Vertretenmüssen, Verschulden, Zurechnung
I. Vertretenmüssen, § 276
1. Verschuldensfähigkeit (§276 I 1)
Beachte: Gem. §276 I 2 gelten die §§ 827, 8238 entsprechend
2. Verschuldensformen
a) Vorsatz: Wissen und Wollen des Erfolgs und Bewusstsein der Rechtswidrigkeit
Beachte: Ein Irrtum über Rechtswidrigkeit und auch ein Verbotsirrtum schließen den Vorsatz
aus
b) Fahrlässigkeit: Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 II)
Beachte: Im Verkehr erforderlichen Sorgfalt: Maßstab ist die Sorgfalt, die von einem
Angehörigen der jeweiligen Gruppe in der jeweiligen SituaRon zu erwarten ist (objekRv-
abstrakter Maßstab)
Außerachtlassen: Nichtbeachtung bei Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit des
rechtswidrigen Erfolgs
c) Grobe Fahrlässigkeit: Liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders
schwerem Maße verletzt ist
Kurz: Der Handelnde beachtet nicht, was jedem einleuchten muss
d) Eigenübliche Sorgfalt §277: HaYung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie nach
subjekRvem Maßstab für diejenige Sorgfalt, die dem gewohnheitsmäßigen Verhalten des
Handelnden entspricht
3. HaJungsmaßstab
Beachte: Schädiger haYet grds. für jede Fahrlässigkeit
a) Gesetzliche Beschränkungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit:
Bspe: §§ 300, 521, 599, 680, 968
b) Gesetzliche Beschränkungen auf eigenübliche Sorgfalt
Bspe: §§ 346 III 1 Nr.3, 347 I 2, 690, 708, 1664
c) Vertragliche Beschränkungen, beachte allerdings die Grenzen:
Þ Kein Ausschluss der VorsatzhaYung: §276 III
Þ Kein Ausschluss der HaYung für Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit: § 309
Nr.7a
Þ Kein Ausschluss der HaYung für grobes Verschulden: §309 Nr. 7b
d) Gesetzliche HaJungsverschärfungen
e) Vertragliche HaJungsverschärfungen: GaranRevertrag/Beschaffungsrisikoübernahme:
§276 I 1
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,II. Die Zurechnung über § 278
1. Schuldverhältnis: Vertrag oder Gesetz
2. Handelnder ist gesetzlicher Vertreter oder Erfüllungsgehilfe
Gesetzlicher Vertreter i.S.d. §278 ist, wer aufgrund einer gesetzlichen VorschriY mit Wirkung
für einen anderen handeln kann.
Erfüllungsgehilfen sind Personen, deren Schuldner sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten
bedient (§278 S.1) bzw. Personen, die mit Wissen und wollen des Schuldners in dessen
Gesamtpflichtenkreis täRg wird.
3. Handlung in Erfüllung einer Verbindlichkeit des Schuldners
Die Verletzungshandlung muss in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den
Aufgaben stehen, die der Erfüllungsgehilfe zur Pflichterfüllung des Schuldners übernommen
hat.
Beachte: Nicht ausreichend ist ein Handeln nur „bei Gelegenheit“ der Pflichterfüllung
4. Verschulden des gesetzlichen Vertreters bzw. des Erfüllungsgehilfen
Vor einem etwaigen Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) ist die Verschuldensfähigkeit
des gesetzlichen Vertreters bzw. des Erfüllungsgehilfen zu prüfen.
Beachte: Hinsichtlich des Sorgfalts – und Verschuldensmaßstabs ist auf den Schuldner
abzustellen.
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, Die Unmöglichkeit
I. Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Leistungserbringung, § 275
1. § 275 I
Unmöglichkeit liegt vor, wenn die Leistung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ganz
oder teilweise vom Schuldner ( = Unvermögen) oder von jedermann ( = objekRve
Unmöglichkeit) auf Dauer nicht erbracht werden kann.
Beachte: § 275 I erfasst Fälle, in denen Leistungserbringung absolut nicht mehr möglich ist
Die absolute Unmöglichkeit i.S.d. § 275 I kann auch auf zeitlichen Gründen beruhen =
absolutes FixgeschäJ
= liegt vor, wenn die Einhaltung der Leistungszeit für den Gläubiger so wesentlich ist, dass
eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt.
Keine Unmöglichkeit beim relaRven FixgeschäY (§323 I, II Nr.2, bei Kaufleuten § 376 HGB):
Hier haben Parteien vereinbart, dass der Vertrag aufgrund einer Terminvereinbarung mit der
Einhaltung des Leistungstermins stehen und fallen soll.
Beachte: In § 275 I ist ein einheitlicher Tatbestand für alle Fälle der absoluten Unmöglichkeit
geregelt: anfängliche/nachträgliche/objekRve/subjekRve Unmöglichkeit
Weitere Fälle der Unmöglichkeit nach §275 i:
Der Leistungsgegenstand ist untergegangen bei Galungsschulden, wenn die gesamte
Galung untergegangen ist.
Beachte bei Geldschuld: Schuldner wird von seiner Leistungsverpflichtung nicht durch
Zahlungsunfähigkeit frei, keine Berufung auf § 275
Der Leistungsgegenstand ist untergegangen bei konkreUsierten GaVungsschulden (§ 243 II)
bzw. bei Übergang der Leistungsgefahr durch Annahmeverzug (§ 300 II), wenn der
Gegenstand untergegangen ist, auf den sich die Schuld konkreRsiert hat. Ist ein Driler
Eigentümer bzw. Besitzer der geschuldeten Sache, dann liegt Unmöglichkeit vor, wenn er zur
Herausgabe oder Veräußerung nicht bereit ist.
2. § 275 II
PrakUsche Unmöglichkeit liegt vor, wenn die Leistungserbringung zwar theoreRsch noch
möglich ist, aber einen Aufwand des Schuldners erfordert, der zum Leistungsinteresse des
Gläubigers in grobem Missverhältnis steht.
Beachte: Abgrenzung §275 II zu §313 bei wirtschaYlicher Unmöglichkeit: Liegt bei den
Tatbeständen vor, bei denen die Leistung zwar prakRsch möglich, für den Schuldner aber mit
so erheblichen Aufwendungen verbunden ist, dass sie ihm unzumutbar ist.
Die wirtschaYliche Unmöglichkeit ist nach den Regeln der Störung der GeschäYsgrundlage
§313 zu behandeln (str.)
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