Ausführliche Analyse von „Faust Teil 1“ (Reclam)
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Hauptfiguren
Heinrich Faust: Faust ist ein Gelehrter, dessen unstillbarer Wissensdurst und innere Zerrissenheit ihn
dazu treiben, einen Pakt mit dem Teufel einzugehen. Sein Charakter repräsentiert den modernen
Menschen, der nach tieferem Sinn und Erfüllung sucht, dabei jedoch moralische Grenzen
überschreitet.
Faust ist ein Gelehrter, dessen umfassendes Wissen und akademische Erfolge ihn nicht
zufriedenstellen. Er hat viele Disziplinen studiert – Theologie, Jura, Medizin und Philosophie –, fühlt sich
jedoch trotz seines umfangreichen Wissens leer und unerfüllt. Sein Streben nach tiefster Erkenntnis
und Wahrheit führt ihn zu einem Punkt der Verzweiflung, an dem er bereit ist, sein Leben zu beenden.
Diese innere Leere und die Unfähigkeit, eine tiefere Bedeutung im Leben zu finden, treiben Faust in die
Arme des Teufels.
Fausts Charakter ist geprägt von einer tiefen Zerrissenheit zwischen seinem intellektuellen Streben und
den begrenzten Möglichkeiten des menschlichen Daseins. Er sehnt sich nach einem umfassenderen
Verständnis und einem erfüllteren Leben, aber seine Versuche, diese Sehnsucht zu befriedigen, führen
ihn oft in moralisch fragwürdige Situationen. Diese Zerrissenheit zeigt sich in seinen Reflexionen über
das Leben und den Tod, Wissen und Unwissenheit, sowie seine Beziehung zu Gretchen, die von Liebe,
aber auch von Manipulation und Egoismus geprägt ist.
Fausts Beziehung zu Gretchen ist ein zentraler Aspekt seiner Charakterentwicklung. Durch
Mephistopheles' Einfluss verführt Faust Gretchen, was zu ihrem moralischen und physischen
Niedergang führt. Faust ist sich der zerstörerischen Auswirkungen seiner Handlungen bewusst, jedoch
ist sein Streben nach persönlicher Erfüllung stärker als seine moralischen Bedenken. Er zeigt sowohl
Anzeichen von Reue als auch von Verzweiflung, insbesondere als Gretchens Schicksal besiegelt ist.
Faust kann als Symbol für den modernen Menschen gesehen werden, der nach Wissen und Erfüllung
strebt, aber oft die moralischen Konsequenzen seiner Handlungen außer Acht lässt. Seine Suche nach
Sinn und seine Bereitschaft, dafür extreme Risiken einzugehen, spiegeln die Herausforderungen und
Widersprüche der modernen Existenz wider.
Mephistopheles: Mephistopheles ist zynisch, spöttisch und stellt die dunkle Seite menschlicher Natur
und Begierden dar. Mephistopheles, oft kurz Mephisto genannt, ist der Teufel und der Antagonist des
Stücks. Er erscheint zunächst als ein selbstbewusster, zynischer und spöttischer Charakter, der sich
über menschliche Schwächen lustig macht und deren moralische Mängel ausnutzt. Sein Ziel ist es,
Faust zu verführen und seine Seele zu gewinnen, was er mit geschickter Manipulation und Versuchung
versucht zu erreichen. Mephistopheles ist ein Meister der Täuschung und Verführung. Er nutzt Fausts
Unzufriedenheit und Verzweiflung aus, um ihn in einen Pakt zu locken, bei dem er Fausts Wünsche
erfüllt, im Austausch für Fausts Seele. Er ist ein Gestaltwandler, der verschiedene Rollen annimmt, um
seine Ziele zu erreichen. Seine Fähigkeit, sich an jede Situation anzupassen und die Schwächen seiner
Opfer zu erkennen, macht ihn zu einer gefährlichen und effektiven Macht.
Mephistopheles verkörpert Zynismus und Nihilismus. Er glaubt nicht an das Gute im Menschen und
sieht das Leben als sinnlos und voller Enttäuschungen. Sein Zynismus zeigt sich in seiner spöttischen
Art und seinen Bemerkungen über menschliche Bestrebungen und Ideale. Er sieht sich als das
Gegenprinzip zum göttlichen Schöpfungsdrang, indem er die destruktiven und entropischen Aspekte
des Universums repräsentiert.
, Die Beziehung zwischen Mephistopheles und Faust ist komplex und ambivalent. Mephistopheles dient
Faust, indem er seine Wünsche erfüllt und ihm neue Erfahrungen ermöglicht, doch dies geschieht stets
mit dem Ziel, Fausts Seele zu gewinnen. Trotz seiner bösartigen Absichten zeigt Mephistopheles eine
gewisse Faszination und sogar eine Form von Respekt für Fausts unermüdliches Streben nach Wissen
und Erfüllung. Diese Beziehung ist geprägt von einem ständigen Machtkampf und gegenseitiger
Abhängigkeit.
Mephistopheles repräsentiert das Böse und die Versuchung in der Welt. Er ist der Gegenpol zu den
göttlichen Kräften und verkörpert die dunklen Seiten der menschlichen Natur. Sein Charakter stellt die
ständige Versuchung und die moralischen Prüfungen dar, denen Menschen ausgesetzt sind.
Gretchen (Margarete): Ein junges, unschuldiges Mädchen, das durch Fausts Verführung und die
daraus resultierenden Ereignisse tragisch endet. Sie verkörpert Reinheit und Opferbereitschaft, aber
auch die zerstörerischen Auswirkungen von Fausts egoistischen Handlungen.
Marthe Schwerdtlein: Gretchens Nachbarin, die eine Rolle bei der Anbahnung der Beziehung
zwischen Faust und Gretchen spielt. Sie repräsentiert die bürgerliche Gesellschaft und deren Normen.
Valentin: Gretchens Bruder, der als Soldat dient. Er wird durch Fausts und Mephistopheles’
Machenschaften getötet, was die Tragödie von Gretchen weiter vertieft.
Wichtige Motive
Der Pakt mit dem Teufel: Fausts Abkommen mit Mephistopheles ist zentral für das Stück und spiegelt
die ewige menschliche Suche nach Macht, Wissen und Erfüllung wider, oft um den Preis der eigenen
Seele.
Streben und Erkenntnis: Fausts Streben nach höherem Wissen und Verständnis symbolisiert den
menschlichen Drang, über die irdischen Begrenzungen hinauszuwachsen. Dieses Motiv zieht sich
durch das gesamte Werk und stellt die Frage nach den Grenzen menschlicher Erkenntnis.
Liebe und Verführung: Die Beziehung zwischen Faust und Gretchen zeigt die zerstörerische Kraft der
Begierde und die moralischen Konsequenzen von Verführung und Manipulation.
Erlösung und Verdammnis: Das Motiv der Erlösung ist besonders in Gretchens Charakter ausgeprägt,
deren Schicksal am Ende des Stücks auf ihre spirituelle Rettung hinweist, trotz ihrer irdischen
Verfehlungen.