Sachenrecht
§ 1 Besitzrecht
A. Begriff
= tatsächliche Herrscha. einer Person über eine Sache.
Þ Der Besitz ist ein rein tatsächliches Verhältnis 149, im Gegensatz zum Eigentum als
rechtliche Herrscha. einer Person über eine Sache.
Þ Unterscheiden Sie vom Besitz auch den Gewahrsam, die unmiGelbare tatsächliche
Sachherrscha.. Besitz und Gewahrsam können auseinanderfallen (z.B. §§ 855, 868)
Þ Ob Besitz vorliegt, besRmmt sich nach der Verkehrsauffassung.
B. Bedeutung / Funk1onen des Besitzes
• SchutzfunkRon
Ø Im Interesse des Rechtsfriedens hat der Besitz SchutzfunkRon, vgl. z.B. §§ 858
- 867, 1007.
• Erhaltungs – bzw. KonRnuitätsfunkRon
Ø Seine Erhaltungs- bzw. KonRnuitätsfunkRon kommt z.B. in § 986 ||
(Verstärkung der obligatorischen Stellung des Besitzers), § 268 l S. 2
(Ablösungsrecht des Besitzers) oder § 900 bzw. § 937 (Möglichkeit der
Ersitzung) zum Ausdruck
• PublizitätsfunkRon
Ø Bei beweglichen Sachen en`altet der Besitz PublizitätsfunkRon, es wird also
vom Besitz auf die eigentumsrechtliche Zuordnung geschlossen.
Ø Erfordernis der Übergabe einer Sache i.R.d. §§ 929 ff., 1205
(Übertragungswirkung), die Vermutungswirkung des § 1006 oder
Gutglaubenswirkung, die vom Besitz als Rechtsscheinträger gem. §§ 932 ff.
ausgeht.
C. Besitzarten
• Unmi%elbarer, mi%elbarer Besitz
Ø Nach der Intensität der Sachbeziehung unterscheidet man unmiGelbaren (§
854 |) und miGelbaren §§ 868, 871) Besitz. Dabei liegt unmiGelbarer Besitz
auch bei Einschaltung eines Besitzdieners, § 855, vor
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, • Allein, Mit und Teilbesitz
Ø Nach dem Umfang der BerechRgung unterscheiden sich Allein-, Mit- (§ 866)
und Teilbesitz (§ 865)
• Eigen-, Fremdbesitz
Ø Eigenbesitz (§ 872) und Fremdbesitz unterscheiden sich nach der
Willensrichtung des Besitzers
Ø Der Fremdbesitzer besitzt in Anerkennung fremden Eigentums
• Un/rechtmäßiger Besitz; nicht-fehlerha.er Besitz
Ø nach der BerechRgung des Besitzers sind rechtmäßiger (§ 986) und
unrechtmäßiger Besitz und nach Art der Besitzerlangung fehlerha.er (§ 858)
und nicht fehlerha.er Besitz zu unterscheiden
D. Erwerb und Verlust des Besitzes
• Besitzerwerb
Ø Gem. § 854 | wird der unmiGelbare Besitz durch die Erlangung der
tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.
Ø Dies ist auch durch einen Besitzdiener gem. § 855 möglich.
Ø Daneben verlangt h.M. noch sog. Besitzbegründungswillen.
Ø § 854 I erfasst die Besitzergreifung und die Besitznachfolge.
Ø Zum derivaRven Erwerb (Besitznachfolge), für den § 854 II eine Erleichterung
bietet, erfahren Sie mehr i.R.d. § 929 S. 1.
Ø Die Beendigung des unmiGelbaren Besitzes ist in § 856 geregelt
Þ Voraussetzungen, Erwerb und Übertragung des miGelbaren Besitzes i.S.d. § 868 sind
i.R.d. §§ 930, 931 dargestellt
Þ Der Verlust des miGelbaren Besitzes triG ein, wenn eine seiner Voraussetzungen
en`ällt oder bei Abtretung des Herausgabeanspruchs gem.§ 870
• Sonderform: Erbenbesitz
Ø Sonderform des Besitzerwerbs ist der sog. Erbenbesitz gem. § 857.
Ø Dadurch wird § 1922 ergänzt, welcher nur Rechte erfasst, nicht den Besitz.
Ø Eine jurisRsche Person kann selbst Besitz erwerben, da ihr der Besitz ihrer
Organe unmiGelbar zugerechnet wird.
Ø Die Organe sind dabei weder Besitzdiener noch BesitzmiGler.
Ø gilt nach h.M. auch für geschä.sführenden Gesellscha.er bei OHG/KG/GbR.
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,E. Besitzschutz
1. Die Gewaltrechte, §859
• Gem. § 859 darf sich der Besitzer gegenüber verbotener Eigenmacht (858) mit Gewalt
wehren
Þ Verbotene Eigenmacht i.S.d. § 858 l setzt die Entziehung oder Störung des
unmiGelbaren Besitzes ohne den Willen des unmiGelbaren Besitzers und ohne
GestaGung durch das Gesetz (z.B. §§ 227, 229, 859, 904) voraus
Þ Auf ein Recht zum Besitz oder ein Verschulden kommt es nicht an
• Besitzwehr
Ø Gem. § 859 | steht dem Besitzer das Recht zu, bestehenden Besitz zu
verteidigen, sog. Besitzwehr.
Ø = besondere Form der Notwehr (§ 227), bei der das Erfordernis, dass
obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeiRg zu erlangen ist, nicht gilt.
Ø Die Gewaltanwendung darf jedoch nicht über das zur Abwehr gegenwärRger,
verbotener Eigenmacht gebotene Maß hinausgehen.
Ø Bei schuldha.em Überschreiten dieser Grenze macht sich der Besitzer
schadensersatzpflichRg gem. § 823
Þ Besitzkehr
Ø ist in § 859 II für bewegliche Sachen und in § 859 III für Grundstücke geregelt
Ø Bei Besitzentzug durch verbotene Eigenmacht darf der Besitzer die
bewegliche Sache dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter
wieder abnehmen, bzw. der Besitzer eines Grundstücks darf sich dann sofort
nach Entziehung des Besitzes durch Entsetzung des Täters des Besitzes wieder
bemächRgen
Ø Die zeitlichen Grenzen sind hier weiter als bei §§ 227, 229, die einen
gegenwärRgen Angriff voraussetzen
Ø Bei Überschreitung des Rechts zur Besitzkehr begeht der Besitzer selbst
verbotene Eigenmacht, sofern nicht die Voraussetzungen des § 229 gegeben
sind.
Ø Gem. § 859 V bestehen die Gewaltrechte des Besitzers auch gegenüber dem
Besitznachfolger i.S.d. § 858 II S. 2.
Ø Der Besitzdiener (§ 855) hat gem. § 860 die Befugnis, die dem Besitzherrn
zustehenden Gewaltrechte in dessen Interesse 163 auszuüben
Ø Ob dem miGelbaren Besitzer analog § 869 die Rechte aus § 859 zustehen, ist
umstriGen. 164 Für den Teilbesitzer vgl. § 865, für den Mitbesitzer § 866.
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, II. Die possessorischen Besitzansprüche, §§ 861, 862, 867
= Echte, aus dem Besitz abgeleitete Ansprüche
Þ Im Gegensatz zu Rechten aus § 859, die eine Art Rech`erRgungsgrund für
Gewaltanwendung darstellen, geben die §§ 861, 862 bei beweglichen und
unbeweglichen Sachen im Falle verbotener Eigenmacht sog. possessorische
Besitzschutzansprüche, d.h. echte Ansprüche, die aus dem Besitz als solchem (also
unabhängig von einem Recht zum Besitz) abgeleitet werden.
Þ PeRtorische Einwendungen, also solche aus einem Recht zum Besitz, sind gem. § 863
grundsätzlich unzulässig
Þ Gem. § 861 1, der mit § 859 II, III korrespondiert, kann der Besitzer, dem der Besitz
miGels verbotener Eigenmacht entzogen wurde, von dem fehlerha.en Besitzer (§
858 II S. 1) Wiedereinräumung des Besitzes verlangen, wenn nicht der Anspruch gem.
§ 861 II ausgeschlossen ist
Þ § 862 I gibt dem Besitzer, der durch verbotene Eigenmacht im Besitz gestört wird,
einen Anspruch gegen den Störer auf BeseiRgung der Störung und auf Unterlassung
weiterer zu besorgender Störungen, wenn der Anspruchsausschlussgrund des § 862 Il
nicht vorliegt. Dieser Anspruch entspricht der Besitzwehr gem. § 859 l.
Erlöschen der Ansprüche
Þ Die Ansprüche nach §§ 861, 862 erlöschen gem. § 864.
Þ Sie werden durch den Abholungsanspruch des § 867 ergänzt
Þ Alle Ansprüche stehen gem. § 869 auch dem miGelbaren Besitzer zu
Þ Auch Teilbesitzer (§ 865) und Mitbesitzer - mit den Einschränkungen des § 866 -
können die possessorischen Besitzschutzansprüche geltend machen
III. Die peMtorischen Ansprüche, § 1007
• § 1007 enthält in seinen ersten beiden Absätzen für den früheren Besitzer zwei
selbständige Anspruchsgrundlagen auf Herausgabe beweglicher Sachen gegen den
jetzigen Besitzer
Ø In Absatz 1 die Herausgabepflicht des bei Besitzerwerb bösgläubigen
Besitzers, in Absatz 2 die Herausgabepflicht des gutgläubigen Besitzers, wenn
die Sache dem früheren Besitzer abhandengekommen war.
Ø Bosgläubigkeit liegt bei grober Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz bzgl. einem
fehlenden Recht zum Besitz vor
Ø Anspruchsinhaber muss gegenüber dem gegenwärRgen Besitzer die bessere
BesitzposiRon innehaben: So schließt ein Recht zum Besitz des gegenwärRgen
Besitzers gegenüber dem früheren Besitzer gem. §§ 1007 Ill S. 2, 986 beide
Ansprüche aus
Ø Derselbe Gedanke kommt auch im Ausschlussgrund des § 1007 II S. 1 HS zum
Ausdruck
Ø Unter den Voraussetzungen des § 1007 III S. 1 sind beide Ansprüche
ausgeschlossen
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