2D LE 3: Soziale Ungleichheit - Ein Überblick über ältere und neuere Ansätze
1. Einleitung
Soziale Ungleichheit versteht sich als die ungleiche Verteilung von Lebenschancen wie z.B.
ein höheres oder niedrigeres Einkommen oder ungleich verteilte Chancen je nach Geschlecht
Soziale Ungleichheit ist ein veränderbares Konstrukt, d.h. Ungleichheit ist nicht natürlich,
sondern durch Menschen formbar und veränderbar
Definition aus dem Lexikon zur Soziologie:
soziale Ungleichheit sei jede Art verschiedener Möglichkeiten der Teilhabe an Gesellschaft
bzw. der Verfügung über gesellschaftlich relevante Ressourcen (Krause 2007: 686)
Soziale Ungleichheit ist abhängig von der historischen Zeit und kann nie „objektiv“ sein
Ursachen und Merkmale sozialer Ungleichheit variieren im Zeitverlauf und je nach Gesellschaft
(Mehrdimensionalität und Relativität von Ungleichheit)
Damals:
Nicht immer wurde soziale Ungleichheit so gedeutet:
Früher nahm man an, dass Ungleichheit daraus ‚natürlich‘ ist und
Ungleichheit sowie Herrschaftsverhältnisse legitimiert werden können.
z.B. die gottgegebene Ungleichheit in einer Kastengesellschaft oder
ungleiche Verteilung je nach Geburt und Herkunft in der feudalistischen Ständegesellschaft
Leitfragen/Grundfragen der Theorien sozialer Ungleichheit
Ist soziale Ungleichheit ungerecht und muss sie möglichst überwunden werden, oder ist
E
sie mindestens teilweise, unter bestimmten Bedingungen gerecht und sogar notwendig
für das gesellschaftliche Zusammenleben?
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1. Einleitung
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2. Die Entstehung der Klassen- und Schichtmodelle
2.1 Karl Marx: Das „klassische“ Klassenmodell
Karl Marx (1818-1883) sprach von einer „Klassengesellschaft“, in denen es
immer wieder zu Klassenkämpfen kam. Laut Marx waren diese Klassenkämpfe
abhängig von den Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, d.h. die die
Produktionsmittel besitzen herrschten über diejenigen, die keine besitzen.
alleinige Ursache sozialer Ungleichheit = Privateigentum (Besitz oder
Nichtbesitz von Produktionsmitteln)
Marx unterscheidet hierbei vor allem zwei große Klassen, die sich antagonistisch gegenüberstehen:
Bourgeoisie Proletariat
• Besitz von Produktionsmitteln • kein Besitz von Produktionsmitteln
• herrschende Klasse • Verkauf ihrer Arbeitskraft als Ware
• Ausbeutung der Arbeiterklasse • Zunehmende Verelendung
• Gewinn an gesellschaftlicher Macht und • Geringer Lohn
Kapital • soziale & politische Unterdrückung
• die Klasse der Kapitalist*innen • keine Selbstbestimmung
• Entwicklung zu entfremdeten Individuen
-
Klassenkonflikt
objektiver Interessengegensatz besteht darin, dass Bourgeoisie die vorliegenden Verhältnisse bewahren will,
während das Proletariat sie überwinden zu versucht
Es kommt daher zu einem Zusammenschluss des Proletariats, um sich gemeinsam gegen die
Klasse der Bourgeoisie zu stellen (Entwicklung einer Klasse für sich). Die Folge ist eine Revolution
des Proletariats, die die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und die Entstehung
einer klassenlosen Gesellschaft hervorbringt. Somit versteht sich der Klassenkonflikt als Motor des
gesellschaftlichen und sozialen Wandels!
Kritik an Marx‘ Klassenmodell:
• keine eindeutige formale Definition des Klassenbegriffs
• Machtverhältnisse & Phänomene der Lebenslage können nicht nur durch ökonom. Gründe erklärt werden
• Klassenmodell mit nur zwei Hauptklassen ist für die weitere Entwicklung ungenügend aufgrund des
Bestehens „neuer“ Mittelklassen
• außerdem zeigte sich, dass eine klassenlose Gesellschaft nicht realisiert worden ist und es immer noch
Unterdrückung u.ä. besteht
(SB, LE 3, S.13)
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2. Die Entstehung der Klassen- und Schichtmodelle
2.2 Max Weber: Klassen und Stände
Max Weber (1864-1920) entwickelte ein differenziertes,
mehrdimensionales Modell, bei dem er zwischen mehreren
Klassen, Ständen und Parteien unterschied.
Klassen (Produktion)
• „‚Klassenlage‘ ist […] ‚Marktlage‘“ (Weber, 1980: 532)
• zeichnen sich durch Verfügung über Besitz; Erwerb von Gütern
und durch Chancen auf dem Markt aus
Unterscheidung zwischen Besitzklassen; Erwerbsklassen und soziale Klassen:
Besitzklassen: Klassenlage wird durch Besitzunterschiede bestimmt
Erwerbsklassen: Klassenlage wird durch die jeweiligen „Chancen der Marktverwertung von
Gütern und Leistungen“ (Weber, 1983: 177) bestimmt
soziale Klassen: Es kann zwischen den sozialen Klassen gewechselt werden: (soziale Mobilität)
(1) Arbeiterschaft, (2) Kleinbürgertum, (3) Fachgeschulte und besitzlose Angestellte,
(4) Klassen der Besitzenden und durch Bildung Privilegierten
Im Gegensatz zu Marx’ Modell sind hier bei Weber die Klassenlagen und ihre Interessenlagen weitaus vielfältiger und uneindeutiger
Stände (Konsumtion)
• je nach Stand zeigen sich unterschiedliche Lebensführungen
(verschiedene Personenkreise; Befolgen verschiedener Werte je nach Stand; usw.)
• es sind Gemeinschaften, in denen sich Personen nicht zwingend kennen müssen
• Beispiele für Stände: Berufsstände; Geburtsstände oder auch politische Stände
• basiert auf Ehre
Parteien
• Partei = institutionalisierte Interessengruppe
• Handeln ist stets auf soziale Macht gerichtet
• nehmen Einfluss auf Gemeinschaftshandeln
Kritik an Webers Klassenmodell:
geringer Erklärungsbeitrag seines Konzepts wie bspw.:
mangelnde Ursachenhinterfragung oder unzureichende Herstellung eines Zusammenhangs
zw. sozioökonomischen, -kulturellen und -politischen Phänomenen sozialer Ungleichheit
(SB, LE 3, S.18)
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