Thema 1 - Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit und
multiplen Zugehörigkeiten
1. Grundbegriffe/ Definitionen: Mehrsprachigkeit
individuelle Mehrsprachigkeit = plurilingualism
• mehrere Sprachen sind im mentalen System einer Person miteinander vernetzt
• mehrere Sprachen interagieren im mentalen System einer Person miteinander
- Psycholinguistik sehr hoch gefasst -> Bilingualität gilt als Form der Mehrsprachigkeit
vs.
- Fremdsprachendidaktik -> erst bei mindestens zwei weiteren Sprachen Betonung der
Mehrsprachigkeit
Haider, Die Mehrsprachigkeit: bezeichnet den Umstand, dass einer Person (individuelle M.)
oder einem System (gesellschaftliche M., lebensweltliche M., institutionelle M.) mehrere
Sprachen zur Verfügung stehen - dazu zählt heute auch die Beherrschung von
Teilkompetenzen:
• funktionale M.: für bestimmte Lebensbereiche werden unterschiedliche
Sprachkompetenzen entwickelt (für verschiedene Funkt.)
• rezeptive M.: Beteiligte verstehen unterschiedliche Sprachen hinreichend, ohne sie
selber zu verwenden; sprechen selbst die eigene
• produktive M.:
• dynamische M.: veränderbar durch unterschiedliche Einflüsse (z.B. Kindergarten, Schule
usw.); Entwicklung einer Dynamik
• statische M.:
2. Translanguaging
= Sprachen sind keine voneinander abgrenzbaren Systeme, sondern die Mehrsprachigkeit eines
Individuums stellt vielmehr ein eigenes System dar
-> geht vom individuellen bzw. vom mehrsprachigen Individuum aus, das über ein komplexes
linguistisches Repertoire verfügt, welches er/sie strategisch für die erfolgreiche Kommunikation
einsetzt - Differenzierung der Sprachen wird dadurch erlernt und anhand externer sozialer
Faktoren definiert
= Fokus nicht auf Sprachen, sondern auf Gebrauch von Zweisprachigkeit
- Code Switching: Wechsel zw. Sprachen
- Code Mixing: MIxen von Sprachen
,,A translanguaging theory (…) takes the point of view of the bilingual speaker himself for whom
the concept of two linguistic systems does not apply, for he or she has one complex and
,dynamic linguistic system that the speaker then learns to separate into two languages, as
defined by external social factors, and not simply linguistic ones.’’
,,Translanguaging, Garcia (2009) says: is an approach to bilingualism that is centered, not on
languages as has been the case, but on the practices of the bilinguals that are readily
observable’’
- Beispiel: Mädchen spricht mit Bruder Englisch, mit Papa Türkisch , mit Mama Japanisch und
mit Freundin Deutsch
3. Kultur
- die Gesamtheit der Eingriffe des Menschen in seine Mitwelt zu Zwecken seiner materiellen
und ideellen Bedürfnisse (inkl. körperlichen, geistigen u. sprachlichen Handlungen und
geistigen und stofflichen Manifestationen und Produkte)
- Kultur ist nicht auf Geltungsraum von Nationalstaaten begrenzt
• Interkulturalität (im Kontext der Fremdsprachenwissenschaften)
-> bezeichnet eine übergreifende Perspektive -> das Lernen und Lehren von Sprachen hängt
mit kulturellen Rahmenbedingungen zusammen
1) die kulturelle (und soziale) Ausgangslage des Lernenden (Herkunftskultur)
2) Inhalte und Deutungsangebote der zu erlernenden Sprache
3) kulturelle Vorannahmen, Deutungs- und Interaktionsprozesse der konkreten u.
spezifischen Lehr-lernsituation
• interkulturelle Kompetenz im mehrdimensionalen Modell von Michael Byram
-> ein Miteinander kognitiver, affektiver und handlungsbezogener Teilfähigkeiten und das
Teillernziel ,,kritische Kulturbewusstheit’’
Kritik an der Interkulturellen Perspektive:
• homogenisierendes Kulturverständnis
• kulturalistische Zuschreibung kultureller Identitäten von Lernenden
• Reduktion der Lernenden auf die Rolle als Repräsentanten ihrer nationalen Herkunft
4. Multiple Zugehörigkeiten
= Annahme, dass wir alle unzählige Identitäten leben; Identitäten und ihr Verhältnis zueinander
im stetigen Wandel -> ,,komplexer und sich immerfort verändernder Zustand der vielen
Zugehörigkeit
Leitfragen:
Wie unterscheiden sich Vielsprachigkeit und individuelle Mehrsprachigkeit?
Wie kann man im Sprachunterricht die Kultur der Mehrsprachigkeit fördern? (Hu)
• semantische, morphologische, lexikalische und syntaktische Sprachvergleiche
• mehrsprachige Praktiken reflektieren
• Selbstverständnis des Lehrers als Sprachlernberater
Wie kann man in der Forschung die Kultur der Mehrsprachigkeit fördern? (Hu)
• getrennte Forschungsstränge aufeinander beziehen u. in interdisziplinären Dialog treten
• didaktische Traditionen kritisch in Frage stellen (-> innovative Konzepte)
• auf Schule gerichtete Forschungsdiskurse verstärken und auf vorschulische u. universitäre
Bereiche ausweiten
, Thema 2 - Die mehrsprachige Gesellschaft; Mehrsprachigkeit
als Normalfall (historisch politische Perspektive)
1. Mehrsprachigkeit und sprachliche Heterogenität
• Heterogenität kann nur relational im Verhältnis zu Homogenität existieren
—> Heterogenitätskonstruktionen sind nicht isoliert ohne Konstruktionen von Homogenität
zu erfassen; beide entstehen im Prozess des Wahrnehmens und Vergleichens, denen implizite
oder explizite Maßstäbe oder Bezüge zugrunde gelegt sind (Budde 2017, 20)
• individueller Sprachgebrauch als (eine von zahlreichen) Differenzlinien in
Heterogenitätskonstruktionen
• auch verbunden mit sozialer Markierung und Positionierung
• individueller Sprachgebrauch im Verhältnis zu gesellschaftlichen Normsetzungen -> individuell
legitime Sprachengebräuche stehen auch im Widerspruch zu gesellschaftlich normierten
Praktiken und Perspektiven z.B. habituelle Monolingualität in der schulischen Bildung: Schule
als Einsprachiges System
• sprachliche Heterogenität vs. sprachliche Homogenität; sprachliche Homogenität ist ein
Konstrukt
• Merkmal Mehrsprachigkeit grundsätzlich neutral
2. Zahlen und Fakten zu Migration und Mehrsprachigkeit
• Informationen zu individueller Mehrsprachigkeit in ,Haushalten’ z.B. über Mikrozensus erfasst
• In den meisten Haushalten mit Migrationshintergrund wird überwiegend deutsch gesprochen;
jede vierte Person in Deutschland hatte 2018 einen Migrationshintergrund
• Definitionenkatalog der Kultusministerkonferenz (KMK) ,,SuS mit Migrationshintergrund’’
—> schwierig zu erfassen; mind. eines der folgenden Merkmale muss zutreffen:
1. Keine deutsche Staatsangehörigkeit
2. Nichtdeutsches Geburtsland
3. Nichtdeutsche Verkehrssprache in der Familie bzw. im häuslichen Umfeld (auch wenn
SuS deutsche Sprache beherrscht)
• sehr große Vielfalt individueller Sprachenverwendungen; individuelle Mehrsprachigkeit als
Ressource sehen -> wertschätzende Wahrnehmung, Akzeptanz; Erhalt und Förderung von
Mehrsprachigkeit in Gesellschaft; Schule und Erwachsenenbildung
3. Individuelle und gesellschaftliche
Mehrsprachigkeit
• individuelle Mehrsprachigkeit gilt häufig noch als
Abweichung von einer homogenisierenden Vorstellung
nationaler Sprachnorm
• alle SuS können als sprachlich heterogen gelten; nicht alle
gelten als mehrsprachig
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