THOENES, Joshua
FB2823GR814
Psychologie (B.Sc.) (8 Sem.) PO:04/21
Einsendeaufgabe Kommentiert [DS1]: EA bestanden. Prima!
Die Aufgaben haben Sie gelungen beantwortet.
Diagnostische Erhebungsverfahren I
Aufgabe 1
a) Definieren Sie kurz und prägnant den Begriff „psychologische Diagnostik“.
Psychologische Diagnostik beschreibt das wissenschaftliche Erheben von Informationen mit
dem Ziel daraus ein fundiertes psychologisches Urteil zu gewinnen. Psychologische
Diagnostik lässt sich also als Prozess verstehen, der die Handlungen eines Psychologen in
einem bestimmten Anwendungsbereich der Psychologie begründet.
b) In der psychologischen Diagnostik wird zwischen norm- und kriteriumsorientierter
Diagnostik unterschieden. Welchen Ansatz würden Sie bei der Vergabe von
Schulnoten favorisieren? Begründen Sie Ihre Antwort.
Bei der Vergabe von Schulnoten erscheint mir der kriteriumsorientierte Ansatz, welcher die
Beurteilung von Leistungen nach im Voraus festgelegten Kriterien beschreibt,
zweckmäßiger, da dieser gegenüber dem Ansatz der normorientieren Diagnostik eine
objektivere Einschätzung der Leistungen der Schüler ermöglicht. Die Schulnoten werden
somit nach vorab bestimmten Lernzielen vergeben, sind untereinander sowie von anderen
Gruppen unabhängig und führen zu einer transparenten wie auch fairen Rückmeldung für
Lehrer und Schüler. Im weiteren Verlauf kann der Unterricht gemäß dieser klar definierten
Lernziele angepasst werden und der Lehr-/Lernprozess optimiert werden, was langfristig zu
einem weiteren Vorteil führt. Bei einem normorientierten Ansatz könnte man dafür zwar auf
die Werte einer Normgruppe (bspw. der statischen Normalverteilung aller Schüler desselben
Jahrgangs) zurückgreifen, um die Leistungen für die Notenvergabe einzuordnen, dabei
werden jedoch die individuellen Umstände einzelner Schüler oder Schulklassen außer Acht
gelassen, was für Realsituationen mit nicht steuerbaren äußeren Einflüssen auf die Schüler
nachteilig ist.
Seite1 PFH-Private Hochschule Göttingen 15.12.2024
, THOENES, Joshua
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Psychologie (B.Sc.) (8 Sem.) PO:04/21
Aufgabe 2
Ettrich (2000) geht von fünf Prinzipien der Entwicklung im Kindes- und Jugendalter
aus: Sequenzialität, Irreversibilität, Unidirektionalität, Universalität und
Strukturalismus. Diese Prinzipien finden sich in der tatsächlichen Entwicklung
allerdings oft nicht wieder. Beschreiben Sie drei Beispiele, die gegen die genannte
Modellvorstellung sprechen, und geben Sie jeweils an, welches Prinzip verletzt wird.
Ettrich’s Prinzipien der Entwicklung treffen in mehreren Realfällen nicht vollumfänglich zu, so
wird beispielsweise durch die Vielfältigkeit der Wege, die Heranwachsende oder Kinder in
ihrer Entwicklung einschlagen können, um dasselbe Entwicklungspotenzial auszubauen
gegen Ettrich’s Idee der Universalität verstoßen, welche seinerseits von einer einheitlichen
Richtung der Entwicklung für alle Menschen ausgeht. Ein Schüler lernt zum Beispiel besser
unter direkter Aufsicht und Anleitung von Lehrern, ein anderer dafür selbstständig durch das
Ausprobieren neuer Tätigkeiten. Globale beziehungsweise kulturelle Unterschiede können
ebenfalls dazu führen, dass eine Entwicklung von Person zu Person unterschiedlich
verlaufen kann und dennoch ähnlich erfolgreich verläuft.
In einem ähnlichem Zusammenhang könnte auch gegen das Prinzip der Sequenzialität
verstoßen werden, das besagt, dass die allgemeine Entwicklung in einer geordneten
Reihenfolge ablaufen muss, wenn die individuelle Vielfalt der Entwicklung von Kindern dazu
führt, dass diese zu denselben Ebenen im späteren Entwicklungsverlauf gelangen, auch
wenn sie Schritte davor überspringen, die durch die breite Maße der Bevölkerung benötigt
werden. Im konkreten Beispiel kann die frühentwickelte Motorik eines Kleinkindes dazu
führen, dass dieses den wichtigen Entwicklungsschritt des Krabbelns auslässt und dennoch
zum selbstständigen Gehen gelangen kann sowie später keine koordinativen Störungen
entwickelt.
Letztendlich kann auch dem Prinzip der Irreversibilität basierend auf realen
Geschehnissen widersprochen werden. Ettrich geht davon aus, dass einmal durchlaufene
Entwicklungsschritte nicht mehr rückgängig gemacht werden können, jedoch kann es
geschehen, dass Kinder, deren Sprachentwicklung bereits dazu geführt hat, dass diese
vollständige Sätze bilden können, durch äußere meist negative Einflüsse wieder zu
einfacherem Sprachgebrauch wechseln und so gesehen einen Rückschritt in ihrer
Entwicklung unternehmen. Auch wenn dieser oftmals nur vorrübergehend ist, kann in
extremen traumatischen Fällen zu einer dauerhaften Regression kommen.
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