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Einführung in die Humangeographie

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Es handelt sich um Vorlesungsmitschriften des Moduls B3 Einführung in die Humangeographie.

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  • February 24, 2021
  • 97
  • 2019/2020
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Modul B3 Einführung in die Humangeographie
Geographie
4 Oppositionen innerhalb der Geographie:
• Naturwissenschaft vs. Sozial-/Kulturwissenschaft
• (nomothetische) Allgemeine/Thematische Geographie vs. (idiographische) Regionale Geographie
• Grundlagenforschung vs. Anwendungsorientierung
• Geographie als Wissenschaft vs. Erdkunde als Schulfach
Reflektion über den Begriff Humangeographie & Abwägung von Definitionsversuchen
➢ Anthropogeographie: etymologisch korrekt => Zusammenhang Mensch, Erde, Beschreibung
derjenige Teilbereich der Allgemeinen Geographie, der sich mit der Raumwirksamkeit des Menschen
und der von ihm gestalteten Kulturlandschaft und ihren Elementen in ihrer räumlichen Entwicklung und
Differenzierung erfasst. (Anthropozän (Paul J. Crutzen) -> Mensch als zentraler Gestalter der Umwelt)
➢ Humangeographie:
Verzicht einer einheitlichen Definition wird der Dynamik des Faches gerechter!
Minimalkonsens: Zusammenhang von Menschen & räumlichen Phänomenen
„Raum-Machen“: nicht nur das objektive materielle Substrat entscheidend, sondern die
gesellschaftliche Bedeutung->Sozialisationsprozess
„Räume werden gemacht“->Konstruktion durch je nach Zweck und Interessen differenzierte Kriterien,
z.B. ländliche Bevölkerung, Dichtewerte, Indizes, der Wertigkeit von Raumkategorien im
raumordnerischen Diskurs (Grundzüge der Raumordnung in Deutschland)

,Ländliche Räume:
Stadt-Land-Kontinuum=>“rurbane Strukturen“: Auflösung von Ländlichkeit->„Räume werden gemacht!“
Definition ländliche Gebiete der OECD (OECD= Organisation for Economic Cooperation and Development)
Die OECD nimmt eine Typologie der ländlichen Gebiete nach drei wesentlichen Kategorien vor:
➢ überwiegend ländliche Gebiete mit über 50% der Bevölkerung in ländlichen Gemeinwesen
➢ stark ländlich geprägte Gebiete mit 15 bis 50% der Bevölkerung in ländlichen Gemeinwesen
➢ überwiegend städtische Gebiete mit weniger als 15 % der Bevölkerung in ländlichen Gemeinwesen
als einziges Kriterium für die Abgrenzung ländlicher von städtischem Gemeinwesen dient die Bevölkerungsdichte.
Die Grenze wird bei einer Bevölkerungsdichte von 150 Einwohnern pro Quadratkilometer festgesetzt.
Kriterien: Bevölkerungsdichte < 150/qkm = ländliche Siedlung; Anteil Bevölkerung in „ländlichen Siedlungen“

LEADER: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft seit 1991; Ziele:
Problembewusstsein, regionale Identität, eigenständige Regionalentwicklung, Förderung des endogenen Potenzials
„top-down-Ansatz“: von Regierung ausgehend (Infrastrukturausbau)
„bottom-up-Ansatz“: von Bevölkerung ausgehend
Raumordnung
Initiierung und Koordinierung aller öffentlichen Maßnahmen (Planungen und Investitionen), die bedeutsam sind für
die Zuordnung von Mensch und Raum
1.Beschreibung der bestehenden räumlichen Ordnung (Raumordnungsberichte, laufende Raumbeobachtung)
2.normative Vorstellung von räumlicher Ordnung (Bundesraumordnungsgesetz)
3.Tätigkeit, von bestehender räumlicher Struktur zu gewünschter räumlicher Struktur zu kommen
Leitbilder: Wettbewerbsfähigkeit stärken, Daseinsvorsorge sichern, Raumnutzung steuern

Multifunktionalität der ländlichen Räume
Den ländlichen Raum gibt es nicht
->ländliche Räume! Disziplinär nicht eindeutig
zuzuordnen!

,Ländliche Siedlungen
Kennzeichen ländlicher Siedlungen (eher historisch)
➢ geringe Größe
➢ geringe Dichte (häufig Einzelstellung der Gebäude), Überwiegen von Ein- und Zweifamilienhäusern
➢ geringe Zentralität
➢ geringe Ausstattung mit industriellen und tertiären Arbeitsplätzen; historisch Dominanz der
Landwirtschaft
➢ Pendlerdefizit
➢ Überschaubarkeit, soziale Kontrolle
Fazit: Was prägt ländliche Siedlungen?
➢ natürliche Ausstattung in Ortsnamen & Stellung in Siedlungsort
➢ territoriale Zugehörigkeit (Dörfer), soziale Gegensätze (Dynamik, Abhängigkeit von Lagebeziehungen
->Wandlung durch unmittelbare Nähe zur Großstadt)
Dorfformen
Altsiedelland: Besiedelung überwiegend vor 1050, eher unregelmäßige Siedlungsformen (Haufendörfer)
Jungsiedelland: Besiedelung überwiegend nach 1050, eher regelmäßige Siedlungsformen (Angerdorf als
Regelform)
Angerdorf: mittelgroße, planmäßige Siedlung, deren Gehöfte in lockerem bis dichten Abstand
einen großen Platz, den Anger, umschließen
Hufensiedlung: Dorf Form oftmals mit einer ursprünglich regelhaften Aufreihung
der Gehöfte und daran angeschlossenen Hufen (=bäuerliche Besitzeinheit)
Weiler: umfasst zwischen 3 und maximal 10-15 benachbarte
Wohnstätten bzw. Gehöfte, ist eine Übergangsform zwischen
Einzelgehöft und Gruppensiedlung
Wurftensiedlung: (radial; „polar“)
->radial um Wurft (=kleiner Hügel gegen Hochwasser),
Kirche auf der Spitze des Hügels als letzter Fluchtpunkt
Drubbelsiedlungen=Kleinstsiedlungen
Plaggenwirtschaft: (Plaggendüngung) heute nicht mehr angewendete Form der Bewirtschaftung von
leistungsschwachen Böden
Rundling: Gruppierung von hufeisenförmigen Hofstellen um einen Platz mit einem einzigen
Zugang
Siedlungsform, in der die Höfe des Ortes keil- oder sektorenförmig um einen runden, ovalen
oder als Sackgasse ausgelegten Platz gruppiert sind, der in der Idealform nur einen Zugang
aufweist, über den der Rundling an das Straßen- oder Wegenetz und das zugehörige Ackerland
angebunden ist; dem Ortseingang gegenüber liegt häufig ein Schulzenhof
Forschungsdiskussion zur Genese der Rundlinge:
Siedlungsform, „in der in der Frühzeit des hochmittelalterlichen Landesausbaus (das ist ab etwa 1050 n.
Chr.) zu deutschem Recht eine überwiegend slawische Bevölkerung von regionalen Grundherren in einem
geplanten Siedlungsvorgang angesiedelt oder neustrukturiert wurde.“
Moorkolonie (Fehnkolonie; Moorhufendorf): Urbarmachung (durch Abbau von Torf) des Landes
& Ansiedlung von Menschen in Moorgebieten
Straßendorf: doppelzeilige Dorfanlage, bei der Häuser oder Gehöfte in
dichter Weise entlang einer Straße aufgereiht sind
Haufendorf: es hat einen unregelmäßigen Grundriss (typisch für
Altsiedelland). Die meist zugehörige Gewannflur ist durch
Flurbereinigungen (grade Straßen, Rückhaltebecken für Bäche, Landstrukturveränderungen)
heute größtenteils beseitigt

, Grundbegriffe zur historischen ländlichen Siedlung
Gemarkung: Gesamtfläche einer Gemeinde oder Siedlung, umfasst besitzrechtlich Flur, Kommunalland und
evtl. auch Staatsland, früher durch Gewohnheitsrecht (Funktionalgemarkung), heute durch Gesetz
(Kataster, Grundbuch) festgelegt
Flur: individuell genutzter Teil der Gemarkung; landwirtschaftlich genutzte Flächen
Kataster: landesweit flächendeckendes Register sämtlicher Flurstücke &deren Beschreibung
Allmende: gemeinschaftlich genutztes Land; Form von gemeinschaftlichem Eigentum
Parzelle: Grundelement der Flur und deren kleinste Einheit, heute amtlich als Flurstück bezeichnet.
Parzellen können von wenigen m² bis zur Flächengröße eines Gutsbetriebes reichen
Gewann: Verbund von Schmalstreifenparzellen
Zelge: Fruchtartbezirk in der Dreifelderwirtschaft
Wohnstelle/Hofreite: Wohn- und Wirtschaftsgebäude mit Hausgarten
Ortsnamen
Suffixe spiegeln im Ideal Siedlungsprozesse nach: ->bestimmte Endungen (=Suffixe) kommen aus
• Siedlungsperiode bestimmten Zeiten, daran erkennbar, wie alt
• Trägerschaft („Stamm“) Dorf/Ort ist (Erinnerung, Gedächtnis,
• Lage im Naturraum (agrarische Gunst und Kommunikation)
Ungunst) ➢ Germanisierung von Ortsnamen durch
damit korrelieren tendenziell Dorf- und nationale Bewegungen: Politik schlägt auf
Flurformen: Namensgebung nieder
➢ Altsiedeland: Haufendörfer und Gewannfluren ->Name als Beleg sozialer & politischer
➢ Jungsiedeland: Planformen Aneignung von Räumen & Orten
➢ territorialer Einfluss auf Siedlungen
(Ortsreligion); soziale Aushandlungsprozesse
➢ Ergänzung und Abgrenzung gegenüber
linguistisch-sprachgeschichtlicher Forschung
Innere Differenzierung: baulich und sozial

Wandel durch Dorferneuerung
Phasen der planerischen Dorfentwicklung in
Deutschland:
• Dorfsanierung (ca. 1960-75): urbane Leitbilder,
Straßenbau, Aussiedlerhöfe
• erhaltende Dorferneuerung (ab dem Europäischen
Denkmaljahr 1975): Gestaltung des Ortskerns unter Bezug
auf das „historische“ Erbe und die ortsbildprägende
Bausubstanz (in Bayern: Denkmalpflegerischer
Erhebungsbogen), Wohnumfeldverbesserung
• Dorfentwicklung als Prozess (ab ca. 1990)
• Beiträge der Geographie:
vorbereitende Untersuchungen, Entwicklung von
Gesamtkonzepten, Organisation von Modellvorhaben,
Moderation von Planungsprozessen
• hinter bäuerlichen Strukturen stecken Logiken &
Historien
Differenzierte Entwicklung ländlicher Siedlungen je nach
Lagebezug zu einer Großstadt

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