Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
Rechtswissenschaft
Medizinrecht
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LEBENSMITTELRECHT
1. Allgemeines
- Themen: Lebensmittelrecht einschließlich Futtermittel, Kosmetikrecht, Bedarfsgegenstände
(nicht: Tabakrecht, werden trotzdem behandelt wegen Medizinrecht), Ernährung
- Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch LFGB
- Zweck: - Gesundheitsschutz (Vorsorgeprinzip Art. 7 I Basisverordnung der EU, Maßnahmen
bei unklarer wissenschaftl. Lage aber möglichem Risiko für
Gesundheitsschädigung Maßnahmen ergreifen, verhältnismäßig,
bindende Risikoanalyse für Mitgliedsstaaten)
- Verbraucherschutz (vor Irreführung, Leitbild „verständiger Verbraucher“)
- Verbraucherinformation (verständiger Verbraucher = bei zumutbarer eigener
Anstrengung informierter Verbraucher): Kennzeichnung,
Lebensmittel-Informationsverordnung LMIV
P: Paternalistischer Ansatz, keine Erziehung der Verbraucher
- Grundrechtsberührend: zB durch Schutzp icht des Staates bei schädlichen Lebensmitteln im
Verhältnis zur Autonomie
- Ethische Aspekte: Tierwohl, Lebensmittelerzeugung, Recht auf Nahrung, Umweltschutz,
Lebensmittelsicherheit, religiöse Aspekte (Speisegebot)
2. Europarecht
- Einschränkung des nationalen politischen Gestaltungsspielraumes durch Europarecht
- Rechtsgrundlagen: - Grundfreiheiten: freier Warenverkehr Art. 34, 36 AEUV
- Rechtsangleichung/Harmonisierung wenn Unionsgesetzgeber tätig
geworden ist Art. 114 AEUV
- Agrarpolitik Art. 38 . AEUV
- Primärrecht: Grundfreiheiten, insbes. freier Warenverkehr, Verbot mengenmäßiger Einfuhr-
beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung (Art. 34/36 AEUV)
- Sekundärrecht (benötigt Grundlage im Primärrecht):
-> Verordnungen: unmittelbare Geltung in Mitgliedsstaat
-> Richtlinien: benötigt Umsetzung in Mitgliedsstaat
-> Beschlüsse: entsprechen Verwaltungsakt in Mitgliedsstaat
- Leitentscheidungen: Dassonville, Cassis de Dijon, Mars, Reinheitsgebot für Bier
- strenge Kontrolle mitgliedsstaatlicher Beschränkungsmaßnahmen, großer Ermessensspielraum
für Unionsgesetzgeber
- Entscheidungen: - Schutz von Milchbezeichnungen, kein „Veggie-Käse“/„Tofu-Butter“
- „Bekömmlich“ als unzulässige Bezeichnung für Wein und Bier
- unterschiedliche Behandlung der Bezeichnungen Käse (s.o.) und Fleisch laut
EuGH zulässig (zB „Veggie-Schnitzel“ bei ausreichender Kennzeichnung)
- horizontale Harmonisierung: Harmonisierung von Regelungen, die alle Lebensmittel betre en,
soll sich auf allgemeine Regelungen konzentrieren, zB Regelungen
über Kennzeichnung, Kontrolle
- vertikale Harmonisierung: betri t einzelne Lebensmittel mit spezi schen Regelungen, konkrete
Produktanforderungen, darauf soll weitgehend verzichtet werden
- gegenseitige Anerkennung auf Basis der Cassis-Rechtsprechung, basiert auf gegenseitigem
Vertrauen durch Einhaltung gemeinsamer Standards, Lebensmittelkontrollverordnung
3. Deutsches Lebensmittelrecht
- Kompetenzgrundlage Art. 30, 70 GG (konkurrierende Gesetzgebungskompetenz, Länder
ausgeschlossen, soweit Bund Regelungen erlässt)
- Umsetzung europäischer Vorgaben nach nationalem Recht Art. 291 I AEUV
-> Verdrängungs- und Sperrwirkung des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts:
dem Unionsrecht widersprechende Vorgaben sind im Kollisionsfall unionsrechtskonform
auszulegen bzw. sind gar nicht erst zu erlassen
- LFGB (basiert auf EU-BasisVO, viele Verweisungen) und weitere Gesetze/Rechts-VOs
aufgrund gesetzl. Ermächtigung, Art. 80 GG
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, 4. Grundbegri e
a) Lebensmittel
- unionsrechtliche De nition in Art. 2 VO (Basis-VO) notwendig, da Lebensmittel sehr
umsatzstark und daher für Warenverkehrsfreiheit relevant
- alle Sto e oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem
Ermessen erwartet werden kann, dass sie […] vom Menschen aufgenommen werden
- Aufnahme = Verzehr (auch Getränke, Kaugummi, Wasser)
- nicht: Futtermittel (bei zB Getreide entscheidet die konkrete Zweckbestimmung), lebende
Tiere (außer zB Austern), P anzen vor Ernte, Arzneimittel, Kosmetik, Tabak
b) Arzneimittel
- Abgrenzung Lebensmittel und Arzneimittel (häu g klausurrelevant)
- unionsrechtliche De nition erforderlich, De nition gem. § 2 AMG europarechtl. auslegen
- Lebensmittel bedürfen nach Verbotsprinzip nur Zulassung, Arzneimittel unterliegen langem/
teuren Zulassungsverfahren (Art. 13 . ArzneimittelG), daher wird oft versucht, Arzneimittel als
Lebensmittel deklarieren zu lassen, umgekehrt wird das versucht, um Renommee/Preis/
Erstattungsfähigkeit von KK zu erreichen
- Abgrenzung nach Zweckbestimmung und Funktion: Lebensmittel für Ernährung, Arzneimittel
für Heilung/Linderung/Verhütung von Krankheiten bestimmt oder geeignet
- kann nur entweder Arzneimittel oder Lebensmittel sein, im Zweifel Arzneimittel
- Grenzfälle: gesonderte europarechtl. Richtlinien, in deutschem Recht umgesetzt
zB Nahrungsergänzungsmittel: Ergänzung allg. Ernährung in dosierter Form
zB diätetische Lebensmittel: für besondere Ernährungserfordernisse bestimmter
Verbrauchergruppen bestimmt und geeignet, deutlicher Unterschied zum allg.
Verzehr, dienen besonderen medizinischen Zwecken
zB angereicherte Lebensmittel
c) Bedarfsgegenstände
- § 2 VI LFGB verweist auf Art. 1 II VO
- allgemeines Kriterium: nicht nur vorübergehende Berührung mit menschlichem Körper
zB Kleidung, Bürsten, Verpackungsmaterial für Kosmetika
- Lebensmittelbedarfsgegenstände: Berührung mit Lebensmittel
zB Geschirr, Verpackungen (ausgenommen Medizinprodukte, gesondert geregelt)
d) Tabakerzeugnisse, kosmetische Mittel
- Tabak: im Tabakerzeugnisgesetz, ausdrücklich kein Lebensmittel („Genussmittel“)
- Rauchverbote: verfassungsrechtl. Kon ikt Freiheit vs. Schutzp icht bzgl. Gesundheit
- Kosmetika: keine Lebensmittel, trotzdem in §§ 26-29 LFGB geregelt, bezieht sich auf
Durchführungsmaßnahmen zur EU-KosmetikVO
e) Verbraucher
- Art. 3 Nr. 18 VO: Letzter Verbraucher eines Lebensmittels, der dieses nicht in Tätigkeit eines
Lebensmittelunternehmens verwendet (persönlich/privat, im Haushalt)
f) Missbrauchsprinzip
- generelle Erlaubnis, etwas zu tun/lassen, soweit diese Freiheit nicht dazu missbraucht wird,
gegen Verbote/Rechtsnormen zu verstoßen (Erlaubnis mit Vebotsvorbehalt)
- Folge: Prinzip des eigenverantwortlichen Inverkehrbringens, ohne behördliche Genehmigung,
Haftung des Inverkehrbringers bei Verstoß gegen Lebensmittelrecht zB Verbot von
gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln, irreführenden Angaben
g) Verbotsprinzip
- im Lebensmittelrecht die Ausnahme, Regelfall ist Missbrauchsprinzip
- Inverkehrbringen eines Lebensmittels abhängig von Erlaubnis einer Behörde nach Prüfung der
Zulassungsvoraussetzungen (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt)
- braucht verfassungsrechtliche Rechtfertigung, da Eingri in Grundrechte (Art. 2 I, 12 GG, Art.
14, 16 Grundrechtecharta, wenn im Unionsrechtskontext)
-> legitimes Ziel: vorbeugender Gesundheitsschutz, Vorsorgeprinzip, Art. 7 BasisVO
-> legitimes Mittel: geeignet, erforderlich, angemessen (unionsrechtl. Vorgaben für
Risikobewertung in Art. 6 BasisVO)
h) Risikoanalyse
- Art. 6 Basis VO (und Art. 3, 7, 8a-c): Bewertung, ob Lebensmittel sicher oder nicht ist
-> von nationalen Gesetzgebern/Behörden zu beachten
- Schritte:
1. Risikobewertung auf wissenschaftlicher Grundlage (durch EU-/Bundes-/Landesbehörden):
Gefahridenti zierung, -beschreibung, Expositionsabschätzung, Risikobeschreibung
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