A. Beleidigungsdelikte, §§ 185 ff. ................................................................................................................................................ 1
B. Tötungsdelikte, §§ 211 ff. StGB ............................................................................................................................................... 2
C. Körperverletzungsdelikte, §§ 223 ff. StGB ............................................................................................................................... 4
D. Sterbehilfe ............................................................................................................................................................................... 6
E. Schwangerschaftsabbruch, §§ 218 ff....................................................................................................................................... 6
F. Diebstahl & Unterschlagung .................................................................................................................................................... 7
G. Raub, Räuberischer Diebstahl................................................................................................................................................ 14
H. (Räuberische) Erpressung, Erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme ........................................................................... 16
I. Sachbeschädigung ................................................................................................................................................................. 17
J. Nachstellung (§ 238): Muss Opfer die Anwesenheit des Täters wahrgenommen haben? ................................................... 18
K. Freiheitsberaubung (§ 239) ................................................................................................................................................... 18
L. Nötigung (§ 240) .................................................................................................................................................................... 18
M. Straßenverkehrsdelikte ......................................................................................................................................................... 19
N. Betrug, §§ 263 ff. StGB .......................................................................................................................................................... 21
O. Computerbetrug, § 263a StGB............................................................................................................................................... 24
P. Versicherungsbetrug, § 265 StGB .......................................................................................................................................... 25
Q. Untreue, § 266 StGB .............................................................................................................................................................. 25
R. Urkundendelikte, § 267 ff. StGB ............................................................................................................................................ 26
S. Brandstiftungsdelikte, §§ 306 ff. StGB................................................................................................................................... 28
T. Anschluss-, Rechtspflege- & Aussagedelikte ......................................................................................................................... 30
U. Bestechungsdelikte, §§ 331 ff. StGB ...................................................................................................................................... 35
A. Beleidigungsdelikte, §§ 185 ff.
I. Ehrbegriff
- Frühere hM: Dualistischer Ehrbegriff: Selbstwertgefühl (geschützt durch § 185) & Ruf (geschützt durch §§ 186, 187)
- Heute hM: Normativer bzw. personaler Ehrbegriff: Ehre ist der aus der Personenwürde abgeleitete Geltungswert: Verkörperung
des durch sittliche Integrität & Fehlen elementarer Unzulänglichkeiten begründeten verdienten Geltungswerts
II. Äußerungen im engsten Familienkreis
- Keine Strafbarkeit gem. §§ 185, 186 (aber § 187 (+), da insofern keine Schutzwürdigkeit)
• Pro: Privatsphäre (Art. 2 I, 1 I GG) erfordert Bereich vertraulicher Kommunikation zur ungezwungenen Mitteilung, Aussprache
& auch zum „Abreagieren“
- Dogmatische Begründung
• hM: Jeder Mensch muss innerhalb seines Lebensraums einen Freiraum haben, in dem er mit anderen kommunizieren & sich
frei aussprechen kann: Teleolog. Reduktion (TB) oder Abwägung zw. Ausspracheinteresse & Schutzinteresse (RW)
• aA: Keine Kundgabe nach außen: Rein familiärer Gedankenaustausch nicht gg. sozialen Ehranspruch des Betroffenen gerich-
tet; Aber: Anders, wenn Täter die Möglichkeit sieht, dass Äußerung herausgetragen wird
- Erweiterung auf andere Fälle möglich?
• BVerfG: Auch sehr enge Freunde (v.a. bei Alleinstehenden), Verlobte & bei eheähnlichen Beziehungen (vgl. des § 35) erfasst
• Berufsgeheimnisträger (vgl. § 203), z.B.:
§ Verhältnis Mandant / Anwalt: Rspr.: Beleidigungsfreier Raum (+)
§ Verhältnis Arzt / Patient: TdLit: Straffreier Raum; aA: Allenfalls Rechtfertigung gem. § 193
• Strafgefangene: Bes. Schutz von Vertrauensbeziehungen: Keine Beschränkung auf Ehegatten, Verwandtschaft o.Ä.: Maßgebl.:
Charakter der Vertrauensbeziehung, Art & Kontext der ehrverletzenden Äußerung
III. Kundgabeerfolg: Ist inhaltliches Verständnis des Sinns erforderlich?
- mM: Sinnliche Wahrnehmung genügt; Pro: Schutz von Kindern, Geisteskranken, Sprachunkundigen, Ausländern
- hM: Verständnis erforderlich; Pro: Achtungsanspruch durch unverstandenen Ehrangriff nicht verletzt
IV. Passive Beleidigungsfähigkeit
- Natürl. Personen: Jeder lebende Mensch; hM: Tote (-); Arg: Eigenständiger § 189, der an lebende Personen gekoppelt ist
- Kollektivbeleidigungen: Maßgebl.: Ehre des Kollektivs selbst, nicht der Einzelperson
• Ausgangspunkt: Strafantrag/Ermächtigung in § 194 III 2, 3, IV: hM: Schluss auf Beleidigungsfähigkeit der genannten Kollektive
• Sind darüber hinaus beleidigungsfähige Kollektive anzuerkennen?
1
, § hM: (+): 2 Vss.: (1) Kollektiv erfüllt rechtl. anerkannte gesellschaftl. oder wirtschaftl. Funktion ((-), z.B. bei Kegelclubs,
Stammtischrunden etc.) (2) Kollektiv kann einheitl. Willen bilden ((-), z.B. bei „die Polizei“, „die Lehrer“ etc.)
- Beleidigung von Einzelpersonen unter einer Kollektivbezeichnung
• Funktion: Hinter einem nur scheinbaren Angriff auf das Kollektiv steckt zum. auch ein Angriff auf die Ehre eines oder mehrerer
Mitglieder des Kollektivs: Schutz der Angehörigen von Kollektiven, die nicht eigenständig geschützt sind
• Vss. (kumulativ): (1) Klar abgegrenzter, zahlenmäßig hinreichend überschaubarer, deutlich aus der Allgheit hervortretender
Personenkreis (2) Zuordnung des Einzelnen zu ehrverletzender Äußerung (Keine bloß allg. Werturteile, die sich in Vielzahl
mögl. Betroffener verlieren (z.B. „Bullen sind Schweine“): Aber ausreichend, falls z.B. Bezug zu best. Polizeieinsatz)
V. § 185: Unwahrheit der Tatsachenbehauptung iRd § 185
- hM: Unwahrheit ist echtes TBM: Muss sich obj. nachweisen lassen & Vorsatz muss sich darauf beziehen
• Pro: Wahre Tatsachen können nicht ehrenrührig sein, da Ehre nur iRd verdienten Wertgeltung geschützt ist
• Pro: Ehrangriff weniger gefährlich als bei §§ 186 f., da Äußerung nicht nach außen dringt
- aA: Unwahrheit ist obj. Bedingung der Strafbarkeit wie bei § 186: Bzgl. Unwahrheit kein Vorsatz erforderlich
• Pro: Effektiverer Ehrschutz
VI. § 185: Ehrrührigkeit der Äußerung
- Obj. wertende Auslegung: Begleitumstände, Gesamtzsmhang, sprachl. & gesellschaftl. Ebene beachten
- Abzugrenzen von bloßen Tatlosigkeiten (z.B: „Duzen“ unter Studenten sozialadäquat, ggü. Polizisten problematisch)
- Vorwurf: Elementare menschl.-personale Unzulänglichkeiten (z.B: „Schwachkopf“, „Hure“) der der Betroffene werde fachl.
/moralischen Anforderungen seines Berufs- / Gesellschaftskreises nicht gerecht („Arzt A ist ein Pfuscher“)
- Sexualbezogene Handlungen oder Angriffe auf sexuelle Selbstbestimmung: Restriktive Auslegung, da §§ 185 ff. die Schwelle
der §§ 174 ff nicht umgehen darf; Beleidigung nur (+), wenn eine über Schamverletzung hinausgehende, selbstständige vorsätzl.
Ehrverletzung vorliegt (z.B. „Plumpe Anmache“ oder „Betrügen des Partners“ genügt nicht)
- Formalbeleidigungen: §§ 192, 193 a.E.: Folgt aus:
• Form der Aussage: Herabwürdigender Ton, bes. gehässige Einkleidung oder tendenziöse Zsmstellung von Tatsachen
• Den Umständen der Aussage: Publikationsexzess (Öffentl. Verbreiten von Tatsachen ohne berechtigtes Interesse der Öffent-
lichkeit); Reaktualisierung (Schilderungen nach längerem Zeitablauf, z.B. Intimes aus dem „Vorleben“ in Hochzeitsrede)
VII. Konkurrenzen
- § 187 spezieller als § 186
- Äußerungen ggü. Dritten: §§ 186, 187 idR spezieller als § 185 (Ausnahme: Zusätzlich ehrverletzende Werturteile)
- Äußerungen ggü. Opfer & Dritten: §§ 186, 187 nach dem normativen Ehrbegriff idR spezieller als § 185
- Erfüllt eine tätliche Beleidigung zugleich § 223, ist dies durch Tateinheit (§ 52) klarzustellen
B. Tötungsdelikte, §§ 211 ff. StGB
I. Verhältnis von § 211 zu § 212
- Rspr.: Selbstständige Tatbestände: Mordmerkmale sind strafbegründend
• Pro: Systematik: § 211 steht vor § 212, eine Qualifikation steht im StGB idR aber hinter dem GrundTB
• Pro: Wortlaut: § 212 unterscheidet schon begrifflich zw. Totschläger & Mörder
• Pro: § 211 enthält zwar Elemente des § 212, jedoch steht diese Teilidentität der Selbstständigkeit der Tatbestände nicht
entgegen, wie § 242 & § 249 StGB beweisen
• Contra: Systematik erklärt sich angesichts der überragenden Schwere des Mordes
• Contra: Wortlaut ist Relikt aus dem Nationalsozialismus (sog. Tätertypenlehre)
• Contra: Rspr. muss bei Teilnehmern Korrekturen vornehmen, z.B. bei der Konstellation der gekreuzten Mordmerkmale
• Contra: Wertungswidersprüche, da der Anstifter zum Mord, der selbst kein eigenes Mordmerkmal aufweist, geringer bestraft
werden kann (§§ 211, 26, 28 I, 49) als der Anstifter zu § 212 (§§ 212, 26). Ebenso ungerechte Privilegierung für den Teilneh-
mer, der selbst kein täterbezogenes Merkmal aufweist, aber ein täterbezogenes des Täters kennt
- hL: § 211 ist Qualifikation zu § 212: Mordmerkmale strafschärfend
• Pro: § 211 ist Tötung unter erschwerenden, § 216 Tötung unter privilegierenden Umständen: Gemeinsames Grundelement
ist Totschlag nach § 212, so dass dieser Grundtatbestand sein muss
2
,II. § 211: Heimtücke
1. Fähigkeit zum Argwohn
- Schlafender grds. (+), wenn er sich arglos dem Schlaf übergibt („Arglosigkeit mit in den Schlaf genommen“), anders, wenn er
vom Schlaf übermannt wird
- Bewusstlose (-) Arg: Hat kein Bewusstsein für eine best. Erwartungshaltung; Aber: Heimtücke (+), wenn schutzbereite Dritte
(Def.) ausgeschaltet werden bzw. deren Arglosigkeit ausgenutzt wird
- Kleine Kinder unter 3 Jahre: (-); Aber: Heimtücke durch Ausschaltung der Schutzbereiten Dritten möglich (3. muss aber Auf-
sichtsperson sein); Oder: Wenn der natürl. Abwehrmechanismus des Kindes überwunden wird
2. Verbale Auseinandersetzungen im Vorfeld: Beseitigen die Arglosigkeit nicht, wenn mit einem Angriff nicht zu rechnen war
- Aber: Heimtücke (-), wenn Täter den gewalttätigen Übergriff unmittelbar vorher ankündigt
- Aber: Selbst bei Ankündigung Heimtücke (+), wenn der Täter trotzdem eine Situation schafft, in der er das Opfer in Arg- &
Wehrlosigkeit antrifft & diese dann bewusst ausnutzt
3. Mord im Zusammenhang mit Erpressung: IdR § 211 (-), da keine Arglosigkeit: Geplante Erpressung ist rw Angriff auf RG des
Erpressungsopfers, so dass diesem grds. ein Notwehrrecht zusteht: Mit dessen Ausübung muss Erpresser rechnen
4. Maßgebl. ZP für Arglosigkeit: Bei Beginn der mit Tötungsvorsatz begangenen Handlung
- Ausnahme: Opfer hat dauerhaft Angst um sein Leben (dennoch arglos)
- Ausnahme: Täter lockt Opfer hinterlistig in Hinterhalt, in dem es nicht entrinnen kann: Auf ZP des Lockens abstellen
5. Eingrenzungskriterium des Mordmerkmals „Heimtücke“
- Rspr.: Tatbegehung „in feindlicher Willensrichtung“: (-), wenn Täter „zum vermeintl. Besten des Opfers“ handelt
• Contra: Erbringt wünschenswerte Korrektur nur für enge Fallgruppe & vernachlässigt das Element der „Tücke“ in Heimtücke
- hL: „Verwerflicher Vertrauensbruch“: Täter muss ein ihm entgegengebrachtes Vertrauen bewusst missbrauchen
• Contra: Unklarheiten bzgl. des „Vertrauensverhältnisses“
• Contra: Attentate könnten so gut wie nie Mord darstellen, sind aber die typ. Fallgruppe, die unter Heimtücke fallen soll
- eA: Bzgl. „Ausnutzens“: Tückisch-verschlagenes Vorgehen erforderl.: Täter muss sich bewusst für die günstigere (wg. der
Schutzlosigkeit des Opfers) von mind. 2 Handlungsalternativen entschieden haben
• Pro: Allg., bestimmtes Kriterium, das dem klassischen Leitbild des Mordes entspricht
• Pro: Eine einschränkende Auslegung ist in Übereinstimmung mit dem Wortlaut „heimtückisch“ gut vertretbar
• Pro: Passt gut zur allg. Forderung, das bewusste Ausnutzen der Arg- & Wehrlosigkeit restriktiv zu handhaben
III. § 211: Habgier bei Ersparnis von Aufwendungen
- mM: (-), aber ggf. niedriger Beweggrund
• Pro: „Gier“ liegt nur bei einem Streben nach einem „Mehr“ vor & restriktive Auslegung der Mordmerkmale
• Vermeidung von Nachteilen spielt idR nur in best. Konfliktlagen eine Rolle: Kein Indiz für hemmungsloses Gewinnstreben
- hM: (+)
• Pro: Vermögenszuwachs & Ersparung von Aufwendungen sind wirtschaftl. gleichwertig
• Pro: Die vom BVerfG angemahnte restriktive Auslegung soll nach Ansicht des BGH gerade nicht für die Habgier gelten
• Pro: Bes. Verwerflichkeit kann in beidem liegen, entgegen der aA ist der Täter auch nicht weniger gefährlich, schließlich muss
Verschulden auch keineswegs eine einmalige Ausnahmesituation (Konfliktlage) darstellen
IV. Kulturelle Prägungen & MM der niedrigen Beweggründe
- Ausgangspunkt: Gesamtwürdigung aller Antriebsfaktoren, z.B. Lebensverhältnisse des Täters & Tatumstände
- hM: Maßstab: Vorstellungen der dt. Rechtsgemeinschaft; Evtl. ist dem Täter aber die Bewertung der Tat kraft seiner Verwur-
zelung in einem anderen Kulturkreis nicht zugänglich, so dass die subj. Seite des Mordmerkmals zu verneinen ist (BGH)
V. § 211: Muss gerade der Tötungserfolg in der Tätervorstellung kausal für die Ermöglichung/Verdeckung sein?
- Rspr. früher: (+): Täter muss sich vorstellen, dass sich die Straftat ohne Tod nicht begehen/verstecken lässt
- Rspr. heute & hL: (-): Finale Ausrichtung der Tötungshandlung auf andere Tat genügt
• Eventualvorsatz bzgl. Todeseintritts genügt, Absicht nur bzgl. der Ermöglichung / Verdeckung erforderl.
• Aber: Wenn das konkrete Ziel nur durch den Todeserfolg erreicht werden kann, muss sich Absicht auch auf Erfolg beziehen
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, VI. § 212, § 216, § 13: Strafbarkeit wg. unechten Unterlassungsdelikts bei Selbsttötung des Opfers?
- BGH: Garanten treffen keine Handlungspflichten, solange Suizident Herr des Geschehens ist; Sobald dieser aber die Tatherr-
schaft verliert, geht sie auf den Garanten über: §§ 216, 13 (+); Ausnahme: Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens
• Pro: Umfassender Lebensschutz; IdR haben Suizide nur Appelfunktion: Suizident will nur auf sich aufmerksam machen
• Pro: Bei Ärzten: Rettungspflicht aus Behandlungsvertrag
- hL: Suizident hebt durch Selbsttötungsentschluss die Garantenstellung auf: Keine Strafbarkeit nach §§ 216, 13 möglich
• Pro: Widersinnig, wenn Garant straflos das Tötungsmittel zur Verfügung stellen dürfte, aber dann den Tod verhindern müsste
• Pro: Wenn man von fehlender Ernstlichkeit ausgeht, müsste man auch die Teilnahme an einer Selbsttötung bestrafen
• Pro: Bei Ärzten endet der Behandlungsvertrag mit freiverantwortl. Entschluss des Betroffenen: Muss Arzt respektieren
VII. § 323c, § 216: Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 323c) bei Selbsttötung des Opfers
- Rspr. & tdL: § 323c grds. tblich erfüllt; Aus Unzumutbarkeit kann sich Einzelfall etwas Anderes ergeben
• Pro: Allg. Hilfspflicht hat umfassendere Funktion (z.B. auch Schutz der Allgemeinheit vor Kosten)
§ Contra: Kosten entstehen gerade, wenn Tötungsversuch misslingt (z.B. Querschnittslähmung)
§ Contra: Fraglich, ob § 323c die Allgemeinheit vor Kosten schützen soll
• Pro: § 323c beurteilen sich aus Sicht des Täters, der nie wissen kann, ob der Tötungsentschluss freiverantwortl. gefasst ist
• Pro: Suizid oft nur Appelcharakter
• Contra: Wenn aktive Teilnahme am freiverantwortl. Suizid straflos ist, muss es auch die passive Nichtverhinderung sein
- mM: § 323c (-), da die freiverantwortliche Selbsttötung kein Unglücksfall ist
• Pro: Selbstbestimmungsrecht muss konsequenterweise jede Hilfspflicht gg. den freien Willen des Suizidenten suspendieren
C. Körperverletzungsdelikte, §§ 223 ff. StGB
I. Sind ärztliche Heileingriffe tatbestandsmäßig?
- hL: Körperinteressentheorie: (-), wenn medizinisch indiziert & lege artis ausgeführt
• Pro: Wahrt aus ex-ante Sicht die Körperinteressen des Patienten; Bei Gesamtbetrachtung kann schlecht von KV gesprochen
werden, wenn Heilung eintritt; Sonst würde man Arzt auf die Stufe eines Messerstechers stellen
• Contra: Strafbarkeit muss beim Eingriff feststehen & darf vom Erfolg nicht abhängen; Zudem: Erfolg obj. schwer bestimmbar
- Rspr.: Immer (+): Abstellen auf Einzelakt
• Pro: Gesamtbetrachtung ist dem Strafrecht fremd; Keine Gleichstellung mit Messerstecher, da idR Rechtfertigung (+)
• Pro: Literatur führt in beiden Fällen zu Strafbarkeitslücken, da Heileingriffe gg. den Willen des Patienten straflos bleiben
würden (wenn sie erfolgreich sind): Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht hinreichend geschützt
• Pro: Das Erfordernis der Einwilligung gewährleistet die Aufklärung durch den Arzt
II. Fallen ärztliche Werkzeuge unter § 224 I Nr. 2 Alt. 2?
- Rspr/hM: (-), da sie nach Art ihrer bestimmungsgem. Verwendung nicht gefährl. sind, soweit sie nicht zu Angriffs- bzw. Vertei-
digungszwecken benutzt werden (teleolog. Reduktion). Contra: Widersprüchl. im Hinblick auf die Behandlung des Heileingriffs
- Da es aber von der ganz hM geteilt wird, ist es in der Klausur die weniger „risikoträchtigere“ Lösung, dies ebenso zu handhaben
III. Fallen unbewegliche Gegenstände unter § 224 I Nr. 2 Alt. 2?
- tdLit: (+)
• Pro: Es kommt nur auf konkrete Geeignetheit an, schwere Verletzung herbeizuführen;
• Pro: Widerspruch: Wurf in Kreissäge nicht erfasst, Wurf mit Kreissäge schon; Contra: Kein Widerspruch, sondern eine vom
Gesetzgeber gezogene Grenze
• Contra: Nur Abstellen auf den Vorsatz des Täters (bewusstes Ausnutzen des Gegenstandes gg. Opfer) kann nicht ausreichen
- Rspr/hL: (-)
• Pro: Wortlaut: „Werkzeug“ impliziert die Möglichkeit des In-die-Hand-Nehmens bzw. gezielten & gelenkten Einsatz gg. das
Opfer; Pro: Bei schweren Fällen gibt es die Möglichkeit des § 224 I Nr. 5
IV. § 224 I Nr. 4: Welcher Art muss die Beteiligung sein?
- Rspr. & hM: Es genügt, wenn ein Täter mit einem Teilnehmer am Tatort zusammenwirkt
• Pro: Wortlaut „Beteiligter“: § 28 II „Täter & Teilnehmer“; Strafgrund ist verstärkte Gefährlichkeit für den Verletzten: Auch
gegeben, wenn der am Tatort anwesende Gehilfe die Wirkung der Körperverletzungshandlung verstärkt
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