre.
und Verwertbarkeit auch außerhalb des Betriebes,
aber Risiko des Investitionsverlusts mehr Nachteile als Vorteile eines ausschließlich an
Marktgesetzen orientiertes, rationales Unternehmerverhalten
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