Zusammenfassung Skript StGB BT II (Straftaten gegen Staat und Gesellschaft)
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Module
Strafrecht
Institution
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
komplette Zusammenfassung des Besonderen Teils des StGB inkl. Definitionen, Prüfungsschemata und Aufbereitung aller Streitstände
Straftaten gegen
- die Staatsgewalt (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Amtsanmaßung, ...)
- die Strafverfolgung (Strafvereitelung, falsche Verdächtigung ...)
- ...
§ Amtsanmaßung und Missbrauch von Titeln (§§ 132 f.) ........................................................ 24
1. Amtsanmaßung (§ 132) .................................................................................................... 24
2. Missbrauch von Titeln (§ 132a) ........................................................................................ 25
§ Falsche Verdächtigung (§ 164) .............................................................................................. 46
1. § 164 I ............................................................................................................................... 46
2. § 164 II .............................................................................................................................. 48
§ Vortäuschen einer Straftat (§ 145d)...................................................................................... 49
1. § 145d I Nr. 1, II Nr. 1 ........................................................................................................ 49
2. § 145d I Nr. 2, II Nr. 2 ........................................................................................................ 51
Friedensverrat (§ 80a)
ist die Aufstachelung zu einem Angriffskrieg, an dem die Bundesrepublik Deutschland (aktiv oder
passiv) beteiligt ist.
→ unter einem Angriffskrieg, der in Art. 26 GG nicht definiert ist, ist eine völkerrechtswidrige
Aggression iSd § 13 VStGB zu verstehen
→ Sicherung der Staatssicherheit nach außen
Hochverrat (§§ 81 f.)
ist die Beeinträchtigung des Bestandes (sog. Bestandshochverrat inkl. Gebietshocherverrat) oder
die Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung (sog. Verfassungshochverrat) eines Bundes (§ 81)
oder eines Landes (§ 82)
→ Sicherung der Staatssicherheit nach innen
Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (§§ 84 – 91a)
ist die sonstige (nicht hochverräterische) Beeinträchtigung der verfassungsmäßigen Ordnung
→ Sicherung der Staatssicherheit nach innen
Landesverrat (§§ 93 ff.)
ist die Gefährdung der äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch die Offenbarung
von Staatsgeheimnissen oder sonstigen geheimhaltungsbedürftigen Gegenständen
→ Sicherheit der Staatssicherheit nach außen
Straftagen gegen ausländische Staaten (§§ 102 -104a)
Sicherung normaler Auslandsbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland
Sicherung von Organen und Organvertretern ausländischer Staaten
Straftaten gegen Verfassungsorgane bei Wahlen und Abstimmungen / Bestechlichkeit und
Bestechung von Mandatsträgern (§§ 105 – 108e)
Schutz der Freiheit der politischen Meinungsbildung und Meinungsäußerung
Straftaten gegen die Landesverteidigung (§§ 109 – 109k)
Sicherung vor bestimmten Angriffen gegen
(1) personelle Verteidigungskräfte
(2) sachliche Verteidigungsmittel
(3) die Funktionsfähigkeit von Verteidigungsmitteln
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,2. Abschnitt: Straftaten gegen die Staatsgewalt und öffentliche Ordnung
§ Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113) + tätlicher Angriff auf
Vollstreckungsbeamte (§ 114)
Verhältnis von § 113 zu § 240
§ 113 ist grds. lex speicalis zu § 240
→ Privilegierung des Täters bei Vollstreckungssituationen über Irrtumsregelungen der Abs. 3, 4
(P) wird § 240 auch bei Vollstreckungshandlungen verdrängt, die zwar § 240, nicht aber § 113
verwirklichen? (z.B. da keine unmittelbare Gewalt/Drohung gegen Vollstreckungsperson selbst)
- e.A.: § 240 (-), da § 113 abschließend Nötigungen gegen Vollstreckungsbeamte regelt und
Privilegierungen nicht unterlaufen werden soll
- a.A.: (§ 240 (+), da Tätigkeit von Vollstreckungsbeamten auch in diesen Fällen schutzwürdig; §
113 III, IV sind aber analog anwendbar
- § 240 (+), wenn keine Vollstreckungshandlung vorliegt
- § 240 (-), wenn Vollstreckungshandlung aber keine Widerstandshandlung, da dann
Sperrwirkung des § 113 (str.)
- nimmt der Täter an, es läge eine Vollstreckung vor: § 240 (-), § 113 (+) → vgl. § 16 II
- nimmt der Täter an, es läge keine Vollstreckung vor: § 113 (-), § 240 (+) → vgl. § 16 I
Definitionen
objektiver Tatbestand
Täter jedermann
→ auch ein sich in den Vollstreckungsakt einmischender Dritter
Opfer zur Vollstreckung berufener Amtsträger/Soldat
→ zur Vollstreckung berufen = befugt, im Einzelfall den Staatswillen
gegen Personen oder Sachen zu verwirklichen und notfalls mit
Zwang durchzusetzen (v.a. Polizei, Gerichtsvollzieher, Richter)
- amtsorientiert:
Amtsträger (§ 11 I Nr. 2)
Soldaten der Bundeswehr
- funktionsorientiert:
Berufung zur Vollstreckung des Staatswillens (Gesetze, Rv,
Urteile, Gerichtsbeschlüsse, Verfügungen)
+ Personen, die zur Unterstützung der Diensthandlung
herangezogen sind (§ 115 II)
+ Angehörige von Feuerwehr, Katastrophenschutz,
Rettungsdiensten (§ 115 III)
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,bei Vornahme einer (1) Vollstreckungshandlung
Vollstreckungshandlung = ist jede Handlung, die auf die Durchsetzung des staatlichen
Willens im konkreten Einzelfall durch eine dazu berufene
Person gerichtet ist, und die notfalls auch mit staatlichem
Zwang durchgesetzt werden kann
= ist die Verwirklichung bereits konkretisierten Staatswillens
→ maßgeblich: unmittelbare zwangsweise Durchsetzbarkeit, d.h.
Duldungspflicht des Adressaten
→ unerheblich für die Konkretisierung des Staatswillens, ob
bereits erlassene gerichtliche oder behördliche Anordnung;
kann auch durch den Beamten selbst erfolgen
→ NICHT: schlichte Gesetzesanwendungen, präventiv-
polizeiliche Tätigkeiten
(+) Hausbetreten zwecks Festnahme // Entnahme einer Blutprobe
nach § 81a StPO // Anhalten von Verkehrsteilnehmern iRe
Kontrolle // sitzungspolizeiliche Maßnahmen des Richters
(2) bei Vornahme
von Beginn bis Beendigung der Vollstreckungshandlung
Widerstand leisten durch ist jede aktive Tätigkeit gegenüber dem Vollstreckungsbeamten, die
Gewalt oder Drohung subjektiv darauf abzielt, die Vollstreckungshandlung zu verhindern
(§ 113 I) oder zu erschweren
(oder garantenpflichtwidrige Nichtbeseitigung einer Gefahr, die
darauf abzielt)
- rein passives Verhalten, d.h. Aufrechterhalten einer ohne Bezug
auf eine künftige Vollstreckungshandlung bestehenden Situation
genügt nicht (strafloser Ungehorsam)
(1) mit Gewalt (Gewaltbegriff enger als bei § 240)
Gewaltanwendung muss sich physisch gegen das Opfer richten
und eine Zwangswirkung entfalten
→ Zwang muss regelmäßig aus körperlicher Kraftentfaltung
herrühren
→ reine Sachgewalt genügt dem Normzweck nach nicht
(P) z.B. Festhalten an Sache, um sich des Wegzerrens zu erwehren
= aktiv Wiederstand leisten?
(-), da sich Handlung nicht direkt gegen Beamten richtet
(+), da Festhalten nicht lediglich passiv, sondern körperliche
Kraftentfaltung, die sich jedenfalls mittelbar gegen den Beamten
richtet
(2) durch Drohung mit Gewalt
Ankündigung eines Gewaltakts iSv Var. 1
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, (-), wenn Gewalt nicht unmittelbar angewendet werden soll, um
die Vollstreckungshandlung zu verhindern (z.B. spätere Gewalt)
(-), wenn sich angedrohter Gewaltakt nicht gegen
Vollstreckungsperson richtet
tätlicher Angriff (§ 114 I) ist jede in feindseliger Absicht unmittelbar auf den Körper des
Vollstreckungsbeamten abzielende Einwirkung ohne Rücksicht auf
ihren (Körperverletzungs-)Erfolg
- kein Kv-Erfolg notwendig
- muss während der Vollstreckungshandlung erfolgen („bei“)
subjektiver Tatbestand
Vorsatz
Rechtmäßigkeit der Diensthandlung (§ 113 III)
Strafbarkeit aus § 113 (-), wenn Vollstreckungshandlung rechtwidrig ist
Grund: nur Widerstand gegen rechtmäßige Vollstreckungshandlung = Unrecht
→ irrige Annahme des Täters, sich gegen eine rechtmäßige Vollstreckungshandlung zu wehren,
ist unbeachtlich (§ 113 III 2)
(1) Kriterien der Rechtmäßigkeit
(P) Vollstreckungsbeamte müssen häufig in schwierig zu beurteilenden Situationen schnell
Entscheidungen treffen
→ Schutz des Beamten vor Notwehrrisiko + Sicherung effektiver Dienstausübung geboten
→ d.h. Rechtmäßigkeit iSv § 113 III StGB /=/ materielle Rechtmäßigkeit der Maßnahme?
strafrechtlich (h.M.) Diensthandlung ist rechtmäßig, wenn der handelnde Organwalter
sachlich und örtlich zuständig ist, die wesentlichen Förmlichkeiten
beachtet und nach pflichtgemäßem Ermessen tätig wird
→ Entlastung des Organwalters von nicht vorwerfbaren
Irrtümern über die Tatsachengrundlage
a) formelle Rechtmäßigkeit
o sachliche + örtliche Zuständigkeit
o Beachtung wesentlicher Förmlichkeiten
b) pflichtgemäße Würdigung der tatsächlichen
Eingriffsvoraussetzungen
(tatsächliche materielle Rechtmäßigkeit unbeachtlich)
o ggf. pflichtgemäße Ermessensausübung
o Mindestmaß an sachlicher Richtigkeit
→ unverschuldete Irrtümer des Organwalters dann
unbeachtlich
+ Entlastung des Organwalters („Irrtumsprivileg“):
unverschuldete tatsächliche/rechtliche
Fehleinschätzungen schließen Rm. der Handlung nicht aus
- Schlechterstellung des Täters → das Fehlen objektiver
Eingriffsvoraussetzungen schafft Eingriffsgrundlagen
außerhalb des Gesetzesvorbehalts
- die „Gutgläubigkeit“ eines Organwalters kann Unrecht
nicht in Recht umwandeln
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, - kein Bedürfnis für derartige Einschränkungen, da Beamte
vor Irrtümern durch Vollstreckungsrecht hinreichend
geschützt
verwaltungsrechtlich Diensthandlung ist rechtmäßig, wenn die Maßnahme
verwaltungsrechtlich wirksam ist
→ weitgehende Entlastung des Organwalters, da VA nur bei
Nichtigkeit unwirksam (§ 43 III VwVfG)
+ Schutz wirksamer (wenn auch rechtswidriger) VA iSd
Einheit der Rechtsordnung
- keine Einheit der Rechtsordnung: verwaltungsrechtlich
angreifbare, da rechtwidrige Handlung soll strafrechtlich
rechtmäßig sein?
- Betroffene dürften sich nur gegen nichtige – nicht auch
rechtswidrige – Vollstreckungshandlungen wehren
vollstreckungsrechtlich Diensthandlung ist rechtmäßig, wenn sie als solche allein von
(materielle Rechts wegen vorgenommen werden durfte, ob also die
Rechtmäßigkeits- rechtlichen Voraussetzungen für eine (sofortige) Vollstreckung
begriff) vorliegen
→ Vollstreckungshandlung stets rechtmäßig, wenn sie aufgrund
eines vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils oder
Grundverwaltungsakts erfolgt
→ ansonsten rechtmäßig, wenn:
a) formelle Rechtmäßigkeit
o sachliche + örtliche Zuständigkeit
o Beachtung wesentlicher Förmlichkeiten
b) materielle Rechtmäßigkeit
o Tatbestand der Eingriffsgrundlage erfüllt
→ Irrtum des Organwalters nur unbeachtlich, wenn
dieser die Rechtmäßigkeit unberührt lässt
+ Einheit der Rechtsordnung, Rechtsklarheit
+ sachgerechte Interessensabwägungen möglich
+ Schutz des Beamten vor Irrtümern durch
Vollstreckungsrecht ausreichend
→ nur formell und materiell uneingeschränkt rechtmäßige Vollstreckungshandlungen sind
rechtmäßig iSv § 113 III
→ „vollstreckungsrechtlicher Rechtswidrigkeitsbegriff“ vorzugswürdig
Irrtum über die Rechtmäßigkeit der Diensthandlung (Abs. 4)
Täter hält die Diensthandlung irrig für rechtswidrig (positive Fehlvorstellung)
→ insb. bei materiell rechtswidriger, aber strafrechtlich rechtmäßiger Diensthandlung (s.o.), da
nicht erwartet werden kann, dass der Täter den strafrechtlichen Rechtmäßigkeitsbegriff kennt
(z.B. Polizist verhaftet aufgrund unvermeidbarer Verwechslung einen Unschuldigen;
Unschuldiger wehrt sich, weil er die Diensthandlung für rechtswidrig hält → Irrtum iSv Abs. 4)
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, (1) Vermeidbarkeit des Irrtums (Abs. 4 S. 1)
fakultative Strafmilderung gem. § 49 II ODER Absehen von Strafe bei geringer Schuld
(2) Unvermeidbarkeit des Irrtums + unzumutbare von Rechtsbehelfen (Abs. 4 S. 2 Hs. 1)
Straflosigkeit
(3) Unvermeidbarkeit des Irrtums + zumutbare Nutzung von Rechtsbehelfen (Abs. 4 S. 2 Hs. 2)
fakultative Strafmilderung gem. § 49 II ODER Straflosigkeit
besonders schwere Fälle (Abs. 2)
beisichführen einer Waffe (1) Waffe
(Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Var. 1) ist jedes gebrauchsfertige Werkzeug, das nach Art seiner Anfertigung
nicht nur geeignet, sondern auch dazu bestimmt ist, Menschen durch
seine mechanische oder chemische Wirkung zu verletzen (sog. Waffe
im technischen Sinn)
(2) beisichführen
der Täter kann zu irgendeinem Zeitpunkt während des Tathergangs
schnell und ungehindert verfügen kann
beisichführen eines (1) gefährliches Werkzeug
gefährlichen Werkzeugs waffengleiche Gegenstände, die aufgrund ihrer objektiven
(Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Var. 2) Beschaffenheit und der Art ihrer (geplanten) Verwendung geeignet
sind, erhebliche Verletzung herbeizuführen
(P) der Begriffsbestimmung, weil bloßes Beisichführen genügt; zur
Problematik vgl. § 244 I Nr. 1a)
(2) beisichführen
durch Gewalttätigkeit in (1) Gewalttätigkeit
Todesgefahr / schwere ist die Anwendung physischer Kraft durch unmittelbar gegen Körper
Gesundheitsschädigung eines Menschen oder gegen eine Sache gerichtetes Handeln
bringen (Abs. 2 S. 2 Nr. 2)
(2) Gefahrerfolg
Todesgefahr / schwere Gesundheitsschädigung
gemeinschaftliche Mittäterschaft nicht erforderlich, aber erhöhte Gefährlichkeit der Tat
Tatbegehung
(Abs. 2 S. 2 Nr. 3)
Aufbau
A. Tatbestand
I. objektiver Tatbestand
(1) Opfer: zur Vollstreckung berufener Amtsträger
(2) Tatsituation: bei der Vornahme einer Vollstreckungshandlung
(3) Tathandlungen:
- Widerstandleisten mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt (§ 113 I)
- tätlicher Angriff (§ 114 I)
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