Physikalische Grundlagen
Kommt es zum Aktionspotential einer Herzmuskelzelle, ist die erregte Zelle im Vergleich zur
benachbarten Zelle positiver geladen. Somit stellen die beiden Zellen einen elektrischen
Dipol dar. Es entsteht ein elektrischer Vektor. Da das Herz ein funktionelles Synzytium
darstellt, wird eine Erregung auf die anderen Herzmuskelzellen übertragen. Es entstehen
also viele Einzelvektoren, die einen Summationsvektor ergeben.
Die Stärke des Summationsvektors wird durch die Muskelmasse beeinflusst. Die linke
Herzkammer ist besonders muskelreich, weshalb dessen Erregungsablauf großen Einfluss auf
die Stärke des Summationsvektors hat.
Die Richtung des Summationsvektors hängt von der Richtung der Erregungsausbreitung ab.
Die Spitze des Summationsvektors zeigt in die Richtung, in die sich die Erregung ausbreitet
(von Minus nach Plus).
Merke: ein elektrischer Vektor entsteht nur dann, wenn sich die Erregung ändert. Sie muss
sich ausbreiten und wieder rückbilden. Würde das gesamte Herz gleichmäßig erregt, könnte
keine Potentialdifferenz (also auch kein EKG) gemessen werden.
Die Erregungsausbreitung verläuft grob von der Herzbasis in Richtung Herzspitze. Die
Erregungsrückbildung findet entgegengesetzt statt. Somit kommt es im Verlauf des
Erregungszyklus zu einer Veränderung in der Orientierung des elektrischen Feldes. Länge
und Richtung des Summationsvektors ändern sich also auch. Verbindet man nun die Spitzen
der der Summationsvektoren, ergibt sich eine dreidimensionale Vektorschleife.
Die Vektorschleife besteht aus drei Teilen:
1. Vorhofschleife, welche der P-Welle entspricht
2. Ventrikelschleife, welche dem QRS-Komplex entspricht
3. Repolarisationsschleife, welche der T-Welle entspricht
,Verlauf der EKG-Kurve und Vektorschleife
Die Vektorschleife ist die Grundlage der EKG-Messung. Eine Erregung breitet sich durch das
funktionelle Synzytium über das gesamte Herz aus. Es entstehen viele kleine
Potentialdifferenzen, die zu einem Summationsvektor (Summenvektor) addiert werden.
Beim EKG wird der Summenvektor abgeleitet und aufgezeichnet. Da die Stärke des
Summationsvektors von der Muskelmasse abhängig ist, spiegeln sich im EKG vor allem
Vorgänge im linken Ventrikel wider.
Nur Änderung der elektrischen Myokarderregung werden abgebildet.
, Anteil der EKG-Kurve
P-Welle: Erregungsausbreitung in den Vorhöfen (intraatriale Erregungsausbreitung).
Die Vorhöfe besitzen relativ wenig Muskelmasse, weshalb die P-Welle klein
ausfällt. Die Dauer beträgt ca. 50-100ms.
PQ-Strecke: Wenn die Vorhöfe komplett erregt sind, wird die Erregung über den AV-
Knoten auf die Kammern übergeleitet = atrioventrikuläre Überleitung.
Es handelt sich dabei um eine isoelektrische Linie, weil die Zellen
massenmäßig zu gering sind, um einen Ausschlag im EKG zu produzieren.
PQ-Intervall: Dauer vom Beginn der P-Welle bis zum Beginn der Q-Zacke, i.d.R. 120-200ms.
Sie ist ein Maß für die AV-Überleitung (bei Verlängerung = AV-Block)
QRS-Komplex: Repräsentiert die Erregungsausbreitung in den Kammern. Dauer 60-100ms.
Die Erregungsausbreitung erfolgt dabei von den Innenschichten zu den
Außenschichten des Herzens, also von subendokardial nach subepikardial.
Q-Zacke
= Teile des Septums werden in Richtung der Herzbasis erregt
R-Zacke
= größte Potentialänderung des kardialen Erregungszyklus
Erregung breitet sich ventrikulär entlang der Herzachse aus
S-Zacke
= als letztes werden die subepikardialen Bereiche der Basis des linken
Ventrikels depolarisiert
ST-Strecke: Zeigt die vollständige Erregung der Kammern vom Ende der S-Zacke bis Beginn
der T-Welle. Da die gesamte Ventrikelmuskulatur erregt ist, verläuft die Linie
im EKG isoelektrisch.
T-Welle: Bildet die intraventrikuläre Erregungsrückbildung.
Die Repolarisation verläuft in umgekehrter Reifenfolge
h zur Depolarisation,
also subepikardial nach subendokardial bzw. von der Herzspitze zur Herzbasis.
Während Anteile der Herzbasis noch erregt sind, ist die Herzspitze bereits
wieder unerregt (positiver Ausschlag der T-Welle).
QT-Intervall: Dauer vom Beginn des QRS-Komplexes bis zum Ende der T-Welle.
Bildet die Gesamtdauer der ventrikulären Erregung.
Normalerweise 300-440ms, bei hoher HF ist QT-Zeit kürzer!
Ein verlängertes QT-Intervall weist auf eine verzögerte Repolarisation der Kammern hin.
Ursache kann z.B. das angeborene Long-QT-Syndrom sein, bei dem es mutationsbedingt zu
Defekten von Ionenkanälen kommt.
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