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louisa-zahn
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Lernziele dieses Lehrbriefes
- Die Entstehung und Entwicklung der Betriebspsychologie definieren können.
- Unterschiedliche Ansätze innerhalb der Betriebspsychologie differenzieren.
- Den Einfluss von Betriebspsychologie auf Organisationsentwicklung
verstehen.
- Grundsatzfragen der Motivation zur Arbeit nennen.
- Anwendungsmöglichkeiten unterschiedlicher Motivationskonzepte aufzeigen.
- Die Begriffe „Werte“ und „Einstellungen“ klar abgrenzen.
- Definition, inhaltliche Akzente und theoretische Ansätze von
Arbeitszufriedenheit erläutern.
- Begriffliche Grundlagen, Formen von Gruppenarbeit sowie Psychologie der
Gruppe aufzeigen.
- Das Thema Führungspsychologie eingrenzen.
- Zwischen Führungsfunktionen und Führungsstilen differenzieren.
Entstehung und Entwicklung der Betriebspsychologie
Seitdem Menschen arbeiten, beschäftigen sie sich auch mit Fragen der
Arbeitsorganisation bzw. der Arbeitsgestaltung. Frühe Ansätze haben vor allem
versucht, Leitfäden für die Managementpraxis zu entwickeln. Eine bekannte
Systematik solcher Management-Prinzipien formulierte der Franzose Henri FAYOL
1916:
- (1) Arbeitsteilung
- (2) Autorität
- (3) Disziplin
- (4) Einheit der Auftragserteilung
- (5) Einheit der Leitung
- (6) Unterordnung des Einzelinteresses unter das Gesamtinteresse
- (7) gerechte Entlohnung
- (8) Zentralisation
- (9) hierarchische Organisation
- (10) Ordnung
- (11) ausgleichende Gerechtigkeit
- (12) Firmentreue der Mitarbeiter
- (13) Initiative
- (14) Gemeinschaftsgeist
Solche leitfadenartigen Managementlehren erscheinen attraktiv, weil sie die
Komplexität des Zusammenwirkens der Elemente von Organisationen zu einfachen
Organisationsprinzipien reduzieren. In dieser Reduktion liegen jedoch auch die
Grenzen der Management-Leitfäden: Organisationsprinzipien sind nicht
allgemeingültig. Es lassen sich immer Ausnahmen und Bedingungen finden, unter
denen sie nicht gültig sind. Organisationsprinzipien sind darüber hinaus nicht
wertneutral, sondern es stecken bestimmte Ziele bzw. Ideologien dahinter, die sich
oft lediglich selbst bestätigen – wenn eine Organisation annimmt, dass hochgradige
Arbeitsteilung, Standardisierung und schriftliche Fixierung von Abläufen von Vorteil
seien, werden sich diese Prinzipien auch als Vorteile erweisen.
1
,2.1 TAYLORismus
TAYLOR (1856-1915) verhalf der Managementlehre „zu einer dramatischen
Steigerung ihrer Lösungsmächtigkeit“, indem er die – mit einem universellen
Anspruch ausgestatteten – Organisationsprinzipien der oben bereits erwähnten
einfachen Managementlehren durch die Methode des wissenschaftlichen
Experiments ersetzte. Sein Ansatz, einen Arbeitsprozess zu beobachten und mit
experimentellen Vorgehens-weisen zu optimieren, wird als Scientific Management
oder wissenschaftliche Betriebsführung bezeichnet Begriff „TAYLORismus“.
TAYLOR hatte also verstanden, dass es sehr schwierig ist, allgemeingültige und
gleichzeitig präzise Organisationsprinzipien für die Praxis zu formulieren. Angesichts
höchst unterschiedlicher Ausgangsbedingungen kann kein Organisationsprinzip so
allgemeingültig formuliert werden, dass es jeder Situation angemessen wäre. Taylor
ersetzte daraufhin die fertige Lösung des Organisationsprinzips, das unter
bestimmten Bedingungen Gefahr liefe, doch nicht gültig zu sein, durch eine
Lösungsmethode, die einen Plan liefert, wie man ausgehend von gegebenen
Voraussetzungen zu einem bestimmten Ziel gelangt. TAYLORS Anwendung
experimenteller Methoden auf Fragen der Arbeitsorganisation lässt sich gut am
folgenden Beispiel erkennen:
„Für einen erstklassigen Schaufler gibt es eine bestimmte Gewichtslast, die er
jedesmal mit der Schaufel heben muss, um die größte Tagesleistung zu vollbringen.
Welches ist nun diese Schaufellast? Wird ein Arbeiter pro Tag mehr leisten können,
wenn er jedes-mal zwei, drei, fünf, zehn, fünfzehn oder zwanzig kg auf seine
Schaufel nimmt? Das ist eine Frage, die sich nur durch sorgfältig angestellte
Versuche beantworten lässt. Deshalb suchten wir erst 2 oder 3 erstklassige
Schaufler aus, denen wir einen Extralohn zahlten, damit sie zuverlässig und ehrlich
arbeiteten. Nach und nach wurden die Schaufellasten verändert und alle
Nebenumstände, die mit der Arbeit irgendwie zusammenhingen, sorg-fältig mehrere
Wochen lang von Leuten, die ans Experimentieren gewöhnt waren, beobachtet. So
fanden wir, dass ein erstklassiger Arbeiter seine größte Tagesleistung mit einer
Schaufellast von ungefähr 9 ½ kg vollbrachte, d. h. er leistete mit einer Schaufellast
von 9 ½ kg mehr als mit einer solchen oder 8 ½ kg“.
Dieses Prinzip des Experimentierens wurde im TAYLORismus auf vielfältige Aspekte
der Arbeitsgestaltung (bspw. Bewegungsabläufe, Entlohnung, Auswahl geeigneter
Arbeiter) angewendet: Zu Anfang wurde jeweils der Lohn angehoben, um die
Zuverlässigkeit des Arbeitsvollzugs zu gewährleisten. Anschließend wurden analog
zum oben dargestellten Beispiel Werkzeuge und Bewegungsabläufe optimiert.
Schließlich folgten Experimente zur Lohngestaltung. Während der Optimierung eines
Parameters mussten die jeweils anderen Faktoren konstant gehalten werden (eine
wesentliche Anforderung für experimentelle Methoden).
Das Prinzip der experimentellen Vorgehensweise war Bestandteil eines Programms
strategischer Gestaltungsziele, die „den Charakter allgemeiner
Organisationsprinzipien“tragen, weshalb TAYLORS Ansatz der wissenschaftlichen
Betriebsführung als eigenständige Organisationstheorie angesehen werden kann.
2
,2.2 Psychotechnik
Während TAYLOR seinen Ansatz noch vollkommen unpsychologisch gedacht hatte,
kann die Psychotechnik gewissermaßen als eine „Fortsetzung des Taylorismus mit
den Mitteln der Psychologie“ angesehen werden. An die Stelle des TAYLORschen
Strebens nach Optimierung des Arbeitsprozesses trat die Erforschung des
Menschen als Betriebsfaktor. Im Mittel-punkt des psychotechnischen Ansatzes stand
die Erforschung der Eigenschaften des einzelnen Arbeiters (Belastbarkeit,
Lernfähigkeit, Geschicklichkeit, Motive etc.), um diese in die Gestaltung der Arbeit
einfließen zu lassen und bei der Personalauswahl zu berücksichtigen. Während für
TAYLOR noch der Lohn als wesentlicher Arbeitsanreiz im Mittelpunkt stand, kamen
nun Faktoren wie die Lohngerechtigkeit hinzu.
2.3 Human-Relations-Bewegung
In vielen Lehrbüchern wird die Entdeckung der Bedeutung der zwischen-
menschlichen Beziehungen als Produktionsfaktor den einflussreichen Hawthorne-
Studien zugeschrieben. KIESER weist jedoch nach, dass Unternehmern bereits im
19. Jahrhundert die Bedeutung der Qualität der menschlichen Beziehungen sehr
wohl bewusst war. Den Hawthorne-Studien komme vielmehr das Verdienst zu, die
Berücksichtigung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Rahmen der
Unternehmensführung wissenschaftlich zu legitimieren.
Hawthorne-Studien als Auslöser der Human-Relations-Bewegung
Im Rahmen eines (ursprünglich streng TAYLORistisch ausgerichteten)
Forschungsprogramms fanden einige Untersuchungen zum Zusammenhang
zwischen der Beleuchtung am Arbeitsplatz und der Arbeitsleistung in Werken der
Western Electric Company in Hawthorne statt. Entgegen ursprünglicher
Vermutungen konnte kein Zusammenhang zwischen der Stärke der
Arbeitsplatzbeleuchtung und der Arbeitsleistung gefunden werden. Im Zuge
weiterführender Untersuchungen (bspw. Reduktion der Lichtstärke bis etwa
Mondscheinstärke) festigte sich dagegen der Verdacht, dass bisher
unberücksichtigte menschliche Faktoren wirksam sein könnten. Anstelle des
ursprünglich vermuteten systematischen Zusammenhangs zwischen
Beleuchtungsstärke und Arbeitsleistung zeigte sich ein anderer, unerwarteter Effekt:
Die Leistung stieg in allen Abteilungen, in denen die Forscher tätig waren, und zwar
unabhängig von der jeweiligen konkreten Vorgehensweise der Forscher (bspw. in
einer Abteilung die Lichtstärke steigern, während in einer anderen Abteilung die
Lichtstärke verringert wird). Diese unerwarteten Ergebnisse führten zu der oben
bereits erwähnten Vermutung, dass psychische Faktoren die Leistungssteigerung
verursachten. Diese überraschenden Ergebnisse wurden von den Forschern wie
folgt erklärt: Im Rahmen der Untersuchungen war den beteiligten Arbeitern zum
ersten Mal Respekt und Interesse entgegengebracht worden. Dies stand im krassen
Gegensatz zur sonst üblichen Art und Weise der Behandlung.
Allein die Teilnahme an einer Untersuchung bzw. dass dadurch dem Arbeiter
entgegengebrachte Interesse hat also einen Einfluss auf das Verhalten an der
Untersuchung Beteiligten. Hawthorne-Effekt
Leistungssteigerungen als Folge des Entgegenbringens von Respekt und Interesse
(Hawthorne-Effekt) hatte eine Konzentration auf die zwischenmenschlichen
Beziehungen als wichtige Variable der Arbeitsgestaltung zur Folge: Durch eine
3
, Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen könne, so die
Schlussfolgerung, die Arbeitsmotivation bzw. -zufriedenheit gesteigert werden, was
wiederum eine Erhöhung der Arbeitsleistung zur Folge habe. Demnach sei die
Führung eines Betriebes gefordert, gute und vertrauensvolle Beziehungen zur
Belegschaft aufzubauen. Solche Empfehlungen und entsprechende
Schulungsprogramme für das Management bildeten den Hauptgegenstand der
sogenannten „Human-Relations-Bewegung“. Und obwohl in der Folgezeit Trainings
zu Human-Relations-Techniken in vielen Unternehmen Standard wurden, traten sie
nicht an die Stelle der wissenschaftlichen Betriebsführung; vielmehr wurde dadurch
lediglich der Umgang mit den Arbeitern verändert. Genauer betrachtet stellt die
Human-Relations-Bewegung keine eigene Organisationstheorie dar, da die
Aussagen des Ansatzes nicht direkt Organisationsstrukturen erklären, sondern eher
menschliches Verhalten innerhalb des Rahmens der Organisationsstrukturen. Für die
Organisations- bzw. Betriebspsychologie ist der Human-Relations-Ansatz dennoch
von fundamentaler Bedeutung, da seither die Verbesserung der Arbeitszufriedenheit
einschließlich der sozialen Beziehungen in Organisationen als eigenständige
Zielkriterien angesehen werden.
Der soziotechnische Ansatz
Der soziotechnische Ansatz versucht, Organisationen umfassend zu betrachten – zu
den Betrachtungsebenen gehören die Organisation als Ganzes ebenso wie die
Gruppen- und die Individualebene. Besonderes Augenmerk legt der Ansatz auf das
Verhältnis und die Wechselwirkungen zwischen technischen und sozialen
Komponenten der Organisation. Der soziotechnische Ansatz nimmt eine systemische
Sichtweise ein. Er versteht Organisationen bzw. Unternehmen dementsprechend als
komplexe offene soziale und technische Systeme. Zum sozialen Teilsystem gehören
die Mitarbeiter mit ihren Fähigkeiten, Qualifikationen und Bedürfnissen. Dem
technischen Teilsystem werden Maschinen, Anlagen, Gebäude und sonstige
Betriebsmittel zugerechnet. Die Verbindungen zwischen diesen beiden Teilsystemen
werden durch die Arbeitsrollen der Mitarbeiter geschaffen. Unternehmen sind
zuweilen ebenso unterschiedlichen wie starken inneren und äußeren Schwankungen
bzw. Einflüssen unterworfen. Um diesen Einflüssen wirksam zu begegnen und die
daraus resultierenden Wandlungserfordernisse erfolgreich zu bewältigen, müssen
Organisationseinheiten geschaffen werden, die sich weitgehend selbst regulieren
können. Selbstregulierende Organisationseinheiten (bspw. teilautonome
Arbeitsgruppen) können auf Schwankungen des Systems (bspw. Veränderungen der
Nachfrage und dadurch bedingte Veränderungen des Produktes) wesentlich
schneller und angepasster reagieren als solche Teilsysteme der Organisation, die
zentral gesteuert werden. Selbstregulierende Organisationseinheiten brauchen daher
(a) eine gewisse technische und organisatorische Unabhängigkeit, (b) eine möglichst
ganzheitliche Aufgabe und (c) eine möglichst umfassende Verantwortung
einschließlich erforderlicher Entscheidungsspielräume. Um eine Organisation zu
optimieren, müssen die technischen und sozialen Komponenten gemeinsam
optimiert werden.
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