GESELLSCHAFT & RECHT
1. Rechtsdogmatik (ZivilR, ÖffR, StrafR)
Rechtsdogmatik = Lehre vom pos. Recht; Wissenschaft der geltenden Gesetze und ihre Anwendung
Aufgabe RW: Feststellen, was an einem best. Ort zu einer best. Zeit Recht sein soll (Kant)
Befasst sich mit pos. (=erlassenem) Recht = Lehrmeinungen (Dogmen)
Pos. Recht = geltendes Recht, das in staatlichen Gesetzen niedergelegt ist/positiviert wird.
Nicht nur Gesetzesanwendung – umfasst auch Verfassungsvorgaben, allg. Rechtsgrundsätze, -ideen,
Gewohnheitsrecht, etc.
Hauptarbeitsfeld von Juristen:
Erschließt, systematisiert, kommentiert geltende Rechtsquellen; Tradition ihrer Anwendung durch Gerichte,
Verwaltung
Wissenschaft geltender Gesetze, ihrer Anwendung – abhängig vom Stand d. Gesetzgebung, Rechtsprechung
Erforscht Zsmhänge zw. Rechtssätzen Herausarbeiten grundlegender Strukturen
Arbeitet allgemeine Grundbegriffe, Prinzipien heraus (Auch wenn noch nicht in Gesetzen formuliert, aber
Rechtsordnung als tragende Rechtsgedanken prägen)
Strebt Anerkennung der im Rechtssystem angelegter Wertungen in relevanten Rechtsbereichen an
Funktionen fürs Rechtswesen:
Entlastung der Rechtspraxis: RO-Inhalt rational verständlich, lehrbar machen; nachvollziehbare Begründungen
von Entscheidungen; Vorarbeit für Lösung von Problemfällen
Stabilisierung der Rechtsanwendung: Vorhersehbare Entscheidungen durch Anwendung des Rechts, welche sich
an Rechtsdogmatik orientiert
Kritik und Fortbildung: Aufdecken von Lücken/Defiziten; Argumente für Rechtsfortbildung des bestehenden
Rechts
Kritik und Grenzen:
Tendenz zur konservativen Beharrung: Bildung der h.M. durch Diskurs -> oft zu schnell als einzige Lösung
hingenommen, angewendet
Keine Erklärung für Wandel des Rechts: Rechtsänderungen darstellbar, aber nicht erklärbar
Mangelnde Offenheit für alternative Sichtweisen (zB. SOZ, Ökonomie,…) außerhalb der positiven RO
2. Rechtswissenschaften & Nachbardisziplinen (RPhilosophie, RGeschichte, RSoz)
Gründe für Beobachtung der Außenperspektive des Rechts:
Entstehung, Funktionsweise, Wirkung aus eigenem wissenschaftlichem Interesse
Instrumentales Verständnis aus Perspektive des RWs: Nachbarwissenschaften führen zu besserem
Rechtsverständnis
Rechtssoziologie: Soziale Bedingungen der Entstehung, Entwicklung, Änderung von Rechtsnormen; Wirkung von
Rechtsnormen in der Gesellschaft; Zugang von Bürgern zur Rechtswesensnutzung
3. Funktion von sozialen Normen
Mensch als Mängelwesen: Arbeitsteilung, Tausch, Versorgung
Entscheidungsfreiheit: Orientierungshilfe in Komplexität
Koordination in Gruppen: Konflikte im Zusammenleben
Entstehung, Erlernen soz. Normen:
Menschen unterliegen multiplen Rollenerwartungen, können multiple Identitäten aneignen
Kulturunterschiede
Sprache, Kommunikation; Traditionen; Glauben; …
Leistungen soz. Normen:
Entlastung v. Entscheidungsdruck, Herstellung von Erwartungssicherheit, Verhaltenskoordination, Integration
Normbeachtung, -durchsetzung:
, 4. Recht, Sozialmoral
Geschichtliche Einheit: religiös fundierte Sozialmoral ist Fundament einer sich entwickelnden RO
Trennung von Moral, Recht; Recht regelt nur äußeres Verhalten
Überlappend: Handlungs-, Unterlassungspflichten der Moral abgedeckt durch Rechtsnormen;
ZivilR regelt äußeres Verhalten, nimmt aber Bezug auf allgemeine Moral
zB.: §157 BGB: Auslegung von Verträgen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf Verkehrssitte
§346 HGB: Rücksichtnahme auf Gewohnheiten, Gebräuche
§138 BGB
Entwicklungstendenzen d. Rechts: Anwachsen d. Rechtsstoffes; Professionalisierung des Rechtswesens; Recht
liefert Antworten auf soziale Probleme; Verwissenschaftlichung d. Rechts (transparente, rationale Begründung,
Anwendung von Rechtsnormen)
Durch Recht normierter Lebensbereich weitet sich aus; polit. Entsch. beeinflussen Rechtsgestaltung;
Rechtsnormen immer weniger Entsprechung in persönl. Moral
5. Geltung von (Rechts-)Normen: Juristisch und/oder soziologisch
Grundsätze zur Geltung:
Naturrecht-Theorien: Geltung d. Rechts setzt dessen Gerechtigkeit voraus
Rechtsdogmatik: Geltung d. Rechts allein von dessen formell einwandfreier Entstehung abhängig
o Recht ist autoritative Gesetztheit von Normen: Tatsache, dass Normen von
staatlichen/politischen Autorität im vorgeschriebenen Verfahren erlassen –
„Gesetzespositivismus“
Soziologischer Rechtsbegriff: Geltung des Rechts hängt von dessen faktischer sozialer Geltung ab
o Soziale Wirksamkeit rechtlicher Normen: Tatsächliche Befolgung von Normen – „Soziologischer
Positivismus“
Zwang/Anerkennung:
Ordnung:
o Konventionen (äußeres Garantieren durch mögl. Missbilligung Anderer)
o Recht (äußeres Garantieren durch mögl. physischen/psychischen Zwang durch auf
Innehaltung/Ahndung der Verletzung gerichtetes Handeln)
Erklärungsproblem Zwangstheorien:
o Normeinhaltung ohne Zwang vorhanden
o Auskommen einiger ROen ohne übergeordneten Zwangsapparat (Völkerrecht als
zwischenstaatliches Recht, lex mercatoria=gewohnheitsrechtliche Regeln d. Kaufleute)
o Zwang/Androhung keine langfristige Durchsetzungseffektivität
Recht im jur. Sinne: Wechselseitige Anerkennung v. Normen, Regeln eines Zsmlebens
Recht als psycho-soziales Phänomen - sozial kohärente Beziehung v. Ansprüchen, Verpflichtungen,
eingeprägt durch Internalisierung
Schwerpunkt der Rechtsentwicklung liegt nicht in Staatstätigkeit, sondern in Gesellschaft
Erklärungsproblem Anerkennungstheorie:
o Generelle Norm-Anerkennung schwer messbar
o Wenn Fokus auf Norm-Anerkennung, keine Unterscheidung von Rechtsn. und soz. N.
o Normbefolgung ohne innere Akzeptanz wg. Befürchtung rechtl. Sanktionen
Anerkennungstheorie + Zwangstheorie: ergänzende Erklärungsansätze für soziologische Normgeltung
- Abgeschwächter Gesetzespositivismus: Mindestmaß an Norm-Anerkennung, -Durchsetzung verlangt für
juristische Geltung von RNormen soziologisch nicht geltende N. auch vom Rechtsstab nicht angewendet =
tote Normen/Gesetze
Reaktionstheorie (Kompromiss-Position zu RGeltung) = RNormen sind alle soz. Normen, bei deren Verletzung
Möglichkeit der Reaktion durch besonderen, im Grundsatz anerkannten RApparat besteht.