SOZIOLOGISCHE THEORIEN
SoSe 2024
Vorgeschichte der Soziologie
• Industrialisierung, pol. Revolutionen, Aufklärung (Ablösung Gott)
• allg. Problem: Ordnungsbildung (Menschen müssen erwartbar, orientierend handeln)
• Soziologische Theorien versuchen Bedingungen anhand des Eigensinns zu benennen -> Regelmäßigkeiten zu
erkennen
Vorsoziologische Philosophie: Gesellschaft als Staat
• Staat = pol. Raum bei fehlender Ordnung
• geistige Einheit
• freie Entfaltung im Zsmhang/Widerspruch mit Gesellschaft
• Koordination = Versöhnung von Freiheit und Zwang
• offen bleibt: Entstehung (= wäre soziologische Frage)
Soziologie: Problem der Handlungskoordination
• Handlungskoordination zur Schaffung sozialer Ordnung
• nicht nur pol. Bedingt
• Rousseau (18.Jh.): halten an Konvention, dass es Besitz gibt in allen gesellsch. Situationen
• soz. Ordnung ermöglicht durch Handlungskoordination:
• -> versöhnt Wille des Einzelnen mit allgemeinem; Orientierung an Scrips (Hegel, Marx untersch.)
• -> Rollenübernahme ohne Zwang/Herrschaft
• -> Handlung nur wenn Alternativen (Aristoteles)
Nutzen von Theorien
• Definieren von Gegenständen (zB. Mensch) -> Wissenschaft fängt an
• untersch. Theorien -> untersch. Gegenstandsproduktion
• Annahmen überprüfen
• theoretische Annahmen kontrollieren, kritisieren, neu justieren
• Gegenstandskonstitutionen = Muster/Ähnlichkeiten erkennen (durch Vergleiche)
• Anfertigung abstrahierender Beschreibungen
• -> Entstehung von Fakten
• → Beschreibungen/Denkmodelle -> Vorannahmen -> Theorien -> (soziologische) Fakten/wissenschaftl. Satz
Emile Durkheim
• „Der Einzelne wird von der Gesamtheit hingerissen“, aber nicht determiniert (riesen Handlungsspielräume
vorhanden -> da liegt eig. Problem, da Orientierung nötig)
• Kollektivität = Kraft, die alle im selben Sinn bewegt; nicht sichtbar, sondern nur Gleichförmigkeit -> anderes
Verhalten sichtbar an Abweichungen von Gleichförmigkeit
o -> SOZ interessiert sich für das Eigenleben des Kollektiven
o Man untersucht nicht die Idee, sondern empirische Vielfalt, in der etwas sichtbar wird
o -> Möglichkeit von der Abweichung lässt Kollektiv entstehen/sichtbar werden
o = Äußere Kraft steuert inneres Verhalten, etwas zu tun, was alle tun
-> Kraft der Gesellschaft an uns selbst spürbar (zB. Schamgrenze)
o einheitlicher Zwang
o -> beobachtbar an Regelmäßigkeiten
o = Gegenstand
o -> schwieriger abzuweichen als sich kollektiv zu verhalten
o Ordnung/Gesellschaft wird uns ausgezwungen durch allgemeinen Zwang (in Recht, Sitte, Mode, …)
(zB. Einstellung zu Homosexualität, ethische Pluralität, Bedeutung von Geschlechterrollen gewandelt ->
Veränderung selbst hat unabhängiges Eigenleben, was Personen sie dazu bringt, sich zu verändern)
, o Unglaubliche Erwartbarkeit im Hinblick auf Verhalten von Personengruppen (zB. Hörsaal: Kollektiv
während Covid Maske tragen, still sitzen)
• soziale Arbeitsteilung: als soziologischer Tatbestand
o ersetzt Kollektivbewusstsein
o moderne Gesellschaft: mit Spezialisierung auf Berufsgruppen; weniger Kollektivbewusstsein
o autonomeres Individuum abhängig von Gesellschaft (=Solidarität):
-> Entscheidungen nur, wenn andere Entscheidung möglich
-> deutlich werden der Gesellschaft als Zwangsmechanismus
o = Handlungskoordination, Kooperationsbedarf, Abhängigkeit, Solidaritätsbedarf
o löst Ähnlichkeiten (=gleiches festgelegtes, angepasstes Verhalten ohne Nachdenken) ab
= mechanische Solidarität → organische Solidarität=Arbeitsteilung
-> organische bezieht Menschen viel stärker aufeinander als mechanische
o Steigerung von Individualität + Integration
o Regeln der Arbeitsteilung drücken kulturell unterschiedlich Idee der „sozialen Solidarität“ aus
o enthält auch Gedanke der Differenzierungstheorie: moderne Gesellschaft besteht aus unterschiedlichen
Teilen, die aufeinander bezogen sein müssen
• Kollektivbewusstsein (=wir wissen, dass wir Ähnliches tun) löst sich trotzdem nicht auf
-> neues Kollektivbewusstsein entwickelt durch Arbeitsteilung (Vertrauen auf gegenseitige
Arbeitsteilung)
-> Kollektivbewusstsein teilweise abgelöst durch Arbeitsteilung als neue Moral (kollektive Idee)
-> Differenzierungstheorie: mod. Gesellsch. besteht aus untersch. Teilen, welche aufeinander bezogen
sind
(Steigerung von Individualität + Integration/Solidaritä)
• Soziales als Ding: ohne kulturell geformte Ideen (konkrete Selbstbeschreibungen von Kulturen) werden Regeln zu
Dingen/dem Gegebenen
o Durkheim möchte Distanz zu Dingen aufbauen -> Normen werden gebraucht zur Ordnungsbildung
o Ding = nicht abstrakte Gegenstände
• SOZ als Moralwissenschaft:
-> laizistische Moral soll anstatt Religion
-> Durkheim: Nationalstaat setzt Bedingungen dieser neuen Moral (franz. Revolution)
• Grobzsmfassung:
o Menschheit entwickelte sich aus kleinen, homogenen Gemeinschaften zu großen komplexen
Gesellschaften
o → in traditioneller Gesellschaft schufen Religion, Kultur ein kollektives Bewusstsein, das Solidarität
stiftet
o → in moderner Gesellschaft bringt Arbeitsteilung eine zunehmende Spezialisierung mit sich, damit
Fokussierung auf Individuum, statt auf Kollektiv
o → Solidarität entsteht aus der gegenseitigen Abhängigkeit von Individuen mit speziellen Aufgaben
Max Weber
• Entwickler der verstehenden Soziologie
• Soziales Handeln = Art, Weise, wie Menschen in der Gesellschaft agieren
-> Subjektiv; musste vor Hintergrund der subjektiven Werte, die Menschen mit ihren Aktionen verbanden,
interpretiert werden
• Untersuchung individueller Erfahrung
• Soziales muss man zuerst verstehen: Nomothetisch (orientiert an Aufstellung allg. Gesetze), idiographisch
(orientiert an konkreten Einzelfällen)
• Handeln:
Handelnden verbindet mit Verhalten einen subjektiven Sinn, der auf andere bezogen ist:
o Dem eigenen Verhalten werden Motive/subj. Sinn unterstellt (Verhalten= unbewusst)
-> nur unterstellen, da nie eindeutig, was Handeln bedeutet
o Vorstellungen (=Sinn) orientieren sich an Vorstellungen anderer
o Passiert unterbewusst (unreflektiert), bis man sich Gedanken darüber macht
o Keine Bewertung, sondern nur Erklärung für bestimmtes Handeln (zB. Rassismus)
, o = Handlungskoordination
o Sinnhaft erst in soz. Raum = Kulturbedeutung
• Soziales Handeln:
o In gemeintem Sinn in seinem Ablauf auf Verhalten anderer bezogen, in seinem Ablauf orientiert
o Handeln ist fast immer soz. Handeln -> gibt fast keines, das nicht am Ablauf anderer orientiert ist (zB.
auch alleine sein ist bewusstes Abneigen von den anderen); durch Handeln entsteht soz. Ordnung
o Kulturell nachvollziehbares Handeln ermöglicht
o Bestimmung/Handlungstypen:
▪ Zweckrational: Mittel-Zweck aufeinander bezogen, auf Erfolg bedacht; begründbar (hat
Zwecke, Ziele) – Zwecke, Mittel können variiert werden – es wird gefragt nach dem Grund ->
ökonomisches Denken -> vorzufinden in moderner Gesellschaft
▪ Wertrational: Werte beeinflussen Handeln unabhängig von Erfolg; Grund enthalten (zB.
Religiöse, politische, … Handlungen) – festgelegt auf einen Wert
▪ Affektuell: Handeln in purem Affekt zB. Emotionen, Gefühlslagen
▪ Traditional: eingelebte Gewohnheit; Dinge haben sich bewährt; erfordert wenig Reflexion;
ohne Alternative; unbewusst (wie mans immer gemacht hat) – keine Frage nach dem warum
o Auswirkungen der Autorität, rationalen Bürokratie auf soziales Handeln der Menschen (Beziehung der
Menschen untereinander) -> Ausrichtung nur auf Effizienz, Zielerreichung
o Verlust von Autonomie durch Unterordnung der Wünsche der Individuen unter den Zielen der
Organisation -> Anwachsen der Abhängigkeit der Individuen
o Gesellschaftliches Handeln erfolgt immer mehr nach Kosten-Nutzen-Kalkulationen (zweckrationales
Handeln); wird zunehmend Sache der Administration statt der Moral und gesellschaftlichen Orientierung
• Soziales Handeln deutend verstehen:
o „Was bedeutet das?“
o Passiert in einem Deutungsraum
o Zuerst nicht eindeutig verständlich
o Erst die Deutung zu verstehen -> situationsabhängig
• Soziales Handeln ursächlich erklären:
o Zu beschreiben in einem Kausalschema = Ursache-Wirkung
o Bedeutung ist klar
o V.a. in Wissenschaft, Natur, Technik (zB. Schalter drücken – Licht geht an)
o „Wenn etwas passiert, passiert etwas anderes“
o Regel-/Gesetzmäßigkeiten zu erkennen
• Subjektiver Sinn = nicht der eigene Sinn, sondern auf was kommt man typischerweise, auf das andere auch
kommen
o Nicht beobachtbar (zB. Gestik kann bewusst gewählt oder unbewusst sein)
o Empirisch erforschbar
o Erzeugt von SoziologInnen
• Idealtypus zu unterscheiden von Wirklichkeit:
o = für soziol. Zwecke geschaffener reiner Typus = Idee/Utopie
o Idealtypen zugespitzte Erklärungen in verstehender Welt – kommen in empirischer Wirklichkeit nicht vor
o Idealtypus fasst Sinnzsmh. zsm.
• Differenzierung/Unterscheidung zw. Wertsphären: u.a. Glauben und Wissenschaft / Ästhetik / Bürokratie / Politik
/ Familie …
• Religionssoziologie:
o Protestantismus: okzidentaler Kapitalismus/Rationalismus (Orientierung zum Diesseits)
-> bürgerlicher asketischer Wirtschaftsmensch entsteht auf religiöser Grundlage, er strebt aber im
Kapitalismus nicht mehr nach seinem Seelenheil
-> „Entzauberung der Welt
o Ökonom. Interessen und pol./rel. Ideen/Weltbilder sind ähnlich (beide interessante empirische
Bezugspunkte für SOZ)
o Prädestinationslehre (Calvinismus): Frage, ob zu Auserwählten gehört, bereits vor Geburt festgelegt
wurde; liegt aber im Unbewussten
▪ nimmt religiöse Ideen ernst → Reformation: Entstehung der Idee des omnipotenten Gottes
(eigenständig, gut/böse)