Thema der 5. Vorlesung
Lehrerprofessionalität: Was sind ,,gute” Lehrer? 30.11.22
1. Einführung
Studierendensicht auf ,,gute Lehrer”:
- Paidotrope Einstellung 69,9%
- Fachkompetenz 43,9%
- kompetente Unterrichtsgestaltung 41,9%
- objektive Benotung 41,3%
- Fähigkeit zu motivieren 38,9%
Was sind ,,gute” Lehrer?:
● ,,gut” verweist auf die Frage nach Qualität der Ausführung einer Tätigkeit und
Erfüllung einer Aufgabe
● Problematik ,,Messbarkeit”
- Qualitätsurteile sind abhängig vom Beobachter bzw. Beurteiler
- Qualität wird auf Basis von normativ gesetzten und begründeten Zwecken und
Zielen definiert
● gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen sowie Werte und Normen
ändern sich und damit auch Qualitätsvorstellungen (Bsp. körperliche Züchtigkeit)
2. Professionen
,,professionell”:
- alltäglicher Sprachgebrauch: im Sinne der Könnerschaft, insbesondere einer
,gekonnten Beruflichkeit´
- Sozialwissenschaften: engeres Begriffsverständnis von Professionalität und
Profession (= besondere Gruppe von Berufen)
Welche Merkmale weisen klassische Professionen gegenüber anderen Formen des
beruflichen Handelns auf? Lehrer - eine Profession?:
- Tätigkeit bezieht sich auf zentrale gesellschaftliche Werte
- hohe Autonomie (z.B. freiberufliche Stellung, Unabhängigkeit)
- selbst verwalteter Berufsverband, berufsständische Organisation
- ausgeprägtes Berufsethos (berufsethische Grundsätze, Eid)
- abgegrenzter Wissensbestand (wissenschaftliche Forschung/praktische
Anwendung) und wissenschaftlich fundierte Expertise
- langjährige, akademische Ausbildung und lebenslängliche Weiterqualitfikation
(kontrolliert durch Berufsverband)
- Professionellen-Klienten-Beziehung (Wissensgefälle, Verantwortung, Vertrauen)
- Tätigkeit durch Ungewissheiten gekennzeichnet
- Monopolstellung
- Privilegien (stabile Beschäftigungsverhältnisse, hoher sozialer Status, hohes
Prestige, entsprechendes Einkommen)
, Lehrer - eine Profession?:
- Lehrertätigkeit (und vielfach auch Tätigkeiten von Sozialpädagogen, Sozialarbeiter,
Erzieher) sind organisationsförmig bzw. staatlich gerahmt und damit weniger
autonom
- pädagogische Wissensbestände und Kompetenzen lassen sich weniger klar vom
Alltagswissen und Alltagshandeln abgrenzen
- eine vollakademische Ausbildung hat sich noch nicht für alle pädagogische
Handlungsbereiche durchgesetzt
Lehrerberuf und Sozialpädagogik/Soziale Arbeit gelten als Semi-Professionen bzw.
,bescheidene’ Professionen
3. Professionalisierung des Lehrerberufs und Professionalisierung im Lehrerberuf
Professionalisierung des Lehrerberufs:
● Professionalisierung bezeichnet den Prozess, den ein Beruf durchläuft, um den
Status einer Profession zu erlangen
- staatliche Aufsicht im Zuge der Herausbildung von Bildungswesen und
Berechtigungssystem
- Akademisierung der Ausbildung für das höhere Lehramt seit Beginn des 19. JH
- Akademisierung der Ausbildung des Lehramts an Grund- und Sonderschulen
sowie Sek. I seit der 2. Hälfte des 20. JH
- berufsständische Organisationen
Professionalisierung im Lehrerberuf:
- Lehrerwerden und Professionalisierung als ein ,,berufsbiographisches
Entwicklungsproblem”
- Professionalisierung als individueller, prinzipiell unabgeschlossener Lern-,
Bildungs- und Entwicklungsprozess
- Professionalität wird weniger ,,gelernt”, sondern im Laufe der Berufsbiographie
erworben
4. Konzepte der Forschung zum Lehrerberuf
4.1 Persönlichkeitsansatz
Gibt es bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, über die ,,gute” bzw. ,,professionell”
handelnde Lehrer verfügen?:
- Dominanz des Persönlichkeitsansatzes bis in die 1950er/60er Jahre:
Lehrertätigkeit als besondere Berufung zum pädagogischen Handeln
- Annahme: Lehrertätigkeit ist nicht erlernbar
Empirische Persönlichkeitsforschung: