Betriebswirtschaftslehre – Modul 1
1. Was ist BWL?
Definitionen:
• „Disziplin der Wirtschaftswissenschaften, die sich mit dem Aufbau, der Organisation
und der Führung von Betrieben befasst“ (Duden, 2013)
• „Die Betriebswirtschaftslehre als Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften be-
schreibt und untersucht die ökonomischen Funktionen eines Betriebs innerhalb ei-
ner Volkswirtschaft/Industrie. Dazu gehört neben den Unternehmenszielen und den
betriebswirtschaftlichen Funktionen vor allem die optimale Organisation der Pro-
duktionsfaktoren“ (WU Wien)
Betriebswirtschaft als Wissenschaft:
→ beschäftigt sich mit Sachverhalten
und Vorgängen innerhalb eines Un-
ternehmens
2. Historische Entwicklung der BWL
Ursprünge:
- 1776: Adam Smith (1723–1790) veröffentlicht Wohlstand der Nationen –Eine Untersu-
chung seiner Natur und seiner Ursachen
• Arbeit (lat. industria) und nicht Natur ist die Basis für die Schaffung von Wert =>
Betonung der Arbeitsteilung (jede nützliche Arbeit ist produktiv)
• begründet die Nationalökonomik, da er die Perspektive der gesamten Gesellschaft
betont und nicht die des Einzelnen
• freie wirtschaftliche Entfaltung des Einzelnen mit geringen staatlichen Eingriffen
fördert das gesamtgesellschaftliche Wohl („invisible hand“)
• dadurch entstehen Angebot und Nachfrage
- ab 1870 löst die Neoklassik die Nationalökonomik mehr und mehr ab.
• löst das Werteparadoxon („Wasser-Diamanten-Paradoxon“) der Klassik auf = Ausein-
anderfallen von Nutzen, Wert und Preis
• Nutzen und damit Wert und Preis sind nicht absolut und objektiv, sondern relativ
und subjektiv bestimmbar
◦ „subjektive Wertlehre“ vertreten von Gossen, Jevons und Walras
◦ Prinzip des abnehmenden Grenznutzens =>
erstes Gossensches Gesetz (1854): „Die Grö-
ße ein und desselben Genusses nimmt,
wenn wir mit der Bereitung des Genusses
ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab,
bis zuletzt Sättigung eintritt.“
,=> zentrale Annahme der Neoklassik: der Mensch ist ein Nutzenmaximierer
(„Homo Oeconomicus“)
• handelt rational => wählt die nutzenmaximierende Alternative (diese ist empirisch
bestimmbar und wertfrei)
• hat feststehende Präferenzen
• hat Zugang zu vollständiger und kostenfreier Information
=> alle wirtschaftlichen Entscheidungen sind Optimierungsentscheidungen (dies gilt nicht
nur für individuelle, sondern auch für aggregierte Größen)
aggregierte Größen:
• Haushalte, die begrenzt durch ihre Möglichkeiten (z.B. Preise,
Löhne und andere Einkommen) die für sie beste Alternative
(das Haushaltsoptimum) wählen.
• Unternehmen, welche unter den jeweiligen Marktbedingun-
gen die Produktion wählen, die dem Unternehmensziel am bes-
ten entspricht.
•
die unterschiedlichen Marktbedingungen können sein:
• vollkommener Markt (vollständige Konkurrenz):
◦ keine persönlichen, räumlichen oder zeitlichen Präferenzen
◦ vollkommene Information und Markttransparenz
◦ Gleichheit der Güter
◦ unendlich schnelle Reaktion der Marktteilnehmer auf Veränderungen
• Monopol: nur einen Anbieter
• Monopson: nur einen Nachfrager
• Oligopol: nur wenige Anbieter
• Oligopson: nur wenige Nachfrager
Zentraler Unterschied Nationalökonomik und Neoklassik:
Nationalökonomik Neoklassik
… stellt die Produktion in den Vordergrund … stellt den Tausch (Handel) zwischen
rationalen Individuen in den Vordergrund
=> Sie fragt nach Ursprung, Wachstum und => Sie untersucht, wie Individuen mit
der Verteilung des Reichtums in der feststehenden Interessen und einer
Gesellschaft. bestimmten Ausstattung die bestmögliche
Verteilung (Allokation) von knappen
Ressourcen für ihre Zwecke anstreben.
Die Entwicklung hin zur BWL im 19. Jahrhundert:
• die VWL etabliert sich an vielen Hochschulen
• die „Handelswissenschaft“ hinkt zunächst hinterher
• die einsetzende Industrialisierung bringt jedoch einen großen Bedarf an versierten
Kaufleuten mit sich, vor allem in großen Industriebetrieben.
, • Der Bedarf an professionellen Führungskräften führt zur Gründung erster Handels-
hochschulen im Jahr 1898: (in Leipzig, Aachen & Wien)
• => 1898 als Geburtsjahr der BWL
aber: in der Wissenschaft bleibt weiterhin umstritten, ob die BWL eine eigenständi-
ge Disziplin oder nur ein Teil der VWL ist.
Die Entwicklung der BWL im 20. Jahrhundert:
• die zunehmende Verankerung an Hochschulen und die Gründung von Publikationen
stärken die BWL
◦ 1906: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (zfbf)
◦ 1908: Die Betriebswirtschaft
• mit der Wiedereinführung der Marktwirtschaft nach dem 2. WK erlebt die BWL eine
Renaissance => stärkere Funktionalisierung der BWL und Entwicklung von Teilgebie-
ten; z.B.: Absatz, Produktion, Finanzierung
• 1951: „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre“ von Erich Gutenberg (1897-1984)
=> Begründer der modernen BWL in Deutschland
◦ nicht die einzelnen Teilbereiche stehen im Vordergrund, sondern die Kombinati-
on von Produktionsfaktoren
◦ Klassifikation von Produktionsfaktoren, die bis heute Gültigkeit hat
◦ im Zentrum steht der Zusammenhang zwischen Input und Output => Produkti-
onsfunktion
◦ er überträgt Elemente neoklassischer Mikroökonomik auf die BWL
Die Entwicklung der BWL in den 1980er Jahren:
• die Neue Institutionenökonomik tritt in den Vordergrund
◦ Ursprünge bereits 1937: „The Nature of the Firm“ von Ronald Coase (1910-2013)
begründet die Transaktionskostentheorie
◦ 1975: Oliver Williamson (1932-) prägt den Begriff der NI und entwickelt die Ar-
beit Coases weiter.
◦ 1976: Michael C. Jensen (1939-) und William H. Meckling (1922-1998) veröffent-
lichen den Aufsatz “Theory of the Firm. Managerial Behavior, Agency Costs and
Ownership Structure.” => Begründung der Principal-Agent-Theory
• die Neue Institutionenökonomik erweitert die Annahmen der Neoklassik um „reali-
tätsnahe“ Bedingungen, z.B.:
◦ asymmetrische Information => keine Markttransparenz
◦ beschränkte Rationalität
◦ Existenz von Transaktionskosten => Einschränkung des Marktes
• Institutionen, d.h. formelle und informelle Regeln und Strukturen, können mehr Si-
cherheit schaffen und Handel erleichtern. Dies gilt ...
◦ … auf volkswirtschaftlicher Ebene, besonders durch den Staat
◦ … auf betriebswirtschaftlicher Ebene, z.B. durch interne Kontrolle („Corporate
Governance“)
, Jüngste Entwicklungen in der BWL:
• stärkere Berücksichtigung von modernen Informationstechnologien, z.B. Social Me-
dia Marketing
• mathematische Optimierungsmodelle
• stärkere Betonung von Risikomanagement in einer globalisierten Welt
• Einfluss von „Megatrends“, z.B. Ressourcenknappheit, demographische Entwick-
lung, Klimawandel
3. Megatrends des 21. Jahrhunderts
3.1 Globalisierung
• diffuses Phänomen mit verschiedenen Dimensionen: politisch, ökologisch, technologisch,
ökonomisch, kulturell
• verbunden mit vier übergeordneten Entwicklungen:
◦ Entgrenzung
◦ Enträumlichung („deterritorialization“) („Raum“ ist kein räumliches oder zeitli-
ches Hindernis mehr)
◦ Vernetzung („interconnectedness“)
◦ Verdichtung („time-space compression“) (lokale Ereignisse können innerhalb von
kurzer Zeit weltweite Folgen haben)
• Inwiefern sind Unternehmen betroffen?
Chancen Herausforderungen
• Beschaffung: Erschließung/Sicherung • steigender internationaler Wettbe-
von Ressourcen werb um natürliche Ressourcen =>
• Produktion: Rationalisierungs-und Ressourcenknappheit
Kostenvorteile • Höhere Arbeitskräftemobilität =>
• Absatz: Erschließung/Sicherung von Wettbewerb um Arbeitskräfte und
Auslandsmärkten durch situations- Fluktuation
spezifische, lokal angepasste Wettbe- • Verletzung geistiger Eigentumsrechte
werbsstrategien und Produkte • Konfrontation mit unterschiedlichen
• Umwelt: Nutzung länder-bzw. stand- rechtlichen und kulturellen Rahmen-
ortspezifischer Rahmenbedingungen bedingungen, z.B. Kinderarbeit
kultureller, technologischer, rechtli- ⇒Gefahr der „Skandalisierung“ =>
cher oder wirtschaftlicher Art Imageschäden und negative Kunden-
• Faktorbezogene Chancen: Erschlie- reaktion
ßung neuer Ressourcen im Bereich
F&E, Personal
3.2 Klimawandel
• Erhöhung der Erdtemperatur
◦ durchschnittlicher Anstieg von 1,1 bis 6,0 Grad bis 2100
◦ die bereits eingetretenen Klimaeffekte sind für die nächsten 1000 Jahre irreversi-
bel
• Extremwetterphänomene
• Folgen des Klimawandels in Deutschland: Temperaturanstieg
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