KUNST
Abitur 2023
, I. Abbild & Idee
• Abbild
▪ zielt auf: alles gegenständlich Sichtbare: Mensch, Ding, Raum, Landschaft
▪ meint die bildnerische Umsetzung und damit Deutung/ Sichtbarmachung/ Verwandlung von sichtbarer
Wirklichkeit
▪ Synonyme: Modell, Reproduktion, Entsprechung, Wiedergabe, Gestalt, Darstellung, Bildwerk, Ansicht
• Idee
▪ zielt auf: Gehalt, geistesgeschichtlichen Hintergrund, Darstellungsmodus, Intentionen, Verfasstheit des
Künstlers, Biografische Prägungen, Philosophie & Ästhetik, Einflüsse, Epochenspezifik
▪ Synonyme: (Leit-) Gedanke, Vorstellung, Impuls, Inspiration, Bedeutung, Imagination, Grundgerüst
Niederländische Barockstillleben
• ca. 1600 – 1730
• Gegenstand als Weltvertreter für barockes Weltbild
• Form:
▪ sinnlich – anschauliche Darstellung irdischer Güter zentral
▪ illusionistisch verführerische Darstellung (≠ wissenschaftlicher Blick der Renaissance)
▪ Preziose Materialität & sinnlich – haptische Stofflichkeit
kostbare Farbigkeit & überwältigender Glanz
=> überhöhen Gegenstände & deren Darstellung
▪ Komposition, täuschend illusionistische Malerei, Lesbarkeit Bildgegenstände => Aktivierung Betrachter
▪ Komposition nah am Betrachter, nach hinten begrenzt & konzentriert sich auf Gegenstände + Präsentation
▪ lebensgroße Wiedergabe, naturalistische Feinmalerei + lebendig dynamische Anordnung = Täuschung
(Stillleben i.d.R. nicht nach Natur gemalt)
▪ Spezialisierung auf bestimmte Gattungen & Motive (Markt regelt Nachfrage)
• Inhalt:
▪ verkörpern sinnbildlich religiös-moralische/ gesellschaftliche Werte
▪ mahnen, belehren, veranschaulichen, repräsentieren Weltverständnis
(bindet Menschen als selbstständigen Akteur ein)
▪ richtete sich an bürgerliche/ höfische Kundschaft, die aus Neugier, Freude an sinnlicher Täuschung oder
Repräsentationsbedürfnis von Wohlstand ein Stillleben in Auftrag gab
▪ entstand in Zeiten des Umsturzes (Religionskriege), Erstarkung des Bürgertums, Welteroberung durch
Welthandel
=> Stillleben dient zur augenscheinlichen Vergewisserung der eigenen Werte
,• Farbe
▪ Einbettung aller Farben in tonigen Grund: statt isolierte Form einzelner Gegenstände farbig zu gestalten
(Polychromie), entwickelt sich die Form aus der Farbe (Kolorismus)
▪ Formgrenzen lösen sich auf und fügen sich im Gefüge aus Licht & Schatten zu malerischer Bildeinheit zsm.
▪ Farbwahl von harmonischem Farbklang bestimmt (Wirkung: einheitlich & zugleich kontrastreiche
Beziehung der Gegenstände)
▪ „monochrom“: Farbzusammenstellung bei der einzelner Farbe eine das Werk beherrschende Bedeutung
zukommt (Basisfarbe = Grün, Braun, Grau) , Ergänzung durch Nuancen
▪ exakte Wiedergabe der optischen Erscheinung
▪ besondere Licht-, Farbverhältnisse
▪ effektiv eingesetzte Lichtreflexe auf Gegenständen: edles Material glänzender Kostbarkeiten hervorheben
▪ naturalistische Feinmalerei & Gegenstandfarbe in feinsten Farbabstufungen und -nuancen, verbunden mit
ausgefeilter Lasurtechnik
• Arbeitsprozess & Malweise
▪ Trompe l‘oeil:
◦ augentäuschende, illusionistische DArstellung
◦ Freunde an Inszenierung privater Augenblicke
◦ Moment äußerster Lebendigkeit & Illusion wird vermittelt
◦ durch Lichtgestaltung tageszeitlich genau datierbar
◦ Moment für Ewigkeit festgehalten (Gestaltung ist sinnbildlich)
◦ je genauer die Oberfläche der Welt gezeigt werden kann, umso tiefgründiger
◦ technische Mittel: Malstock
◦ Motiv „sich im Licht brechende Glasscheibe“: dahinter erscheinen Gegenstände noch plastischer
• Duktus
▪ Einerseits: Farbauftrag imitiert unterschiedliche samtige, gläserne reflektierende
Oberflächenbeschaffenheit der Gegenstände in ihrer sinnlichen Beschaffenheit
▪ Andererseits: bewusst eingesetzter, die perfekte Illusion vermittelnder Farbauftrag weist auf
Vergänglichkeit irdischer Fertigkeiten hin
▪ nördliche Niederlande: freier, breiter Duktus, der die Formen der Gegenstände modelliert, statt so
detailreich
▪ Pastos wird zügig & à la prima die Farbe reliefartig aufgetragen
• Fläche – Raum
▪ Zentralperspektive = öffnet Blick in imaginären Tiefenraum
▪ barocke Stillleben: flächige, nah an Betrachter herangerückte Anordnung = Blick in Bildtiefe verbaut
▪ oft soll vordere Bildgrenze überwunden werden & und Stillleben werden im Betrachterraum erweitert
▪ illusionistische Mittel, um Bildmotive zum Teil der Bettachterrealität zu machen
(z.B. über Tisch hinausragende Elemente in imaginären Raum zwischen Betrachter & Bild)
▪ Spiegelungen, um Bildraum mit Betrachterraum zu verbinden (z.B. in Glaskugeln)
=> Korrespondenz zwischen Bild & Betrachter entsteht
, • Komposition
▪ Gegenstände meist nahe am vorderen Bildrand auf parallel zur Bildfläche erscheinenden Tisch vor
flachem, unscheinbarem Hintergrund
▪ Betrachter rückt mehr auf Augenhöhe (früher: klare Ordnung, wenig Überschneidung, Perspektive oben)
▪ ausgewählte Objekte bilden keine konkrete Zusammenstellung ab (subjektiver Zusammenhang)
▪ Richtungen, Überschneidungen, Schatten: Betrachterblick wird ins Bild, hindurch, wieder zurück geführt
• geistige Konzeption
▪ barockes Stillleben: eigenständige, aber Rangniedrigste Gattung
▪ Blütezeit 17. Jhd. hängt mit wirtschaftlichem Aufschwung der Niederlande & erstarktem Bürgertum zsm.
▪ Spiegeln Weltanschauung wider & Ausdruck bürgerl. Selbstbewusstseins & humanistischer Gelehrsamkeit
▪ Vorstellung verborgener Dinge verlockend → nie nur wörtliche Bedeutungsebene
▪ Freude an naturnaher/ illusionistischer Darstellung & Dinge als Hinweise auf geistig-moralische Inhalte
Vanitas-Stillleben im Niederländischen Barock
• Vanitas – Motiv = Vergänglichkeitsmotiv, lat.: „Eitelkeit“
• Vanitas Stillleben: Stillleben mit symbolischen Objekten, das eine Botschaft über die Vergänglichkeit des irdischen
Lebens im Gegensatz zur Beständigkeit christlicher Werte vermittelt
• Auswahl von Gegenständen der bürgerlichen Wirklichkeit: Luxusgüter, Vanitas Symbole, alltägliche Dinge
• Entdeckung der Schönheit der sichtbaren Erscheinungen wie Licht, Stofflichkeit, Komposition, Farben (Begeisterung
für die Illusion von Wirklichkeit in Bild)
• Illusionismus ist nicht Selbstzweck, sondern eine Referenz auf den eigenen Status, eigene Religiosität, bürgerlich-
politische Gesinnung (hatte moralische Botschaft)
Symbole (Vanitas und Memento-Mori)
• Leere Formen: Bild selbst ist „leer“ (leere Formen innerhalb des Bildes)
• Schädel, Masken, Spiegel/ Schatten (zeigen nur äußerliche Form des Gespiegelten & Eitelkeit)
• Leeres Glas, Schneckengehäuse (Überbleibsel eins lebendiger Tiere), Machtinsignien, Ruinen, Fragmente,
Luxusgüter (Streben nach materiellem Reichtum)
• Uhren, Blumen/ Blätter/ Zweige (Vitalität & Lebenskraft, Blühendes zum Verwelken verurteilt & vergänglich,
Vermittlung Duft der Blumen), Früchte
• Tulpen (um 1630 Boom in Holland: vielen wurden damit reich)
• Mäuse, Ratten, Eidechsen, Fliege, Spinne (tote Tiere)
• Konfekt, Zitrone, Süßes
• Kerze (brennt: Sinnbild für Materie & Geist, Flamme = menschliche Seele, Verlöschen = Tod), Rauch
• Zerbrochenes Glas/ Geschirr
• abgebildete Bilder/ Statuen (abgebildetes kann nicht lebendig wiedergegeben werden)
• Musikinstrumente, Musiknoten, Spielkarten, Würfel, Bücher, Verträge, Kalender, Pläne, Landkarten, Weltkugeln,
Antiquitäten (irdisches Wissen & Streben: vergänglich)
Symbole der Überwindung des Todes
• Fisch, Kelch, Raupe, Schmetterling, Nelke, Salz, Ei, Perle (christliches Symbol, Auferstehung)