DOKUMENTENANALYSE
Die häufigste Dokumentenanalyse in der Eignungsdiagnostik ist die Sichtung schriftlicher Bewerbungsunterlagen.
• Die Analyse muss regelgeleitet erfolgen, oftmals gemäß ABC-Schema.
• Vorab ist festzulegen, wie mit fehlenden Informationen umgegangen wird.
• Datenschutz muss sichergestellt sein.
• Sie dürfen alle Informationen nutzen, die die Person von sich aus beruflich präsentiert, also neben den Unterlagen
z.B. auch Xing, LinkedIn oder eine eigene berufliche Webseite. Private Informationen dürfen Sie nicht suchen und
nutzen, z.B. Facebook.
• Arbeitszeugnisse müssen wahr und nicht-negativ sein ◦ Dauer, Funktion, Inhalt; Grund des Ausscheidens ◦
Verhaltens- und Leistungsbeurteilung
VALIDITÄT VON BEWERBUNGSINFORMATIONEN
Erarbeiten Sie anhand der folgenden Artikel, welche Aspekte von Bewerbungsunterlagen zur Auswahl
herangezogen werden und wie gut diese wirklich für die Auswahl sind.
(1) Auszug von Kanning (2015) auf ILIAS.
(2) https://blog.recrutainment.de/2021/03/05/schulnoten-und-ihre-vorhersagekraft-fuer-den-ausbildungserfolg/
(3) https://blog.recrutainment.de/2020/05/15/ist-das-ein-anschreiben-oder-kann-das-weg-machen-cover-letter-
sinn-oder-sollte-man-sie-abschaffen/
(1)
Aspekte, die herangezogen und wie gut diese sind für die Bewerberauswahl:
- Foto (schlecht wegen: Attraktivitätseffekt). Fehlen des Fotos wird negativ ausgelegt. Sollte aber nicht
relevant sein.
- Lücke im Lebenslauf (und deren Interpretation)
Man wird zu Lügen motiviert um Lücken durch ausgedachte Aktivitäten zu füllen
- Dauer der Berufserfahrung (nicht aussagekräftig)
- Führungserfahrung (kein Indiz für gute Führungskraft)
- Mannschaftssport als Indiz für soziale Kompetenz? (nein)
- Ehrenamtliche Tätigkeiten als Indiz für soziale Kompetenz (geringe Aussagekraft, aber besser als Sport)
- Einzelne Schulnoten (nicht so gut. Besser sind Durchschnittsnoten, da verschiedene Lehrer miteinfließen)
- Arbeitszeugnisse (sind meist beschönigt und daher nicht aussagekräftig)
- Eselsohren, Tippfehler (sagt nichts über die Strukturiertheit und Fähigkeit der Bewerber aus)
- Anschreiben wird meist überbewertet (= nur Selbstdarstellung)
, (2) Berücksichtigt man Studien zur prognostischen Validität, so sind Schulnoten im Allgemeinen – verglichen mit
anderen Auswahlmethoden – kein wirklich valider Prädiktor für den beruflichen Erfolg. Nach der relativ neuen
Meta-Analyse von Schmidt, Oh und Shaffer (2016) liegt die prognostische Validität von Schulnoten bei r = .34.
Der Validitätskoeffizient r drückt die Höhe des Zusammenhangs aus. Je höher der Validitätskoeffizient desto höher
der Zusammenhang.
Ein r von .34 ist gar nicht so schlecht, berauschend aber auch nicht gerade. Denn um das nochmal für den Nicht-
Statistiker zu übersetzen: Ein r von .34 heißt ja, dass dies gerade einmal 11,5% der Varianz des Merkmals (hier
Berufserfolg) aufklärt.
Bereits vor knapp 20 Jahren stellten Schmidt und Hunter (1998) fest, dass kognitive Leistungstests mit einem
Validitätskoeffizienten von r =.51 eine gute Vorhersagekraft besitzen – dies spricht somit für den Einsatz solcher
Verfahren, z.B. im Rahmen eines Online-Assessments.
Schulzeugnisse liegen mit r = .41 im Mittelfeld, wenn es um die Prognose des Ausbildungserfolges geht. Ähnlich sieht
es bei der Abiturdurchschnittsnote aus. Diese ist mit r = .32 ebenfalls ein Prädiktor im Mittelfeld für berufliche
Leistung. Dabei sollte stets die Durchschnittsnote und nicht die Einzelnote betrachtet werden. Das Problem bei
Einzelnoten besteht darin, die Leistungsfähigkeit durch einzelne Noten zu über- oder unterschätzen.
Fazit:
Grundsätzlich sollten Schulnoten nicht als einziges Auswahlkriterium herangezogen werden. Ein Auswahlprozess
sollte immer mehrere Auswahlinstrumente kombinieren. Die Schulnoten müssen im Umkehrschluss natürlich nicht
komplett ignoriert werden. Falls bei der Auswahl nicht auf die Schulnoten verzichtet werden soll, sollte am besten
die Durchschnittsnote zur Bewertung herangezogen werden.
(3)
Ich würde dem Anschreiben in der aktuell meist verwendeten Form ehrlich gesagt nicht nachtrauern, weil es meist
eh Ratgeberinhalt wiedergibt und leider infolgedessen kaum noch gelesen wird.
Meines Erachtens sollte man vielmehr über intelligente und zeitgemäße Alternativen zum Anschreiben nachdenken
und dieses nicht nur ersatzlos streichen, weil es in der Form nicht mehr funktioniert oder (schlimmer) weil der
Zeitgeist meint, dass jede Hürde aus dem Bewerbungsprozess eliminiert werden müsse.
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