Streitstände Strafrecht BT:
→Eisele, BT1/BT2- Lehrbücher; Hillenkamp, 40 Probleme aus dem Strafrecht
A. Strafrecht BT 1:
I. Straftaten gegen die Person:
1. Irrige Annahme einer Provokation iSd. Minder schweren Fall des Totschlags
(§213), Rn.58:
1. Ansicht (h.L.):
• Analoge Anwednung des §16 II
→milderer Strafrahmen des §213 findet Anwendung
2. Ansicht (Rspr.):
• Lediglich ein sonst minder schwerer Fall gemäß §213 Var.2 kann in Betracht kommen
,2. Auslegung von Mordmerkmalen (§211), Rn.65ff:
Problemaufriss:
• Bei Vorliegen eines Mordmerkmals kommt es immer zu einer lebenslangen
Freiheitsstrafe
→problematisch hinsichtlich verfassungsrechtlichen Schuldprinzip, da nicht
automatisch Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Höchststrafe (+), bei Vorliegen eines
Mordmerkmals
• Deswegen ist eine Korrektur nötig, wobei diese umstritten ist:
1. Ansicht:
• Nur für Heimtücke: Diese erfordere auf Tatbestandsebene zusätzlich einen
verwerflichen Vertrauensbruch
• Contra:
o Konturloser Begriff
o Besonders hinterhältige Angriffe ohne Vertrauensbruch zwischen Täter und
Opfer nicht erfasst, obwohl ursprünglich dafür Heimtücke geschaffen
2. Ansicht: Lehre von der positiven/negativen Typenkorrektur:
• Soll für alle Mordmerkmale gelten: Verwirklichung eines Mordmerkmals für §211 (+)
nicht ausreichend, zusätzlich bedarf es einer Gesamtverwerflichkeit
→Nach einer Unteransicht, kann das Fehlen einer solchen Verwerflichkeit
ausnahmsweise zur Verneinung des §211 führen (negative Typenkorrektur)
→Nach anderer Unteransicht, muss Verwerflichkeit immer positiv festgestellt
werden um zu einer Strafbarkeit nach §211 zu gelangen (positive Typenkorrektur)
• Contra:
o Extrem unbestimmt (Verwerflichkeit)
→Folge: fehlende Vorhersehbarkeit und somit Verstoß gegen
Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 II GG)
o Es erscheint verfehlt eine Gesamtabwägung auf Tatbestandseben
durchzuführen
3. Ansicht: Rechtsfolgenlösung (Rspr.):
• Analoge Anwendung der gesetzlichen Minderung aus §49 I Nr.1, bei Vorliegen
außergewöhnlicher Umstände auf Grund derer die Verhängung der lebenslangen
Freiheitsstrafe unverhältnismäßig sei
• Contra
o Analoge Anwendung des §49 I Nr.1 könnte theoretisch zu niedrigerem
Strafrahmen als beim Totschlag führen
,3. Habgier (§211) bei Anspruch auf erstrebten Vorteil, Rn.87:
1. Ansicht:
• Tötet jemand einen anderen um einen Vorteil zu erstreben auf den er einen
Anspruch besitzt, besteht keine Habgier, da es an einem Zugewinn für ihn fehlt
• Contra: Vorteil kann sich auch daraus ergeben, dass Anspruch nicht durchsetzbar war
2. Ansicht:
• Habgier (+), da auch Ermöglichung der Durchsetzung Vorteil ist
• Contra: Dem Geringeren Unrechtsgehalt (im Vgl. zur Tötung ohne Anspruch) wird
damit nicht Rechnung getragen
→Restriktive Auslegung aber angesichts des hohen Strafrahmens gerade geboten
4. Ausnahmen der Arglosigkeit bei der Heimtücke (§211), Rn.100ff.:
• Nach dem BGH soll Arglosigkeitserfordernis für Annahme der Heimtücke entfallen
entfallen, wenn Opfer selbst Täter erpresst hat und damit jederzeit mit
Gegenmaßnahmen rechnen musste
• Contra:
o Widersprüchlich zur ebenfalls vom BGH vertreten Rechtsfolgenlösung (siehe
Streit I, 2.)
o Arglosigkeit erlang so unrechtmäßige Fahrlässigkeitskomponente
→ „hätte erkennen können/ damit rechnen müssen“
5. Liegt ein gemeingefährliches Mittel (§211) vor, wenn Täter Vorsatz bzgl.
Der Tötung aller Repräsentanten der Allgemeinheit hat, Rn.112f.?
1. Ansicht:
• Gemeingefährliches Mittel (-)
• Contra:
o Keine Verknüpfung von Gemeingefährlichkeit mit Tötungsvorsatz
o Sinnlose Privilegierung des Täters
→Schließlich ist das Töten von mehr Menschen verwerflicher
2. Ansicht:
• Gemeingefährliches Mittel (+)
6. Gemeingefährliches Mittel durch Unterlassen (§211, 13 I), Rn.116?
1. Ansicht (h.M.):
• Nicht möglich, da das Ausnutzen einer bereits vorhandenen gemeingefährlichen
Situation nie ausreichend ist
2. Ansicht:
• Im Einzelfall nach §13 I zu beurteilen
, 7. Kann Verdeckungsabsicht (§211) angenommen werden, wenn Täter bloße
außerstrafrechtliche Folgen verhindern/verdecken will, Rn.123?
1. Ansicht: (-)
2. Ansicht: (+)
• Pro:
o Wortlaut des §211
o §211 schützt nicht Belange der Rechtspflege
8. Muss zwischen der Tötungshandlung und der Befriedigung iSd.
Befriedigung des Geschlechtstriebs (§211) ein zeitlich räumlicher
Zusammenhang vorliegen, Schneider in MüKo-StGB, §211, Rn.57.?
1. Ansicht:
• Mit für Befriedigung des Geschlechtstriebs nötigen Unmittelbarkeitszusammenhang
unvereinbar, wenn ein solcher nicht besteht
→Räumlich zeitlicher Zusammenhang nötig
• Contra:
o Ausdrückliche Billigung durch Bundesverfassungsgericht
o Unmittelbarkeitszusammenhang bezieht sich nur darauf, dass getötete
Person und Person mit der sexuelle Befriedigung angestrebt war identisch
sein müssen
→Entsprechende Restriktion zwar im Wege der restriktiven Auslegung von
Mordmerkmalen sinnvoll, aber vorliegend ohne Grundlage im Wortlaut oder
Teleologie der Vorschrift