Statistik 2
Zusammenfassung: Testverfahren I (Einführung in die inferenzstatistische Hypothesentestung)
«Inferenzstatistische Hypothesentestung dient der Testung verschiedener Fragestellungen über
Populationsverhältnisse, mit dem Ziel eine Entscheidung über das Beibehalten oder Zurückweisen
einer Nullhypothese mittels des Stichprobenbefunds zu treffen.»
Kapitel 1: Einführung in die inferenzstatistische Hypothesentestung
Das erste Kapitel führt in die inferenzstatistische Hypothesentestung ein und stellt wichtige Kernkonzepte wie die
Null- und Alternativhypothese dar, sowie die Bedeutung der Alpha- und Beta-Fehler und Überlegungen zur
Teststärke und zum optimalen Stichprobenumfang.
Aufgabe der inferenzstatistischen Hypothesentestung
- Die inferenzstatistische Hypothesentestung hat die Aufgabe, anhand von Stichprobenkennwerten Hypothesen
über die Population zu testen. Somit soll die Übertragbarkeit von einem Stichprobenereignis auf die
Population validiert werden.
Hypothesen
- Zu Beginn einer Studie wird eine von Theorien geleitete, wissenschaftliche Fragestellung in Form einer
Hypothese aufgestellt. Dazu muss die Fragestellung in Fachbegriffen präzisiert werden (Operationalisierung).
- Grundsätzlich werden gegensätzliche, einander ausschließende Hypothesen formuliert, nämlich die
Nullhypothese und die Alternativhypothese.
(1) Nullhypothese:
Auch genannt «Negativhypothese». Sie behauptet, dass es keine (Mittelwerts-)Unterschiede bzw. keine
Zusammenhänge in der Population gibt. Die Annahme lautet hier, dass eventuell in Stichproben auftretende
Mittelwertsunterschiede oder Zusammenhänge zufällig bei der Stichprobenziehung entstanden sind. Sie wird
als H0 bezeichnet und steht komplementär zu Alternativhypothese.
(2) Alternativhypothese:
Auch genannt «Positivhypothese». Sie behauptet, dass ein Unterschied oder ein Zusammenhang in der
Population besteht. Die Alternativhypothese sollte immer aus Theorien, Vorstudien und Literatur abgeleitet
sein. Sie wird mit H1 bezeichnet.
Grundsätzliche Annahmen:
- Nullhypothese ist die Grundlage der inferenzstatistischen Hypothesentestung. Nur in Abhängigkeit der
Nullhypothese können Wahrscheinlichkeiten ermittelt werden.
- Je größer die (Mittelwerts-)Differenz des untersuchten Merkmals zufällig aus der Population gezogener
Stichproben ist, desto kleiner ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Nullhypothese aufrechterhalten werden
kann.
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, - Wenn die Nullhypothese nicht mehr gültig ist muss die Alternativhypothese angenommen werden. Es gibt nur
diese beiden Möglichkeiten! Nur wenn die H0 verworfen wird können Aussagen über die H1 geformt werden!
Ungerichtete und gerichtete Alternativhypothesen:
- Ungerichtete H1: Es wird davon ausgegangen, dass es lediglich einen Unterschied zwischen zwei
Stichprobenkennwerten gibt, wobei nicht festgelegt wird, welche Richtung dieser hat, also in welcher
Stichprobe der größere Mittelwert erwartet wird. Nur die Existenz eines Unterschieds wird untersucht. Man
nennt dieses Vorgehen auch explorativ. Dies sollte nie einen Mangel an Vorwissen kaschieren.
- Gerichtete H1: Es wird, durch Voruntersuchungen und theoretische Vorüberlegungen, die Richtung eines
Unterschiedes zwischen zwei Stichprobenkennwerten angegeben. Es wird also vor der Datenerhebung
bestimmt, in welcher Stichprobe der höhere Mittelwert erwartet wird. Diesem Verfahren wird aufgrund des
theoriegeleiteten Vorgehens ein höherer Stellenwert eingeräumt, es wird als wissenschaftlicher betrachtet
(abgesehen von Fachzeitschriften und Biometrikern).
Formulierung von Hypothesen:
- Es sei μ1 die mittlere (…) in der Population der (…) und es sei μ2 die mittlere (…) in der Population der (…).
Dann gilt:
H₀: μ₁ = μ₂ Nullhypothese
H₁: μ₁ ≠ μ₂ ungerichtete Alternativhypothese
H₁: μ₁ < μ₂ gerichtete Alternativhypothese
H₁: μ₁ > μ₂ entgegengesetzt gerichtete Alternativhypothese
bei einem α-Niveau von 5%.
- Es gilt hier anzumerken, dass immer nur eine Form der Alternativhypothese formuliert wird, aber hier
beispielhaft alle Varianten aufgeführt sind.
Konkretes Beispiel: Es sei μ₁ die mittlere Reaktionszeit auf akustische Reize der Population der Frauen und es
sei μ₂ die mittlere Reaktionszeit auf akustische Reize der Population der Männer.
Es gilt:
H₀: μ₁ = μ₂
H₁: μ₁ ≠ μ₂
bei einem α–Niveau von 5%
Es handelt sich um eine ungerichtete Alternativhypothese, da nicht definiert, welches Geschlecht die bessere
Leistung erbringt. Würden Frauen niedrigere (bessere) Reaktionszeit aufweisen, so würde es sich um eine
gerichtete Alternativhypothese handeln, mit: H₀: μ₁ = μ₂ und H₁: μ₁ < μ₂.
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, Das ɑ-Niveau (alpha-Niveau)
- Das a-Niveau legt in Bezug zur Stichprobengröße und zu Grunde liegender theoretischer Verteilung eine
Fläche unter der Verteilungskurve und damit einen Grenzwert für ein Konfidenzintervall fest. Wenn der
empirisch ermittelte Kennwert außerhalb des Intervalls liegt, wird die H0 verworfen und die H1 angenommen.
- Es besteht immer ein Restrisiko eine Fehlentscheidung gegen eine gültige Nullhypothese (a-Fehler) zu treffen.
Es bleibt also eine Irrtumswahrscheinlichkeit. Diese wird meist auf 5% festgelegt. Bei Fragestellungen mit
gravierenden Konsequenzen kann auch ein Niveau von 1% oder 0,1% festgelegt werden.
- Per Signifikanztest kann ermittelt werden, ob es sich bei einem zuvor festgelegten a-Niveau um ein
signifikantes oder ein nicht signifikantes Ergebnis handelt (dichotomer Ausgang).
Signifikanz
- Wenn die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines gefundenen oder eines größeren
Mittelwertsunterschieds unter der Bedingung einer Nullhypothese unterhalb des a-Niveaus liegt, handelt es
sich um einen statistisch bedeutsamen, also signifikanten Unterschied.
- Es gilt also: Wird die Wahrscheinlichkeit für die Gültigkeit der Nullhypothese bei einer vorliegenden
Stichprobenmittelwertsdifferenz gering, so wird die Alternativhypothese signifikant (statistisch bedeutsam).
Ein- und zweiseitige Testung
- Einseitige Testung: Gerichtete Hypothese liegt zu Grunde. Die
Richtung des Mittelwertsunterschieds ist aus einer Theorie /
Voruntersuchung ableitbar. Der Ablehnungsbereich ist auf einer
Seite der Verteilung festgelegt. Vorteilhaft ist, dass die Testung in
die «richtige» Richtung erfolgt und der Mittelwertsunterschied
schon bei geringer Differenz signifikant ist und ist wissenschaftlich
angesehener.
Bsp.: Der mittlerer Schuhgrößenunterschied von Frauen und
Männern wird untersucht und aufgrund von Theorien /
Voruntersuchung die Richtung der These festgelegt, dass Männer
die größeren Schuhgrößen haben.
- Zweiseitige Testung: Ungerichtete Hypothese liegt zu Grunde. Eine
Aussage über die Richtung des Mittelwertsunterschieds ist nicht
möglich. Der Mittelwertsunterschied muss groß genug sein um
signifikant zu werden. Ablehnungsbereich wird auf 2x 2,5 % verteilt.
Vorteilhaft ist hierbei, dass die Mittelwertsdifferenz unabhängig
vom Vorzeichen signifikant ist.
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